Siegsdorf
Lautstarker Protest gegen das neue Infektionsschutzgesetz

Aktionstag "Besuch vor der Tür" – "Wir brauchen wieder Normalität in unseren Einrichtungen"

14.09.2022 | Stand 21.09.2023, 5:49 Uhr
Franz Krammer

Die Stimme erheben: Vor dem Alten- und Pflegeheim Siegsdorf wurde lautstark gesungen und protestiert. −Foto: Krammer

Mit Liedern, Gstanzln, Transparenten und hörbarer Lautstärke haben die Heimleitung, die Mitarbeiter und die Bewohner der Alten- und Pflegeheim Siegsdorf Betreibergesellschaft mbH auf die Probleme der Pflegeeinrichtungen mit dem geänderten Infektionsschutzgesetz aufmerksam gemacht. Der Aktionstag unter dem Motto "Besuch vor der Tür" war eine Initiative des Verbandes der katholischen Altenhilfe Deutschland, die viele der mehr als 1200 angeschlossenen Einrichtungen zur Langzeitpflege mit Kundgebungen unterstützten.

Zur einstündigen Protestaktion in Siegsdorf hatten sich ein Großteil der Mitarbeiter sowie viele Bewohner und Angehörige vor dem Eingangsbereich eingefunden und unterstützten die Aktion mit selbstgemalten Transparenten und Schildern, selbstbewusstem Gesang und lautstarkem Protest zum neuen Infektionsschutzgesetz.

Monika Sandbichler: "Das Maß ist voll!"

Monika Sandbichler, die Einrichtungsleiterin des Siegsdorfer Alten- und Pflegeheimes, betonte: "Das Maß ist voll! Während in der Mitte der Gesellschaft Corona keine Rolle mehr zu spielen scheint, erzeugen die Vorgaben im neuen Infektionsschutzgesetz wieder mehr Bürokratie und belasten unsere Beschäftigten, die ohnehin seit mehr als zwei Jahren am Limit arbeiten. Es braucht eine gesamtgesellschaftliche und politisch geförderte Solidarität zur Entlastung der Pflege durch dauerhafte und sichere Refinanzierung von geforderten Corona-Schutzmaßnahmen. Mit der heutigen Aktion möchten wir, zusammen mit vielen anderen Einrichtungen, ein klares und lautstarkes Zeichen setzen. Ein neues Infektionsschutzgesetz ohne den bisherigen Rettungsschirm für die Betroffenen kann eigentlich niemand wollen."

Mit selbstgedichteten Gstanzln machte die engagierte Leiterin, unterstützt mit Ziach und Gitarre von ihren Mitarbeitern Maria Gschwandtner und John Kiely, auf bestehende und kommende Probleme aufmerksam. "Wir brauchen wieder Normalität mit Musik, Unterhaltung und Leben in den Häusern und keine unsichtbaren Mauern drumherum", betonte Sandbichler und forderte: "Weniger Bürokratie, refinanzierte Schutzmaßnahmen und dadurch wieder mehr Zeit für unsere eigentliche Aufgabe, die umfassende Versorgung von Pflegebedürftigen."

Dass auch die lokale Politik die Probleme erkannt hat, bewies die Teilnahme von Bezirksrätin Annemarie Funke (CSU), Kreisrat Dr. Lothar Seissiger (FW/UW) und Siegsdorfs Bürgermeister Thomas Kamm (FW), die sich lautstark an den Liedern beteiligten und auch viel Zeit für anschließende Gespräche mitgebracht hatten.

Das im Bundestag vorgestellte, geänderte Infektionsschutzgesetz bringt für die Langzeitpflege-Einrichtungen neue Belastungen mit sich. Während die Corona-Schutzmaßnahmen der Länder weiterhin umgesetzt werden müssen, wird die Refinanzierung künftig an "die epidemische Lage von nationaler Tragweite" geknüpft oder läuft ganz aus. Das heißt, die Beschäftigten in der Pflege erwartet neben ihren eigentlichen Aufgaben noch mehr bürokratische Arbeit wie etwa das Kontrollieren und Dokumentieren von Test- und Impfnachweisen. Die Pflegeeinrichtungen fordern daher Planungssicherheit durch dauerhafte und ausreichende Refinanzierung der angeordneten Hygiene- und Schutzmaßnahmen sowie einheitliche Vorgaben in allen Bundesländern für Zutrittsberechtigungen in Einrichtungen der Langzeitpflege, um eine unnötige Bürokratisierung zu vermeiden. Testen, impfen und Maskenpflicht könne nicht nur in der stationären, teilstationären und ambulanten Pflege gelten, hieß es.

Monika Sandbichler rief abschließend die Verantwortlichen aus Politik und Gesellschaft auf, sich dieser Probleme endlich ernsthaft anzunehmen. Sie ermunterte alle, sich am Aufruf der Meltl-Stiftung zu beteiligen, um alle Kräfte aus Gesellschaft und Politik mit den Verantwortlichen aus der Langzeitpflege zum fruchtbaren Dialog zusammen zu bringen. Während Besucher, Bewohner, Angehörige und Mitarbeiter in Gesprächen die Thematik weiter vertieften, klang die offizielle Aktion mit Liedern und Musik von Maria Gschwandtner und John Kiely langsam aus.