Rinchnach
Vier ILE-Gemeinden sehen Klimaschutz als Chance

ILE-Gemeinden diskutieren in gemeinsamer Sitzung die Energiewende

04.07.2022 | Stand 04.07.2022, 16:38 Uhr

Sie tauschten sich zum Thema Energiewende aus: (von links) Herbert Altmann, 2. Bürgermeister von Kirchdorf, Dr. Thomas Kerscher vom ALE, Gastgeberin Simone Hilz, Bürgermeisterin von Rinchnach, und ihre Amtskollegen Robert Muhr (Kirchberg) und Walter Nirschl (Bischofsmais). −Foto: Kurz

Machbarkeit? Mitwirkung? Miteinander? Wie ist die Energiewende zu schaffen? Wie kann der Ernst der Lage den Bürgern nahegelegt werden? Rathaus-Chefs und 36 Gemeinderäte aus Rinchnach, Bischofsmais, Kirchdorf und Kirchberg haben in einer gemeindeübergreifenden Ratsversammlung über die Energiewende vor Ort diskutiert. Mit dabei war auch Dr. Thomas Kerscher vom Amt für Ländliche Entwicklung.

Dass die große Aufgabe Klimaschutz für Kommunen auch eine große Chance in sich birgt, das thematisierte Kerscher, am ALE für Energie- und Klimaschutz zuständig, zunächst allgemein – mit regionalen Beispielen aus Hofham und Straß, wo mit Nahwärmegenossenschaften mit nachhaltiger Heizenergie aus Holz vorbildlich vorangegangen wird.

Simone Hilz, Gastgeberin der Sitzung, konnte neben den Gemeinderäten ihre Amtskollegen Walter Nirschl (Bischofsmais) und Robert Muhr (Kirchberg) begrüßen, aus Kirchdorf war 2. Bürgermeister Herbert Altmann gekommen.

Man sei mit zunehmender Häufigkeit mit den Herausforderungen gesetzlichen Grundlagen konfrontiert, was Bauanträge für Biomassekraftwerke und Freiflächen-Photovoltaikanlagen betrifft, die man ja eigentlich unterstützen wolle, bekam Kerscher zu hören – obwohl es zukunftsorientierte, vorbildliche Ideen gäbe, so Robert Muhr. Probleme gebe es meist mit den Naturschutzgesetzen und der fehlenden Infrastruktur, ergänzte Walter Nirschl. Die Grundsätze von Bauleitplanung, Immissionsschutz, optisch ansprechende Gestaltung und gesellschaftliche Interessen unter einen Hut zu bringen – dieser Spagat sei riesig, wussten die Teilnehmer zu berichten.

"Nur mit einer Kohlendioxid-Reduktion in der Baubranche, Landwirtschaft oder im eigenen Konsumverhalten und entsprechenden Anpassungsmaßnahmen in der Wasserversorgung, im Straßenverkehr und beim Wohnen und Bauen gelingt der Klimaschutz im ländlichen Raum", forderte Kerscher, der auch mit der Thematisierung der Potenziale aus Windkraft insbesondere im Bayerischen Wald die Diskussion gezielt ins Mark traf. Und doch reiche es nicht, nur einzelne Sektoren zu betrachten, relativierte er. Kerscher motivierte die Gemeinderäte der ILE Grüner Dreiberg wiederholt, die Vorteile des ländlichen Raums insgesamt intensiv zu nutzen. Dafür brauche es nicht zuletzt auch eine Änderung der Sichtweise unter den Bürgern. "Energiewende ja, solange sie nicht unmittelbar vor der eigenen Haustür geschieht", so die Erfahrung der Teilnehmer.

"Bis 2040 bräuchte es in Bayern ab sofort jede Woche Sonnenstromanlagen auf 160 Fußballfeldern, auf etwa 1000 Wohngebäuden Dachflächen-Photovoltaikanlagen und zwei neue Fünf-MW-Windenergieanlagen", zitierte Hilz aus der Gemeindetagszeitung. Thomas Kerscher ist sich sicher, dass die Energiewende auch als Einnahmequelle und "Trend" zu klimafreundlichen Lebensstilen gesehen werden kann und empfiehlt, Holz als Rohstoff für eine nachhaltige Heizenergie stärker zu nutzen. "Kleine Nahwärmenetze, gespeist mit Holzhackschnitzeln oder Pellets, sind zu empfehlen." Bei Photovoltaik-Anlagen sprach Kerscher sich für eine noch bessere Nutzung von Dachflächen aus, Freiflächen-Projekte könnten mit Artenschutz, Landwirtschaft, Wasserrückhaltung oder durch die Wiedervernässung von Mooren kombiniert werden.

Man war sich einig: Mobilitäts- und nachhaltige Baukonzepte müssten über Gemeinde-, Bezirks- und auch Landesgrenzen hinweg aufgestellt werden. Im Bereich der ILE Grüner Dreiberg gäbe es bereits vorbildliche Carsharing- und Bürgerbusmodelle, und mit Projekten hinsichtlich Innenentwicklung, Sanierungen anstatt Neubauten, mit der Verwendung nachhaltiger, regionaler Rohstoffe und gemeinschaftlichen Wohnkonzepten sowie Nahwärmeprojekten tragen die vier Gemeinden zum Klimaschutz bei. Es brauche für weitere Schritte fachliche und finanzielle Unterstützung durch Bund und Länder, forderte Hilz abschließend.

− bb