Regen
Verbissgutachten: Dem jungen Wald auf der Spur

Verjüngung unter der Lupe: 55 500 Bäumchen werden in den Landkreisen Regen und FRG vermessen

21.02.2021 | Stand 21.02.2021, 18:28 Uhr

Eine am Leittrieb verbissene Tanne. −Foto: AELF Regen

Die Bayerische Forstverwaltung erstellt alle drei Jahre für die rund 750 bayerischen Hegegemeinschaften forstliche Gutachten zur Situation der Waldverjüngung.

Der Bereich Forsten des AELF Regen fertigt die forstlichen Gutachten für die zwölf Hegegemeinschaften mit rund 127 Jagdrevieren im Landkreis Regen und zehn Hegegemeinschaften mit rund 114 Jagdrevieren im Landkreis Freyung-Grafenau.

Ab März wird die Waldverjüngung mit einem Stichprobenverfahren in den Wäldern in den Landkreisen Regen und Freyung-Grafenau begutachtet. Nach einem genau festgelegten Stichprobenverfahren werden insgesamt rund 55500 junge Waldbäumchen an 740 Waldverjüngungsflächen vermessen und gezählt. Es wird erfasst, in welchem Ausmaß das Schalenwild die Waldverjüngung beeinträchtigt – insbesondere wenn die Leittriebe zur Nahrungsaufnahme verbissen wurden – und wie sich dies auf die künftige Baumarten-Zusammensetzung der sich verjüngenden Waldbestände auswirkt.

In den Gutachten äußern sich die Forstbehörden zum Zustand der Waldverjüngung und ihrer Beeinflussung durch Schalenwildverbiss und Fegeschäden. Förster, Waldbesitzer und Jäger beurteilen gemeinsam die Verbisssituation durch Schalenwild der jungen Waldbäume und wie Reh- und Rotwild das Emporwachsen der nachwachsenden Waldgeneration beeinflussen. Je nach festgestelltem Verbissausmaß an den Baumknospen in der Waldverjüngung können die Jagdgenossenschaften dann miteinander festlegen, wieviel Schalenwild im Zeitraum 2022 bis 2025 gejagt werden soll. Für die unteren Jagdbehörden stellen die Gutachten eine wichtige Entscheidungs- und Beurteilungsgrundlage dar, denn sie müssen die Abschusspläne behördlich festsetzen.

Mischbaumarten müssen den Wald fit machen für den Klimawandel

Entscheidend wird sein, dass genügend Mischbaumarten die künftigen Wälder klimastabiler machen, da sind sich Waldbesitzer, Förster und Jäger einig. Aufgrund der derzeitigen Pandemie-Lage muss sich der Teilnehmerkreis bei den diesjährigen Außenaufnahmen auf drei Personen beschränken: einen Vertreter der Grundstückseigentümer, den Jagdausübungsberechtigten und den Aufnehmer.

Die Knospen kleiner Waldbäume sind im Winter auch eine der möglichen Nahrungsgrundlagen für Schalenwild im Lebensraum. Die Knospen der meisten Mischbaumarten wie Tannen, Buchen, Ahorne, Eichen, Lärchen oder Vogelbeeren werden bevorzugt geäst, da sie schmackhafter sind als Fichten und Kiefern. Wird der Leittrieb abgefressen, kann der Mischbaum meist im gleichen Jahr nicht mehr in die Höhe wachsen. Eine benachbart stehende, unverbissene Fichte kann dies aber und vermag so das Rennen um das Licht zu gewinnen. Findet ein zu hoher Leittriebverbiss zu oft hintereinander statt, würden im künftigen Waldbestand fast nur mehr Fichten als große Bäume übrig sein. Diese Wälder wären aber wieder sehr instabil und wären dem künftigen Klima kaum gewachsen.

"Den Waldbesitzern kommt die Aufgabe zu, in ihren Wäldern stetig und zielgerichtet Holz zu machen, Licht zu schaffen und dafür zu sorgen, dass möglichst artenreiche Baumverjüngungen entstehen können und sich artenreiche und damit auch äsungswertvolle Begleitvegetationen in unseren Wäldern entwickeln können", sagt der Bereichsleiter Forsten am AELF Regen, Dr. Stefan Schaffner. "Waldbau und Jagd gehören zusammen. Unsere Jäger regulieren die Wildbestände. Ihnen kommt eine herausragende Aufgabe zu, damit sich klimastabile Mischwälder natürlich entwickeln." Für die Waldbesitzer werde es aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels immer entscheidender, dass der junge Wald artenreich und naturnah aufwachsen kann.

Revierweise Aussage bietet Detail-Infos

Jeder Waldbesitzer, Jagdvorsteher und Jagdrevierinhaber kann im Vorfeld der Erstellung der forstlichen Gutachten und der Abschussplanung beantragen, dass für sein Jagdrevier eine revierweise Aussage erstellt wird. Das empfiehlt sich immer, wenn Waldbesitzer und Jagdrevierinhaber ihr Revier genauer in die Durchschnittswerte des Gutachtens auf Hegegemeinschaftsebene einordnen wollen. Antragsformulare sind beim Bereich Forsten des AELF Regen und beim jeweils zuständigen Revierförster/in erhältlich. Der Antrag sollte bis spätestens 28. Februar beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gestellt werden.

In der ergänzenden revierweisen Aussage wird der Schalenwildeinfluss auf die Waldverjüngung gewürdigt. Daher spiegeln sich die örtlichen Verhältnisse genauer wieder als im Gutachten auf Hegegemeinschaftsebene. Die Aussage basiert im Wesentlichen auf den örtlichen Erkenntnissen und Erfahrungen des zuständigen Forstbeamten. Stefan Schaffner empfiehlt daher, die Gelegenheit zu nutzen und für sein Jagdrevier bzw. die Reviere seiner Jagdgenossenschaft ergänzende revierweise Aussagen zu beantragen.

Waldbesitzer und Jäger können über ihren Jagdvorstand anregen, das Jagdrevier gemeinsam zu begehen, um das Verhältnis Wald und Wild zu besprechen. Die zuständigen Revierförster nehmen auf Wunsch gerne teil. Gemeinsame Waldbegänge vor Ort, bei denen auch revierweise Aussagen besprochen werden können, werden je nach Corona-Lage ab dem Spätherbst stattfinden können.

− bb