Regen/Weißenstein
Der "Buzi-Maler" bringt wieder Leben in den Burgturm

Werke des Karikaturisten und Zeichners Emil Kneiß sind im Fressenden Haus zu sehen

19.07.2020 | Stand 21.07.2020, 9:30 Uhr

Nicht nur 150 Originalzeichnungen von Emil Kneiß hat Hermann Kurz gesammelt, sondern auch viele Reklameplakate. Die schönsten Stücke seiner Sammlung sind jetzt im Fressenden Haus in Weißenstein zu sehen. −Foto: Fuchs

Sie hätte wunderbar zum Pichelsteinerfest gepasst, die Ausstellung über den "Buzi-Maler" Emil Kneiß, die seit Freitag im Fressenden Haus zu sehen ist.

Das Fest fällt heuer aus, aber wenigstens mit der Ausstellung hat es geklappt, die der Grafenauer Sammler Hermann Kurz aus seinen Beständen zusammengestellt hat.

Der Förderverein "Rettet das Fressende Haus" hatte Kurz für die Schau gewonnen, die dem Münchner Karikaturisten, Plakatgestalter und Zeichner Emil Kneiß (1867 - 1956) gewidmet ist.

Diese Idee hatte man beim Förderverein des Burgkastens schon 2019 gehabt – dann sperrte die Stadt überraschend den Turm wegen Brandschutzmängeln, alle Veranstaltungen waren abgesagt. Jetzt hat es trotz Corona-Beschränkungen geklappt mit der Ausstellung, das Pichelsteinerfest müssen sich die Besucher halt dazudenken. "So bayerisch war bisher noch keine Ausstellung bei uns", meint Vereinsvorsitzende Barbara von Schnurbein. Die wohl berühmteste Postkarte von Kneiß gibt ihr Recht: Die Phalanx der Münchner Kellnerinnen mit ihren Steingut-Maßkrügen.

"Eine etwas andere ,Sommernacht‘"leitete Barbara von Schnurbein mit ihrer Begrüßung am Freitagabend ein. Denn die Freunde des Fressendes Hauses begehen die Eröffnung ihrer alljährliche Sommer-Ausstellung üblicherweise im und rund um den Burgkasten, die "Burgfreunde" übernehmen die Bewirtung. Jetzt war zum einen das Wetter ungemütlich, zum anderen war corona-bedingt an eine Zusammenkunft im beengten Burgkasten gar nicht zu denken. Zum Glück bietet der Burggasthof ideale Ausweichräume – von denen aus die (gemäß den Auflagen exakt 50) Vernissage-Gäste in Zehner-Trupps hinüber in die Ausstellung spazierten. Schnurbein und auch Bürgermeister Andreas Kroner ließen anklingen, dass man zuletzt noch erheblich Gas geben musste bei den Restarbeiten am "Fressenden Haus", um die Ausstellung möglich zu machen. Davon zeugt unter anderem ein nagelneuer Blitzableiter...

Eine kleine Turm-Musi-Besetzung sorgte für die passende Umrahmung im Saal des Burggasthofs: Walter Fritz am Akkordeon und Franz Baierl an der Gitarre wechselten gekonnt zwischen swingendem Schlager der 20er Jahre und Landler. Und trafen damit den richtigen Ton zu dem Zeichner, Plakatmaler und Karikaturisten Emil Kneiß, einem Ur-Münchner, der von der Jahrhundertwende bis in die 1940er-Jahre in Bayern sehr präsent war.

Hermann Kurz hat die Ausstellung zusammengestellt, und der aus Oberbayern stammende Grafenauer, pensionierter Lehrer, gab im Burggasthof auch die Einführung. Er war als Stadtheimatpfleger in einem alten Exemplar des "Grafenauer Anzeigers" auf Karikaturen von Kneiß gestoßen, seine Sammelleidenschaft entflammte, und mittlerweile hat er die bei weitem größte Sammlung von Original-Werken des "Buzi-Malers" zusammengetragen.

Wilhelminische Bärte und Hochräder finden sich in den ersten Zeichnungen des 1867 geborenen Emil Kneiß. Ab 1902 führte er ein "Atelier für Reklame", viele Plakate aus dieser Zeit sind im Fressenden Haus zu sehen. So etwa besagte Kellnerinnen-Parade, mit der die Paulaner-Brauerei warb. Kneiß begeisterte sich auch früh für den Zeichentrickfilm, in der Schau ist Texas Jack und sein wilder Ritt zu sehen.

Ab 1928 war Kneiß als Karikaturist beim "Bayerischen Zeitungsblock" tätig, hier kamen zu den typisch bayerischen Motiven auch politische Themen ins Spiel: Die Weltwirtschaftskrise, der Aufstieg der Nazis, die große Arbeitslosigkeit, die Schwächen der Weimarer Republik. So lässt Kneiß den Reichspräsidenten Hindenburg mal wieder "eine neue Zigarre probieren": Im Aschenbecher liegen "verraucht" die abgehalfterten Reichskanzler, der Diener bietet eine neue Auswahl, darunter auch ein gewisser Hitler. "Bis Ende 1940 gab es auch reichlich Karikaturen zum Krieg", hat Hermann Kurz beobachtet, "dann wurde das wohl untersagt". Und 1941 bekam der mitunter freche Zeichner Emil Kneiß Berufsverbot. Ab da wird es still um ihn, er zeichnet fast nur mehr privat. 1956 stirbt der "Buzi-Maler".

Der Name Kneiß ist heute nicht mehr allzu bekannt, das Werk lebt aber fort – das hat Hermann Kurz unter anderem bei einem Besuch in Tegernsee feststellen können. Kneiß’ Zeichnung "Herr und Hund" hängt dort im Bräustüberl, und die beiden zieren sogar die Lieferfahrzeuge der Brauerei. Es ist der Parade-Münchner jener Zeit, den Kneiß da zeigt: Er steckt die Finger in den Mund zum Pfiff, denn sein Bauch ist so ausladend, dass er den brav wartenden Buzi, seinen Dackel, nicht sehen kann. Im Grafenauer Anzeiger stand seinerzeit auch der Text unter dem Bild: "Wo steckt er denn wieder, der Buzi, dös Hundsviech, dös miserablige!"

− jf


Zu sehen ist die Ausstellung von Samstag an bis zum 13. September täglich von 10 bis 16.30 Uhr, danach bis 8. November an Wochenenden und Feiertagen. Im Volk Verlag München ist 2018 das Buch "Der Buzi-Maler" von Hermann Kurz erschienen.