Regen
50 Jahre jung, modern und modisch

Ludwika Loderbauer schließt nach 49 Jahren ihre Boutique – Große Mode für die kleine Stadt

17.11.2020 | Stand 21.09.2023, 0:57 Uhr

Erinnerungsstück: Eine Kundin brachte eine Einkaufstüte aus den Anfangsjahren der Boutique – samt Quittung des damaligen Einkaufs.

Der Rat der Mutter an Ludwika Loderbauer war kein schlechter. Immer, immer sollte eine Frau unabhängig sein, sollte etwas Eigenes haben, das sie ernähren kann. Ludwika Loderbauer hat diesen Rat beherzigt. Vor 49 Jahren hat sie in Regen etwas gegründet, das neu war. Eine Boutique, ein kleines Modegeschäft. Mit einem Sortiment, das es so in einer kleinen Stadt im Bayerischen Wald vorher noch nicht gegeben hat. Der Plan ist aufgegangen, das kann sie jetzt sagen. Und was sie ihren Stammkunden in den vergangenen Tagen auch gesagt hat: Nach 49 Jahren ist Schluss, das ebenso kleine wie feine Geschäft schließt.

"Des muaß i eahna zoang", sagt Ludwika Loderbauer und eilt ins Erdgeschoss. Als sie zurückkommt, hat sie eine Plastiktüte in der Hand. Der Aufdruck zeigt die Zeichnung einer jungen Frau, die einen breitkrempigen Hut trägt, Typ: Flower-Power-Model. Der Schriftzug "junge Mode" und das Styling verraten, dass die Tasche aus den Anfangsjahren der Boutique stammt. "Die hat mir eine ganz treue Kundin vorbeigebracht, mit der handgeschriebenen Quittung von damals", erzählt sie. Einen Spencer für 59 Mark und einen Rock für 75 Mark hat die Kundin damals in der Tasche nach Hause getragen. Herzerl, Süßigkeiten, Umarmungen hat es für Ludwika Loderbauer und für ihre drei langjährigen Mitarbeiterinnen Waltraud Hardtke (seit 40 Jahren), Ernie Wühr (30 Jahre) und Gisela "Gisi" Schimmeck (seit Beginn mit kurzen Unterbrechungen dabei) von den Kunden gegeben, als die erfuhren, dass es diese Einkaufsadresse in der Regener Bahnhofstraße bald nicht mehr geben wird. "Wir haben ja viele Stammkunden aus Deggendorf, Straubing, München, und viele Urlauber, die regelmäßig zu uns kommen", sagt Loderbauer. Kundenpflege, Kontaktpflege, das machte sie schon in einer Zeit, in der das in den Marketing-Kursen noch nicht gelehrt worden ist. Hier ein Telefonanruf, da ein kleines Geschenk zu Geburtstag. "Wir haben ein Super-Verhältnis", sagt sie zum Verhältnis zu ihren Kunden; und zu dem mit ihren Mitarbeiterinnen, und dann schiebt sie noch nach: "Auch wenn ich manchmal schon ein bisschen schwierig bin."

Und wahrscheinlich kann die zierliche Frau auch ziemlich hartnäckig sein. Als sie mal bei einem der Chefs der Edel-Marke Escada nachfragte, ob sie denn nicht einige Stücke aus deren Kollektion für ihre Boutique haben könnte, fragte der erst mal nach, woher sie denn komme. Und als sie ihm das erklärt hatte, gab er ihr keine Chancen, diese Stücke in diesem Umfeld verkaufen zu können. Es war eine klare Fehleinschätzung. Die Einschätzung von Ludwika Loderbauer war eindeutig besser. Sie verkaufte die Escada-Teile. Und zwar so gut, dass es nicht ihre Schuld sein dürfte, dass Escada sich seit längerer Zeit in wirtschaftlichen Turbulenzen befindet. Die Firmen Strenesse und Bogner gehören ebenfalls zu den großen Modenamen, die durch Ludwika Loderbauer in den Bayerischen Wald kamen.

Als ihr Sohn Bernd Loderbauer zu ihrem 50. Geburtstag einen Film produzierte und um kurze Gratulationen von Modegrößen bat, da bekam er sofort einen Termin bei Willy Bogner, bei Escada und bei Strenesse.

Schlechte Zeiten in den 49 Jahren? "Ja, es gab schon schwerere Zeiten", sagt Ludwika Loderbauer, "und dann haben wir gebaut". Der obere Stock des Hauses wurde genutzt, dann kam Anfang der 90er Jahre der Anbau, aus der "Jungen Mode" wurde "L.L – die Linie". Für die attraktive Außenwirkung, die Bürgermeister Andreas Kroner beim Antritts- und Abschiedsbesuch lobte, sorgte auch der langjährige Schaufensterkünstler Jürgen Holdenried aus München. Ein großes "DANKE" prangt derzeit im Fenster zur Bahnhofstraße.

Weil gerade Andreas Kroner im Verkaufsraum steht, erzählt Loderbauer, dass sie auch stets mit der Stadtspitze in gutem Kontakt war. Zu guten Kunden konnten die Bürgermeister aber nicht werden. Männermode führte sie nur kurze Zeit. Stammkundin war Bürgermeisterin Ilse Oswald "Die Beratung ist einmalig", urteilt sie, "und für eine Stadt wie Regen war L.L. schon eine ganz große Besonderheit."

Wann endgültig der Schlüssel umgedreht wird, das weiß Ludwika Loderbauer noch nicht, "entweder Ende des Jahres oder im Januar", sagt sie, und sie hat die Hoffnung, dass sich vielleicht doch noch eine Nachfolgenutzung finden lässt. Langeweile, das werde sie im Ruhestand nicht haben, wie sie meint. Für Abwechslung werden unter anderem schon die vier Enkel sorgen. Weil, das sagt sie auch, "die Familie hat in den 49 Jahren schon leiden müssen."