Waldkirchen
Allerheiligen fällt auch heuer nicht aus

28.10.2020 | Stand 20.09.2023, 7:01 Uhr

Friedhof ist Raum für Trauerbewältigung – ein Ort der Neuausrichtung, ein Ort, der gut tut. −Foto: Schreiber

Allerheiligen fällt nicht aus – es ist wegen Corona und er Abstandsregeln in diesem Jahr nur anders als gewohnt, betont Pfarrer Nirschl. Auch wenn es den sonst üblichen Gräbergang nicht gibt, werden bis Sonntagmittag die Gräber auf den drei Friedhöfen in Waldkirchen, Karlsbach und Böhmzwiesel gesegnet sein. Die Priester und Diakone werden dies ohne Öffentlichkeit tun.

Zudem wird am Allerheiligennachmittag in den drei Kirchen um 14 Uhr je eine gestaltete Stunde mit "Musik, Gebet und Stille" angeboten. Dazu können alle Besucher nach Belieben kommen und gehen. Auch liegen in den Kirchen Zettel aus, mit denen am Grab eine kleine persönliche Andacht gefeiert werden kann. Gerne darf man auch Weihwasser aus der Kirche mit auf den Friedhof nehmen. Dazu bitte eigene Flaschen mitbringen (Gottesdienstzeiten siehe Kirchenanzeiger).

Pfarrer Michael Nirschl möchte sensibilisieren und auch einen Blick auf "Bestattungskultur" werfen. Wenn ein Mensch stirbt, haben wir es mit keinem Abfallprodukt zu tun. Wir kommen unter die Erde – aber das ,Wie‘ ist entscheidend! Der Mensch ist Ebenbild Gottes. Er trägt eine Würde, die kein Mensch zu- oder absprechen oder mindern kann. Der menschliche Leib ist Tempel des Heiligen Geistes. Ihm würdevoll zu begegnen verlangt der Respekt vor der Schöpferkraft Gottes. Das Beispiel Jesu und unser Glaube lehren uns, dass der menschliche Körper mehr ist als nur eine Hülle. Wir hoffen, dass es unserem Leib ebenso ergehen wird wie dem Leib Jesu: dass er auferstehen wird.

Der Seelsorger wirbt für eine Neu- und Wiederentdeckung der christlichen Rituale. Schon in der Antike hatte man die Erkenntnis: Ein Volk wird so beurteilt, wie es seine Toten bestattet. "Wir verlieren viel Menschlichkeit, wenn wir dem Trend ,Je praktischer, desto besser‘ nachlaufen. Wir gewinnen, wenn wir auch nach dem Tod den Menschen in den Mittelpunkt stellen – und damit Gott die Ehre geben."

Kündigt sich der Tod an: "Ist ein Angehöriger schwer krank oder liegt er im Sterben, stehen wir gerne bei. Das Sakrament der Krankensalbung wird nicht nur in der letzten Sekunde gespendet, sondern ist Angebot der Kirche für jeden, den die Last von Alter und Krankheit schwer drückt. Und wenn es möglich ist, bringen wir die Krankenkommunion."

Wenn jemand gestorben ist: Trauernde trösten, das ist ein Werk der Barmherzigkeit. "Gerne kommen wir ins Haus bzw. ins Altenheim/Krankenhaus, um Ihnen beizustehen", so der Pfarrer. Das gemeinsame Sterbegebet könne heilsam sein in Momenten der Sprachlosigkeit und Trauer.

Und: "Wir bringen uns gern einfühlsam in die Planung der Beerdigung ein und begleiten die einzelnen Stationen bis zur Bestattung", sagt Nirschl. Auch für die Überführung auf den Friedhof und den Sterberosenkranz in der Kirche biete man sich an.

Gemeinsamer Gottesdienst: "Das kostbarste Geschenk, das wir einem Verstorbenen machen können, ist die Feier des Requiems", sagt Nirschl. Auch seien Trauergottesdienst und Beerdigung nicht nur die Angelegenheit eines Familienkreises, sondern Aufgabe der ganzen Pfarrgemeinde. "In der Predigt soll der Lebenslauf des Verstorbenen mit der Botschaft von der Auferstehung verwoben werden. Im Trauergespräch ist dafür Gelegenheit, Lebensdaten weiterzugeben und von der Persönlichkeit zu erzählen."

Die musikalische Gestaltung eines Requiems oder Trauerandacht liegt natürlich in der Hand der Angehörigen. Es gibt dafür auch ein großes Angebot, auf das die Bestattungsinstitute hinweisen. Ganz besonders für Waldkirchen sei auf den Beerdigungschor der Pfarrei hingewiesen. Nicht zuletzt durch Corona ist dieser in Vergessenheit geraten. Wenn sich innerhalb der Familie oder Bekanntenkreis jemand findet, sich als Lektor einzubringen, ist dies sehr willkommen.

Die Frage nach Sarg oder Urne: Vorbild für das christliche Begräbnis ist das Begräbnis Jesu und die damit verbundene Hoffnung auf die Auferstehung. Wer sein Christsein ernst nimmt, der entscheidet sich für eine Sargbeerdigung. Seit den 60-er Jahren wird die Feuerbestattung von der katholischen Kirche als legitime Bestattungsart bewertet, wobei der Erdbestattung der Vorzug zu geben ist. Der Abschied am Grab schmerzt und tut weh. Das lässt sich nicht vermeiden. Je intensiver dieser Abschied erlebt wird, desto heilsamer kann er für die Trauerarbeit sein.

Mut zur christlichen Alternative: Angesichts des Todes mit den damit verbundenen Fragen um Bestattung und Trauerriten ist jeder Christ eingeladen, sich selber die Frage zu stellen: "Was ist denn meine eigene Vorstellung nach einem würdigen und menschlichen Umgang mit Sterben, Tod und Trauer? Welche Fragen, Sorgen und Ängste begleiten mich in der Konfrontation mit den "letzten Dingen"? Wo erfahre ich in Trauer und Traurigkeit die heilende und tröstende Kraft christlicher Trauer- und Beerdigungsriten?"

Bestattungskultur- und Richtlinien seitens der Stadt Waldkirchen: Die Stadt Waldkirchen zeigt sich als Eigentümer des Friedhofes für Verwaltung zuständig. Entschließt man sich für eine Grabstelle im alten, heißt gewachsenen Friedhofsareal, so appellieren Verantwortliche und Bürgermeister, Bewusstsein und Blick auf Grabsteine und Gestaltung zu zeigen, die sich ins Bild einfügen. Falls ein neuer Grabstein angeschafft werden muss, sollte man sich mit der Anfertigung in Anlehnung bestehender historischer Steine vertraut machen.

"Der Friedhof ist unersetzlicher Raum für Trauer", betont auch Bürgermeister Heinz Pollak. Eine Grabstätte sei Wertschätzung an liebe Verstorbene – ein Rückzugsort für Trauernde. Bei der Grabstätte müsse man aber auch den Blick für Umgebung und Vorschriften im Auge behalten. "Leider befinden sich unsere Friedhöfe in einem Veränderungsprozess. Doch noch gibt es sie, eine gewachsene Friedhofskultur, diese muss hochgehalten werden. "Denn die Kultur eines Volkes wird auch dadurch beurteilt, wie es seine Toten bestattet – und das steht in der Verantwortung der Hinterbliebenen", so Pollak. Dazu gibt es in der Stadt eigens eine Satzung über das Bestattungswesen für die städtischen Friedhöfe in Waldkirchen, Böhmzwiesel und Karlsbach.