Gorleben ausgeschlossen
Endlager-Suche: 90 Gebiete kommen in Frage - auch in Region

28.09.2020 | Stand 20.09.2023, 4:32 Uhr

In weiten Teilen Bayerns herrschen nach Erkenntnissen der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) günstige geologische Verhältnisse für ein Atommüll-Endlager. Auch Gebiete in der Region sind betroffen, wie aus der Karte der BGE hervorgeht. −Screenshot: PNP/BGE

90 Gebiete in Deutschland haben nach Erkenntnissen der Bundesgesellschaft für Endlagerung günstige geologische Voraussetzungen für ein Atommüll-Endlager.

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Der Salzstock Gorleben in Niedersachsen ist nicht darunter, wie aus dem am Montag veröffentlichten Zwischenbericht Teilgebiete hervorgeht. Berücksichtigt man die Überlagerung einiger Gebiete, ist laut Bericht in Deutschland ein Anteil von 54 Prozent der Landesfläche als Teilgebiet ausgewiesen, darunter weite Teile Bayerns.

Gebiete in der Region betroffen

Eines der in Frage kommenden Gebiete erstreckt sich vom Raum Passau über Niederbayern und der Oberpfalz bis den Südwesten Deutschlands. Ein zweites Gebiet aus der Region betrifft das südliche Oberbayern, darunter den Chiemgau. Weitere Teilgebiete liegen etwa Baden-Württemberg und Niedersachsen, aber auch in den ostdeutschen Ländern. Konkret stehen folgende Landkreise und Kreisfreie Städte aus der Region auf der Liste:

NIEDERBAYERN
• Landkreis Deggendorf
• Landkreis Dingolfing-Landau
• Landkreis Freyung-Grafenau
• Landkreis Kelheim
• Kreisfreie Stadt Landshut
• Landkreis Landshut
• Kreisfreie Stadt Passau
• Landkreis Passau
• Landkreis Regen
• Landkreis Rottal-Inn
• Kreisfreie Stadt Straubing
• Landkreis Straubing-Bogen

OBERPFALZ
• Kreisfreie Stadt Amberg
• Landkreis Amberg-Sulzbach
• Landkreis Cham
• Landkreis Neumarkt i.d. OPf.
• Landkreis Neustadt a.d. Waldnaab
• Kreisfreie Stadt Regensburg
• Landkreis Regensburg
• Landkreis Tirschenreuth
• Kreisfreie Stadt Weiden i.d. OPf.

SÜDOSTOBERBAYERN
• Landkreis Altötting
• Landkreis Mühldorf a. Inn
• Landkreis Rosenheim
• Landkreis Traunstein

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Landesumweltminister Thorsten Glauber hatten sich am Mittag zum Zwischenbericht kritisch geäußert. Von Bayern gebe es im Verfahren jetzt "keine Totalblockade", der Freistaat werde das Verfahren aber "sehr konstruktiv und kritisch begleiten", sagte Söder.

Eine Vorfestlegung auf einen Standort ist damit aber noch längst nicht verbunden. In den kommenden Monaten und Jahren werden die möglichen Standorte nach und nach weiter eingegrenzt, indem weitere Kriterien - etwa die Bevölkerungsdichte - berücksichtigt werden. Dennoch dürfte die Debatte über die Endlagerung von hoch radioaktivem Atommüll damit in Fahrt kommen - vor allem in den Gebieten, die nun näher unter die Lupe genommen werden sollen.

Standortsuche bis 2031 geplant

Das Endlager soll unterirdisch in Salz, Ton oder Kristallin, also vor allem Granit, entstehen. 2031 soll der Standort gefunden sein, ab 2050 sollen Behälter mit strahlendem Abfall unterirdisch eingelagert werden. Der Bericht listet erst einmal alle Regionen in Deutschland auf, "die günstige geologische Voraussetzungen für die sichere Endlagerung radioaktiver Abfälle erwarten lassen", so schreibt es das entsprechende Gesetz vor. Deswegen sind es noch ziemlich viele und teils auch recht große Gebiete. Konkreter wird es erst in den kommenden Jahren. Aus den Teilgebieten werden sogenannte Standortregionen ausgewählt, die übertägig genauer erkundet werden. Einige davon werden dann auch untertägig erforscht.

Nach langem Ärger um den Salzstock Gorleben wurde die Endlager-Suche komplett neu gestartet. Ausgehend von einer "weißen Landkarte", auf der erst mal jeder Ort grundsätzlich in Frage kommt, werden mögliche Standorte nun nach wissenschaftlichen Kriterien nach und nach eingegrenzt. Am Ende soll dann aber die Politik die Entscheidung über den Standort treffen - basierend auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen. Über verschiedene Formate können sich Bürger, Gemeinden und Organisationen in den Prozess einbringen. Zoff hatte es vor allem um Gorleben gegeben, das zu einem Symbol der Anti-Atomkraft-Bewegung geworden war. Manche forderten schon vor der Veröffentlichung des Berichts, den Salzstock als "politisch verbrannt" aus der Suche auszunehmen.

Freistaat: Untergrund in Bayern nicht geeignet

Aber auch die bayerische Landesregierung hat Ärger auf sich gezogen, weil sie den Suchprozess anzweifelt und darauf pocht, dass der Untergrund in Bayern nicht geeignet sei. Beides stellte das Prinzip der "weißen Landkarte" in Frage, die erst nach und nach anhand messbarerer Kriterien eingegrenzt wird. Auf dieses Prinzip pochen unter anderem die Grünen, deren Wurzeln auch in der Anti-Atomkraftbewegung liegen. "Jetzt ist erst einmal die Wissenschaft am Zuge und die sollte man auch in Ruhe machen lassen", sagte Bundestags-Fraktionsvize Oliver Krischer der dpa. Im Fall Gorleben habe es in erster Linie eine politische Entscheidung gegeben. In den 70er Jahren war beschlossen worden, dort ein Endlager einzurichten. Deswegen habe "ein Landstrich fast komplett rebelliert".

− dpa/cav