Freyung-Grafenau
Gebrauchtwagen gesucht

Große Nachfrage, geringer Bestand: Ältere Autos werden auch im Landkreis FRG zur Mangelware

13.04.2022 | Stand 22.09.2023, 2:43 Uhr

Nur noch im Verkaufsraum hat Michael Krammer in seinem Autohaus in Freyung Gebrauchtwagen stehen, draußen ist alles leer. −Foto: Koschinski

Wer ein gebrauchtes Auto kaufen will, braucht derzeit die zwei Gs: Geduld und Geld. Denn die Gebrauchten sind weniger und teuerer geworden. Auch die Nachfrage der Elektroautos ist durch den Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen gestiegenen Spritpreise größer geworden. Die PNP hat bei den Autohändlern im Landkreis Freyung-Grafenau nachgefragt, woran das liegt und wie die Lage bei ihnen aussieht.

Stefan Sammer ist Verkäufer beim Autohaus Denk in Neureichenau. Er spricht von einer "großen Herausforderung" – sowohl für die Kunden als auch für das Autohaus. Denn es seien schlichtweg zu wenig Gebrauchtwagen vorhanden. Die Lieferzeiten bei den Neufahrzeugen seien zu lang. Deshalb kämen auch weniger Gebrauchte auf den Markt.

Bauteile für Neuwagen fehlen – weniger Gebrauchte

Einer der Hauptgründe sind die corona-bedingten Lieferengpässe bei wichtigen Bauteilen und der Chipmangel. Die Anzahl verbauter Halbleiter, der Hauptbestandteil der Mikrochips, habe sich in den vergangenen Jahren stark erhöht. Durch den zunehmenden Bedarf an Halbleitern und die Pandemie habe es Lieferengpässe gegeben. Viele Autobauer drosselten ihre Produktion. So werden die Neufahrzeuge zum Beispiel nicht rechtzeitig zum Ende der Leasingverträge geliefert. Deshalb werden die Verträge verlängert, bis das neue Fahrzeug zur Verfügung steht. Zum Vergleich: 2021 gab es im März bei ihnen noch 68 Gebrauchtwagen, dieses Jahr um die Zeit waren es nur noch 24.

Auch die hohen Spritkosten, die ein Resultat des Ukraine-Kriegs sind, führen zu einer höheren Nachfrage – allerdings bei den Elektroautos. Die hierfür angedachte Prämie von 6 000 Euro gibt es jedoch nur noch bis Ende dieses Jahres. Eigentlich wird die Prämie in die Leasingverträge aufgenommen. Weil aber nicht sicher ist, ob das 2023 auch noch gilt, führt das zu Verunsicherung auf Seiten der Kunden. Aber auch bei den Elektroautos gibt es Lieferengpässe. Ein Faktor ist auch hier die Halbleiterknappheit. Der andere Grund sind die Kabelstränge, die eigentlich aus der Ukraine kommen, aufgrund der aktuellen Lage von dort aber nicht geliefert werden.

All das wirkt sich auf die Preise aus. Diese seien in letzter Zeit deutlich gestiegen, so Sammer. Um wie viel Prozent, kann er nicht genau sagen. Das hänge vom Fahrzeugsegment, das der potenzielle Käufer ansteuere, ab. Aber zahlen die Kunden die höheren Preise? "Wenn jemand ein Auto braucht, kommt er nicht drum herum", so der Verkäufer.

"Was früher zu viel war, ist heute zu wenig"

Stefan Sammer hat eine Art System für Kunden, die bei ihm nach einem Gebrauchtwagen fragen. "Ich schreib mir die Kundennamen auf und bei einem passenden Fahrzeug kontaktiere ich sie." Sein Tipp für Leute, die nach ihrem Traum-Gebrauchtwagen suchen: "Lieber das Autohaus des Vertrauens zu früh als zu spät aufsuchen. Damit sind wir Autoverkäufer auch flexibler mit der Suche nach einem passenden Fahrzeug für unsere Kunden".

"Was früher zu viel war, ist heute zu wenig", beschreibt Holger Zarham, Verkäufer beim Autohaus Hable in Grafenau, die Situation. Auch er ist von dem Gebrauchtwagenmangel betroffen. "Das Ganze ist ein Kreislauf." Diejenigen, die teilweise bis zu einem Jahr auf ihr neues Fahrzeug warten, behalten ihr altes. Oder aber sie kaufen sich stattdessen einen Gebrauchtwagen, um die Zeit zu überbrücken.

Allerdings sieht er dieses Problem nicht nur deutschlandweit, sondern europa-, wenn nicht sogar weltweit. Der Markt sei auch deshalb so leer, weil viele Autos ins Ausland verkauft werden. Und was sagt der Autoverkäufer zu den gestiegenen Preisen? "Angebot und Nachfrage." Er schätzt die Preissteigerung bei den Gebrauchtwagen auf circa fünf bis zehn Prozent. "Es ist eine Preissteigerung da, aber nicht so dramatisch, wie es oft dargestellt wird." Trotzdem gibt es Kunden, denen der Erwerb zu teuer ist und die ihr altes Fahrzeug vorerst noch behalten. Es gibt aber auch Wartelisten für Kunden, die dringend einen Gebrauchtwagen brauchen. Laut Zarham nichts Neues. Er beobachtet zwar, dass die Standtage der Fahrzeuge geringer werden, trotzdem gibt es nach wie vor Ware.

Michael Krammer von den gleichnamigen Autohäusern in Freyung und Schönberg bestätigt den Mangel an Gebrauchtwagen. Der Obermeister der Kfz-Innung Niederbayern spricht von einem "Leerstand" bei Gebrauchtwagen. Nicht nur die Nachfrage, sondern auch die Preise steigen. Den Grund hierfür führt der Autohändler ebenfalls auf die verzögerten Lieferzeiten der Neuwagen zurück. Auch Dienstwagen seien von diesem Problem betroffen.

Aachener Kunden kamen nach Freyung für Autokauf

Abgesehen davon, dass die Gebrauchtwagen dadurch teurer werden, steigere sich auch das Servicegeschäft. Die Leute ließen ihre Autos deshalb häufiger reparieren, weshalb auch mehr Arbeit in der Werkstatt anfalle. Krammer hat ein Beispiel, das verdeutlicht, wie ernst die Situation ist: "Es kamen sogar letztens Kunden aus Aachen nach Freyung, um bei mir einen Gebrauchtwagen zu kaufen", erinnert sich der Obermeister. Und auch er weiß von vielen Kollegen, dass sie mit demselben Problem zu kämpfen haben. Was kann er trotzdem für seine Kunden tun?

"Wir bemühen uns, dass wir einen Wagen für den Kunden finden, beispielsweise online. Aber der ist auf jeden Fall teurer als früher." Wartelisten führt er nicht, allerdings gibt er seinen Kunden Bescheid, "wenn was Passendes reinkommt". Seiner Einschätzung nach wird es wohl noch circa zwei Jahre dauern, bis sich die Situation wieder normalisiert hat.