Polizei erlaubt, was Chef verbietet
Lkw-Fahrer freut sich über Verkehrskontrolle

Schwerverkehrsexperten der Polizei ahnden Verstöße – Türkischer Fahrer "darf" endlich Reifen wechseln

15.07.2020 | Stand 19.09.2023, 21:57 Uhr

Kurz vor der "Auflösung" stand der Reifen eines türkischen Lkw-Fahrers, der sich über die Kontrolle durch die Polizei freute: Endlich durfte er die Reifen wechseln, was ihm sein Chef bisher verboten hatte. −Foto: VPI

Eine ungewöhnliche Freude haben Beamte der Verkehrspolizei Deggendorf bei einer Lkw-Kontrolle einem Fahrer aus der Türkei bereitet. Er durfte endlich, was sein Chef verboten hatte.

Die Schwerverkehrsgruppe der Verkehrspolizeiinspektion Deggendorf hat am Montagvormittag auf dem Autobahn-Rastplatz "Ohetal-Nord" eine Lkw-Kontrollstelle eingerichtet. In Fahrtrichtung Regensburg hielten die Beamten auffällige Fahrzeuge auf und stellten eine Reihe von Verstößen fest.

Fall 1: Bereits bei der Anreise zur Kontrollstelle belegten die Schwerverkehrsspezialisten einen bulgarischen Überholsünder mit einem Bußgeld in Höhe von 100 Euro. Das über weite Strecken auf der A3 bestehende Überholverbot für Lkw ignorierte der Fahrer beharrlich und überholte andere Lastwagen.

Fall 2: Ein tschechischer Lkw-Fahrer hatte mit der Beladung seines Fahrzeugtransporters Probleme. Auf dem Fahrzeugtransporter waren acht große Pkw geladen. Um diese aus dem Landkreis Freyung-Grafenau in den Großraum München mit einer Fahrt transportieren zu können, musste der Anhänger mit seinen verschiebbaren Ladeböden so gestreckt werden, dass die acht Autos Platz hatten. Der Nachteil war aber, dass der Lkw mit Anhänger über die zulässigen Längenmaße verlängert wurde. Auch dieser Lkw-Fahrer durfte erst weiterfahren, nachdem er das dreistellige Bußgeld entrichtet und die Fahrzeuge richtig geladen hatte.

Fall 3: Einen slowakischen Lkw-Fahrer mussten die Beamten darüber belehren, dass Ladung gesichert werden muss. Der aus der Slowakei stammende Kleintransporter-Fahrer hatte seine Ladefläche mit Versandstücken auf Paletten beladen. Er wollte ohne Sicherung der Ladung bis ins Saarland fahren. Was die Beamten besonders irritierte: Er hatte ausreichend Sicherungsmittel dabei, diese aber nicht benutzt. Nach einer gewissen Standzeit zum Sichern der Ladung und zur Entrichtung eines Bußgelds konnte der Lkw-Fahrer, nun nach Belehrung einsichtig, seine Fahrt fortsetzen.

Fall 4: Ein Mann aus der Ukraine wollte mit seinem Sattelzug gefährliches Gut – Lithium-Ionen-Batterien – aus der Ukraine durch Deutschland nach Frankreich fahren. Sein Problem war, dass er für diese Art von Gefahrgut nicht die richtigen Beförderungspapiere und auch nicht die notwendige Schutzausrüstung mitführte, die ihm bei einem Unglücksfall wertvolle gesundheitliche Hilfe geben würde. Er musste die Weiterfahrt so lange unterbrechen, bis er seine Schutzausrüstung an Bord hatte und er ein ordnungsgemäßes Beförderungspapier nach gefahrgutrechtlichen Richtlinien an die Kontrollstelle geliefert bekam.

Mit einem Bußgeld im mittleren dreistelligen Bereich muss in diesem Fall nicht nur der Lkw-Fahrer rechnen, sondern auch sein Chef sowie die verantwortliche Person in der Ukraine, welche die Ladung so abgesendet hat.

Fall 5: Ein türkischer Fahrer schaffte es sprichwörtlich gerade noch so in die Kontrollstelle. Bei der technischen Kontrolle fiel den Beamten der katastrophale Reifenzustand am Sattelanhänger auf. Fünf von sechs Reifen lagen noch gerade so über der Mindest-Reifenprofiltiefe von 1,6 Millimeter. Am sechsten Reifen hatte sich bereits das Profil gelöst und er stand kurz vor der "Auflösung", was einen Unglücksfall nach sich hätte ziehen können. Der Lkw-Fahrer war sichtlich erfreut, dass er in die Polizeikontrolle gelotst wurde. Endlich durfte er seine Reifen wechseln, was ihm der Unternehmer bisher untersagt hatte. Das Bußgeld in Höhe von 90 Euro machte ihm nicht so viel aus, stellten die Polizisten fest. Ein organisierter Pannendienst verhalf ihm dann per Reifenwechsel zur anschließenden Weiterfahrt.

Fall 6: Ein rumänischer Fahrer war mit seinem Mercedes Sprinter unterwegs von Rumänien nach Deutschland. Der Sprinter führte einen unbeladenen Autoanhänger mit. Im Innenraum des Sprinters befanden sich mehrere Mitfahrer. Für diese Art von Personenbeförderung hätte der Fahrer jedoch eine Genehmigung benötigt, die er nicht besaß. Der Fahrer begründete, er benötige keine Genehmigung, da es sich um eine "private Fahrt" handele und bei den Insassen um Freunde. Blöd nur für den Fahrer, dass er auf die Frage nach den Namen seiner Freunde keine Antwort geben konnte.

Abgesehen davon wäre für diese Art der Personenbeförderung auch ein digitales Kontrollgerät nötig gewesen, das im Sprinter jedoch nicht verbaut war. Da der Fahrer somit auch den Sozialvorschriften, also den Lenk- und Ruhezeiten, unterlag, hätte er die zurückliegenden Tage nachweisen müssen, was er ebenfalls nicht konnte. Nach Entrichtung eines hohen dreistelligen Bußgeldes wurde ihm die Weiterfahrt aufgrund der momentanen Lage gestattet.

Fall 7: Im Rahmen der Kontrollstelle wurde ein kroatischer Sattelzug mit einer Zwei-Fahrer-Besatzung kontrolliert. Die Ladung bestand aus organischem Rapsgranulat, das von Kroatien nach Deutschland transportiert wurde.

Zunächst bestand der Verdacht, dass die Abgasreinigungsanlage nicht richtig arbeitete. Ein Manipulationsverdacht konnte jedoch ausgeräumt werden. Auch die Lenk- und Ruhezeiten waren soweit in Ordnung. Was der Fahrer jedoch nicht wusste, ist, dass sein Chef noch nie, seit er den Lkw einsetzt, Daten aus dem Kontrollgerät gesichert hat. Das Telefonat mit dem Unternehmer ergab, dass dieser diese Vorschrift angeblich gar nicht kannte. Deshalb wurde eine Sicherheitsleistung in Höhe von 2000 Euro angeordnet. Davon konnten 500 Euro per Karte bezahlt werden. Das Tageslimit der Debitkarte verhinderte einen höheren Betrag. Den restlichen Betrag brachte der Unternehmer aus Kroatien am nächsten Tag persönlich bei der Verkehrspolizei vorbei.

− dz