51. Jazzwoche Burghausen
Szymon Klekowicki Sextett gewinnt Nachwuchs-Jazzpreis 2022

23.03.2022 | Stand 20.09.2023, 23:50 Uhr

Szymon Klekowickis Sextett gewann den Nachwuchs-Jazzpreis der Internationalen Jazzwoche Burghausen. −Foto: Alfred Kleiner

Ob einem Jazz gefällt, weiß man erst, wenn man live dabei ist, die unterschiedlichsten Musiker spielen sieht und spürt – alles andere bleibt Theorie und Vorurteil. Mit ihrem Burghauser Nachwuchs-Jazzpreis ist es der Internationalen Jazzwoche Burghausen vor zwölf Jahren gelungen, ein Konzertformat zu etablieren, das dem Publikum genau diese Erfahrung ermöglicht, auf die schönste Art und Weise. Diese Neugierde auf ein frisches und faszinierend vielfältiges Musikerleben hat am Dienstagabend 610 Besucher in die Burghauser Wackerhalle gezogen – zum live ausgespielten Jazzpreisfinale.

In den Pausen wird heftig diskutiert, Wetten werden geschlossen, eine Lebendigkeit und Anteilnahme an der Kunst bewirkt dieser Auftakt, dass es eine Freude ist. Fünf Bands, bereits 2019 unter gut 40 Bewerbern aus 19 Nationen "blind, aber nicht taub" ausgewählt, wie Bürgermeister Florian Schneider sagt, haben je 20 Minuten Zeit, die Jury aus Roland Spiegel (BR), Ralf Dombrowski (u.a. SZ) und Reinhard Köchl (u.a. Zeit) zu überzeugen. Jazzwochen-Mitbegründer Joe Viera, der heuer 90 Jahre alt wird, ist aus gesundheitlichen Gründen diesmal nicht dabei. "Hoffentlich sagt der Joe nicht: ,Ja, spinnts ihr?!’, wenn er unsere Entscheidung erfährt", scherzt Roland Spiegel.

Aber sicher wird Joe Viera einverstanden sein mit dem Sieger des Abends, der 5000 Euro Preisgeld und einen Auftritt gestern Abend beim großen Eröffnungskonzert gewonnen hat. Es dauert vielleicht zwölf Takte, dann ist klar, dass der Musiker Szymon Klekowicki aus Polen nicht nur den schönsten Zwirbelschnurrbart, sondern den mit Abstand reifsten und emotional aussagekräftigsten Sound des Abends hat. Stilistisch dockt sein Sextett an Swing- und Boptraditionen an, um damit rasant, dicht, inspiriert und mit höchster Spielkultur als Bandeinheit aus Drums, Kontrabass, Piano und drei Bläsern gewitzten Schabernack zu treiben. Der Bandleader brilliert als Solist gleichermaßen auf Posaune, Flügelhorn und Tuba, wie die Jury am Ende lobt, rhythmisch hochanspruchsvoll und dabei in klarster Klangkultur. Zusammen mit Tenorsax und Altsax zerlegt er genüsslich Themenköpfe und lässt in einer finalen Kollektivimprovisation die Halle jubeln.

Auf den zweiten Platz wertet die Jury das Nico Theo Quintett um den griechischstämmigen Stuttgarter Saxofonisten Nico Theodossiadis, das ein bisschen kopflastig und enorm versiert durch Modern Jazz, Weltmusik und Jazzrock gleitet. "Bronze" gewinnt das Aurora Oktett, ein Hybrid, in dem sich sensibel Streichquartett und Jazzquartett begegnen, sich ermuntern und kommentieren. Jazz und Klassik flirten behutsam, hemmungslos vereinen trauen sie sich nicht.

Zumindest bei der Jury keinen Stich machen konnten bei aller individuellen Klasse die beiden Bands mit Gitarre-getriebenem Retro-Appeal: "Die Therapie" aus Berlin und Organ Clash aus Halle mit Faible für Groove, Fusion und Jazzrock. Fürs Publikum brachten sie genau die richtige stilistische Breite und Pop-Energie in den Abend. Ein höchst gelungener Auftakt für das 51. Festival. Oder wie IG-Jazz-Sprecher Andreas Bentlage sagt: "Wir sind so richtig froh, dass endlich wieder Jazzwoche ist." Da ist er in bester Gesellschaft.

Änderungen im Programm der Jazzweek

Für das Eröffnungskonzert am Mittwoch und das Jazz-Konzert am Donnerstag meldet die IG Jazz Änderungen. Da der Schlagzeuger von Sängerin Joy Denalane krankheitsbedingt ausfallen muss, findet das Konzert mit der Berliner Jazz-Sängerin in verschlankter Form statt. Ihr kürzerer Auftritt im Duett mit Roberto di Gioia wird ergänzt durch Auftritte der beiden Gewinner des Nachwuchs-Jazzpreises, das Szymon Klekowicki Sextett (Sieger) und Nico Theo Quintett (2. Platz). Auch für den Freitagabend ergeben sich Änderungen: Die Musiker Till Brönner, Richard Bona, Al di Meola sowie John Helliwell werden nicht im Rahmen der Mandoki Soulmates auftreten. Auf die Features Tony Carey, Mike Stern, Randy Brecker und Max Merseny darf sich das Publikum dennoch weiterhin freuen.

Raimund Meisenberger

Die Konzerte werden von BR-Klassik live übertragen und sind in voller Länge nachzuhören auf br-klassik/burghausen