Berchtesgadener Land
Wehrbeauftragte besucht Gebirgstruppe

Bundestagsabgeordnete Dr. Eva Högl informiert sich drei Tage lang an beiden Standorten im Berchtesgadener Land

07.04.2021 | Stand 21.09.2023, 4:31 Uhr

Brigadegeneral Maik Keller begrüßte die Wehrbeauftragte, Dr. Eva Högl, in der Hochstaufen-Kaserne. −Foto: Bundeswehr

Als "Anwältin der Soldaten" ist es die Kernaufgabe der Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestags, Dr. Eva Högl, die Grundrechte der Soldatinnen und Soldaten zu wahren sowie die Einhaltung der Grundsätze der Inneren Führung – also die Führungskonzeption der deutschen Streitkräfte – zu überwachen. Vergangene Woche besuchte sie die Gebirgsjägerbrigade 23 sowie die unterstellten Gebirgsjägerbataillone 231 und 232 in Bad Reichenhall und Bischofswiesen. Innerhalb von drei Tagen bekam sie einen umfassenden Einblick in die Aufträge, Herausforderungen und aktuellen Handlungsfelder der Gebirgstruppe, aber auch in die Stimmung der Soldaten, berichtet die Gebirgsjägerbrigade in einer Pressemitteilung.

Wie klappen Einsatz und Vorbereitung trotz Corona?

Als Hilfsorgan des Deutschen Bundestags bei der Kontrolle der Streitkräfte kann die Wehrbeauftragte auf Weisung des Bundestags oder des Verteidigungsausschusses aktiv werden. Den Besuch im Berchtesgadener Land unternahm Eva Högl aber "aus eigener Initiative", um sich über die Gebirgsjägerbrigade 23 zu informieren. "Besonders interessiert es für mich, wie die Gebirgsjägerbrigade – mit Einsätzen, Ausbildung, Amtshilfe – ihre Aufträge unter der Corona-Pandemie erfüllt", erklärte Högl.

Der Kommandeur des Gebirgsjägerbrigade 23, Brigadegeneral Maik Keller, begrüßte die Bundestagsabgeordnete am ersten Tag. Er informierte Högl in einem persönlichen Gespräch mit anschließendem Lagevortrag. Ausbildung und Einsatzstellung sind vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie eine besondere Herausforderung, war eine Kernbotschaft.

Bei einem Kasernenrundgang machte sich die Wehrbeauftragte über den Stand der Bauprojekte kundig. Diese wurden unter anderem als Folge der Attraktivitätsagenda beschlossen. Die Bundeswehr als Arbeitgeber hat damit auch das Leben und Wohnen der Soldaten in den Kasernen neu definiert: "Über allen Bauvorhaben innerhalb der Kaserne steht die Trennung von Wohn- und Funktionsbereichen", berichtete der Kasernenkommandant, Oberstleutnant Thomas Nockelmann. Moderne Unterkünfte werden somit in der Hochstaufen-Kaserne bis 2026 Standard sein. Darüber hinaus wurde der Bau der hochmodernen "Indoor-Schießhalle" sowie des vielseitigen Kletterturms erläutert.

Bei der Visite ging es der seit Mai 2020 im Amt stehenden Wehrbeauftragten besonders um Tuchfühlung vor Ort: die Sorgen und Probleme der Soldaten aufzunehmen und ein Bild aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu bekommen. "Ich bin nicht hier, um Ihnen einen Vortrag zu halten, sondern um Ihnen zuzuhören und Ihre Anliegen mit nach Berlin zu nehmen", erklärte sie zu Beginn der ersten Gesprächsrunde. Fünf Stunden dauerten Gespräche mit Vertretern aller Dienstgradgruppen sowie den Truppenpsychologen und Militärpfarrern des Standortes.

"Die Soldatinnen und Soldaten zeigten sich sehr motiviert, engagiert und größtenteils zufrieden. Die Themen in den Gesprächsrunden waren vor allem geprägt von den Umständen der Corona-Pandemie und den damit einhergehenden Einschränkungen in der Ausbildung und Einsatzbereitschaft. Die Amtshilfe stellt eine zusätzliche Herausforderung an die Soldaten und die Kapazitäten sollten nicht überstrapaziert werden", fasste die Wehrbeauftragte am Ende zusammen.

Am späten Nachmittag informierte sich Eva Högl über das Einsatz- und Ausbildungszentrum für Tragtierwesen. Nach einem kurzen Gespräch mit der Dienststellenleiterin, Oberfeldveterinär Heike Henseler, zeigten Tiere und Soldaten ihre Fähigkeiten, die vom begleitenden Einsatz im Angriff, über die Versorgung von abgesetzt operierenden Gebirgsjägern bis zur Erkundung, Aufklärung oder Überwachung von schwer zugänglichen Geländeabschnitten reichen. Zusätzlich wurden die Hufschmiede und die Stallungen vorgestellt. Am Ende war Högl begeistert: "Ich habe mich umfassend über das Tragtierwesen informieren können. Von seinem Einsatzwert bin ich voll überzeugt", resümierte sie.

Der zweite Tag war den Reichenhaller Jagern gewidmet. Der Bataillonskommandeur des Gebirgsjägerbataillons 231, Oberstleutnant Dennis Jahn, stellte der Wehrbeauftragten den Verband vor. Auch vom Leistungsvermögen des Alleinstellungsmerkmals der Reichenhaller Gebirgsjäger, vom Gruppentransportkraftfahrzeug (GTK) Boxer, konnte sich die Wehrbeauftragte ein Bild machen. Mit diesem Fahrzeug gewinnt das Bataillon an Beweglichkeit, Schutz und Wirkung und kann somit durchschlagskräftiger eingesetzt werden. Der infanteristische Einsatz zu Fuß im Gebirge bleibt dennoch das bestimmende Merkmal dieses Gebirgsjägerverbands. Deshalb fehlte auch die ausführliche Einweisung in das gebirgseigentümliche Gerät sowie in die Ausrüstung der Gebirgstruppe nicht.

Die einzige aktive Heeresbergführerin, Hauptfeldwebel Beatrice Soyter, gab Einblicke. Der Auftrag der Gebirgsjäger – der Kampf im schwierigen bis extremen Gelände, einschließlich großer Höhen und unter extremen Klima- und Wetterbedingungen – stellt nicht nur hohe Anforderungen an Ausrüstung und Bekleidung in dem Operationsgebiet der Gebirgsjäger, sondern auch an den Gebirgssoldaten selbst. Diese Fähigkeiten wurden der Wehrbeauftragten in einer Vorführung demonstriert. Oberstleutnant Jahn machte die Besucherin vor diesem Hintergrund auf einen "Drahtseilakt" aufmerksam: "Die Sicherstellung unseres Kernauftrags im besonderen Fähigkeitsprofil der Gebirgsjägerbrigade 23, die sehr zeitintensive Ausbildung am GTK Boxer, die Amtshilfe und die regelmäßige Einsatzgestellung – wir kommen gerade erst aus Mali zurück und werden erneut im Oktober 2022 Einsatzkräfte für EUTM stellen – verlangt vor allem dem Führungspersonal vieles ab."

Zusammenhalt und Motivation imponierten

Erkenntnisse gewinnt Eva Högl nicht nur durch Truppenbesuche oder Gespräche. Auch durch Eingaben an die Wehrbeauftragte – also das direkte Vorbringen von Anliegen oder Missstände von Soldaten an ihre "Anwältin", ohne dabei den "Dienstweg" einhalten zu müssen, bekommt sie Informationen aus der Truppe. Für ein unmittelbares Stimmungsbild "aus erster Hand" kamen in Bad Reichenhall auch die Gespräche mit den Soldatinnen und Soldaten, vom Gefreiten bis zum Oberstleutnant, nicht zu kurz.

"Dies ist ein besonderer Standort und ein ganz besonderer Verband. Vor allem der kameradschaftliche Zusammenhalt, das Miteinander und die hohe Motivation haben mir heute sehr imponiert. Die Gesprächsrunden waren sehr intensiv. Die Soldatinnen und Soldaten haben viel vorgetragen – von der Infrastruktur über die Ausrüstung bis hin zum kameradschaftlichen Zusammenhalt", sagte Dr. Eva Högl am Ende des zweiten Tages und versprach, dass sie sich engagiert einsetzen werde, um für die angesprochenen Probleme Verbesserungen zu erreichen.

Beim Besuch des Gebirgsjägerbataillons 232 in Bischofswiesen informierte der stellvertretende Bataillonskommandeur, Oberstleutnant Benedikt Zacher, die Wehrbeauftragte über die Aufträge und Herausforderungen der Struber Jager. Etwa 100 Soldaten der 2. Kompanie des Bataillons stellen derzeit die Objektschutzkompanie für die Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen MINUSMA (Multidimensionale Integrierte Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali). Weitere 120 Soldaten der 3. Kompanie stehen auf Abruf für den Europäischen Trainingsmission EUTM (European Union Training Mission) bereit.

Corona heißt auch für die Struber sowohl bei den Einsatzvorbereitung als auch beim Einsatz selbst erheblicher organisatorischer Aufwand und persönliche Entbehrungen. "14 Tage Quarantäne vor dem Einsatz, Kohortenisolation vor Übungen und damit verbundene lange Abwesenheiten von der Familie", erklärte der stellvertretende Bataillonskommandeur im Detail.

Dem Gebirgsjägerbataillon 232 gehört eine Grundausbildungseinheit an, die Kompaniechefin Hauptmann Sandra Muth der Wehrbeauftragten vorstellte. "Ab 12. April werden schon die nächsten 167 Rekruten in Bischofswiesen ausgebildet. Für die Grundausbildung stehen insgesamt neun Wochen zur Verfügung. In durchgehenden zwei Wochenblöcken – täglich von 5 bis 22 Uhr, inklusive Wochenende – werden die Rekruten in getrennten Ausbildungskohorten und unter einem strengen Hygienekonzept ausgebildet. Vor Beginn eines jeden Ausbildungsblocks sind Schnelltests vorgesehen", erläuterte Hauptmann Muth.

Dr. Eva Högl zeigte sich begeistert von dem System: "Es ist gut, wenn die Rekruten durchgängig 14 Tage zu Beginn der Grundausbildung zusammen sind, damit sich die Ausbilder sowie die Kompaniechefin ein Bild von ihnen machen kann."

Mit politischer Bildung gegen Extremisten

Zuvor aber findet die obligatorische Ausbildung der Ausbilder statt, um einheitliche Standards festzulegen. Die Kompaniechefin berichtete zudem, dass zur Ausbildung auch politische Bildung gehört. Experten zeigen dabei den designierten Gruppenführern, wie sie Extremisten frühzeitig erkennen und herausfiltern können. Bei einer Fahrt mit den BV 206 Hägglunds machte sich die Wehrbeauftragte zudem ein Bild von dem Überschneefahrzeug.

Einmal jährlich werden gewonnenen Erkenntnisse zur inneren Lage der Bundeswehr im "Bericht des Wehrbeauftragten" dem Bundestag vorgelegt. "In den Jahresbericht fließen die Eingaben, die meldepflichtigen Ereignisse, die Truppenbesuche und sonstigen Gespräche ein, die ich führe. Mir geht es in meinem Bericht vor allem darum, die Soldatinnen und Soldaten zu unterstützen, indem ich Mängel klar anspreche und Positives hervorhebe", erklärte Dr. Eva Högl nach drei Tagen Visite bei der Gebirgstruppe.

− red