Rosenheim/Traunstein
Zwangsprostitution: 20 Monate Haft für "Hells Angels"-Präsident

26.05.2020 | Stand 21.09.2023, 21:46 Uhr

Der Präsidenten des Charters Rosenheim der Rocker-Gruppierung Hells Angels MC muss unter anderem wegen Zwangsprostitution für ein Jahr und acht Monate in Haft. −Symbolbild: ROBIN UTRECHT/dpa

Nicht wegen illegalem Drogenhandel wie zunächst gedacht, sonder unter anderem wegen Zwangsprostitution und Zuhälterei muss der Präsidenten des Charters Rosenheim der Rocker-Gruppierung Hells Angels MC für ein Jahr und acht Monate ins Gefängnis. Dazu verurteilte ihn das Amtsgericht Rosenheim am 12. Mai. Das Urteil ist laut Polizei rechtskräftig und zeigt deutlich, dass bei Zwangsprostitution nicht immer physische Gewalt, sondern auch Abhängigkeit eine Rolle spielen.

Der anfängliche Verdacht der Polizei, dass der 36-jährige Rocker in großen Mengen mit Kokain handelt, ließ sich laut Polizei im Laufe der Ermittlungen nicht feststellen. Dafür stieß sie auf andere Straftaten: Zuhälterei und Zwangsprostitution seien nur zwei davon.

Emotionale Abhängigkeit durch "Loverboy-Masche"

Wie die Polizei berichtet, soll der "Hells Angels"-Präsident seit 2018 nicht nur mit einer Prostituierten zusammengewohnt, sondern auch von ihren hohen Einnahmen gelebt haben. Offenbar gab seine Partnerin das Geld freiwillig ab und sorgte so für den arbeitslosen 36-Jährigen. Im Frühjahr 2019 holte er sich eine zusätzliche Frau - eine junge und alleinerziehende Mutter in finanziellen Schwierigkeiten - dazu. Im Rahmen der sogenannten "Loverboy-Masche" täuschte er zu der jungen Mutter eine Liebesbeziehung vor und baute so eine emotionale Bindung auf. Diese nutze er finanziell aus.

Luxus-Leben durch Zwangsprostitution

Die Ermittlungen der Polizei ergaben, dass sich die junge Mutter innerhalb kürzester Zeit selbst prostituierte, um sich aus der finanziellen Situation zu retten. Bis auf Kleinbeträge gab sie ihr hohen Einnahmen an den Rocker ab. Innerhalb von drei Monaten verdiente sie so knapp 40.000 Euro, die weder ihren hohen Schulden, noch ihr selbst zugutekamen. Im Gegenteil: Der 36-Jährige finanzierte damit sich und seiner ersten Lebensgefährten einen luxuriösen Lebensstil in einem modernen Einfamilienhaus mit Luxusfahrzeugen der Marken Harley Davidson, Bentley und Maserati.

Urteil als Signal

Die Loverboy-Masche des "Hell Angels"-Präsidenten flog im September vergangenen Jahres auf, als er nach intensiven Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Traunstein, dem Bayerischen Landeskriminalamt, der örtlich zuständigen Kriminalpolizeiinspektion Rosenheim sowie weiteren Fachdienststellen des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd festgenommen wurde. Das Urteil zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten ohne Bewährung fiel am 12. Mai vom Amtsgericht Rosenheim. Zudem musste er sein fünfstelliges Vermögen abgeben.

Das Amtsgericht setzt mit dem Urteil ein deutliches Signal hinsichtlich einer strafbare Ausbeutung von Prostituierten. Demnach müssen die Betroffenen nicht zwangsläufig mit Gewalt zur Prostitution gezwungen werden, sonder oft sei auch die finanzielle oder emotionale Anhängigkeit zum Zuhälter ein ausschlaggebender Punkt.

− ajk