Ohne Abstand und Maske
Zum Feiern über die Grenze: Ärger über Passauer Party-Touristen

19.07.2020 | Stand 22.09.2023, 0:04 Uhr

So machten die "Club Werkstatt"-Betreiber in Schärding/Oö zuletzt in den sozialen Medien noch Werbung für ihre Partys: "Wer freut sich wieder auf ein normales Wochenende? #fuckcorona #clubwerkstatt #eskalation". −Foto: Daiminger

Menschen aus Stadt und Landkreis Passau zieht es zum Feiern über die Grenze - ohne Abstand und Maske. Das berichtet die Am Sonntag (AS). Politiker beider Länder sind besorgt.

Während hierzulande die Betreiber von Bars, Nachtclubs und Diskotheken nach wie vor mit dem Ofenrohr ins Gebirge schauen und wegen der Corona-Pandemie die Schotten bei ihren Etablissements komplett dicht machen müssen, steppt in Österreich zum Teil schon wieder der Bär. Kein Wunder, dass das verwöhnte Partyvolk neidisch zu unseren rot-weiß-roten Nachbarn blickt.

Doch der geordnete Re-Start birgt auch gewisse Risiken mit sich. Gerade dann, wenn es Wirte und Geschäftsführer mit den Hygienevorschriften beziehungsweise Abstandregeln nicht (ganz) so genau nehmen. Ein Beispiel sorgt seit geraumer Zeit in der Stadt Schärding für gehöriges Aufsehen, ruft Politiker wie auch die Behörden auf den Plan. Das große Risiko für die hiesige Region hier bei uns: Gerade das junge Partyvolk aus Stadt und Landkreis Passau zieht es Woche für Woche über die Grenze. Das Motto: Feiern bis zum Abwinken - ohne Abstand und Hygienemaßnahmen.

Bezirkshauptmann: "Wollen Hotspot verhindern!"

Im "Club Werkstatt" etwa wird seit Wochen abgefeiert und getanzt, als hätte es Corona nie gegeben. Zuletzt standen auf den Parkplätzen auch immer mehr Autos aus Passau - der Party-Tourismus war in vollem Gange. Doch damit ist ab sofort Schluss.

Nach einer AS-Anfrage bei Bezirkshauptmann Dr. Rudolf Greiner hat man vor Ort sofort reagiert - und den Betreibern offenbar die vorläufige Einstellung des Betriebs nahegelegt. Gegenüber der AS machte Greiner klar, dass die Sicherheit der Bürger auf beiden Seiten der Grenzen absolut Vorrang hat. Zu den seit Wochen stattfindenden Partynächten in der "Club Werkstatt" teilte Bezirkshauptmann Dr. Greiner mit: "Der Betrieb wird aufgrund der aktuellen Situation bereits intensiver durch die Polizei kontrolliert. Es konnte mehrmals ein großer Publikumsandrang und auch ein sorgloser Umgang bei den Corona-Sicherheitsbestimmungen festgestellt werden. Die Polizei ist beauftragt, die Sicherheitsbestimmungen genau zu überwachen. Wir sind über die Sorglosigkeit in manchen Gaststätten sehr besorgt und werden daher auch dort verstärkt kontrollieren, um das Entstehen eines Hotspots zu verhindern."

Kritik an unvernünftigen Party-Touristen

Aber auch an den unvernünftigen Party-Touristen, welche zuletzt in Massen von Passau nach Schärding zum Feiern fuhren, übt Bezirkshauptmann Dr. Rudolf Greiner deutliche Kritik: "Ein sogenannter Partytourismus unter Missachtung von Sicherheitsbestimmungen von Passau nach Schärding ist in Corona-Zeiten absolut nicht im Sinn der Behörde. Damit würde auch die monatelange erfolgreiche Arbeit unseres Krisenstabes zunichte gemacht werden."

Offenbar haben die "Club Werkstatt"-Betreiber aufgrund der deutlichen Worte bereits reagiert und den Betrieb vorerst eingestellt. Eine fürs Wochenende angekündigte Neon-Party fand nicht mehr statt. Die Betreiber äußerten sich in den sozialen Netzwerken und teilten den Gästen dort mit: "(...) Auch dieses Wochenende haben sich wieder sehr viele von euch angekündigt und das freut uns sehr! Leider ist es aber so, dass wir die aktuell geltenden, rigorosen Regelungen der Bundesregierung in punkto Mindestabstand und Social Distancing mit unserem aktuellen Konzept nicht mehr umsetzen können. Besorgte Stellen des öffentlichen Lebens haben uns daher kontaktiert und uns darauf aufmerksam gemacht, dass der öffentliche Friede und das Gemeinwohl über allem steht. Das verstehen wir natürlich und sind der selbigen Meinung. Deshalb haben wir uns entschlossen, unsere Veranstaltungen dieses Wochenende entfallen zu lassen." Die Betreiber wollen nun ein "tragfähiges Sicherheitskonzept" mit den öffentlichen Stellen erarbeiten, um das Lokal zeitnah wieder eröffnen zu können.

Landrat, OB und MdL irritiert

Besorgt und irritiert zeigten sich am Samstag auf AS-Anfrage auch die Spitzenpolitiker aus der Passauer Region. In einer ersten Stellungnahme heißt es dazu aus dem Landratsamt: "Mit den Erkenntnissen zur Verbreitung des Virus ist es aus unserer Sicht unverantwortlich hier jede Vorsicht über Bord zu werfen. Es hat sich schon in den vergangenen Wochen gezeigt, dass für die Grenzregion in den verschiedensten Bereichen - zum Beispiel Maskenpflicht beim Einkaufen oder Öffnung der Thermalbäder und Tourimusbetriebe - einheitliche Regelungen sehr zu begrüßen wären. Die aktuellen Infektionsfälle zeigen ganz deutlich, wie hoch das Ansteckungsrisiko nach wie vor ist. Jeder sollte sich dessen bewusst sein und für sich und seine Mitmenschen Verantwortung übernehmen."

"Das Virus kennt keine Grenzen. Das gilt offenbar auch für die Unvernunft mancher Leute und die Skrupellosigkeit von Geschäftemachern", zeigt auch Landrat Raimund Kneidinger seinen Unmut. "Es ist wichtig, dass wir das Erreichte nicht gefährden. Ich appelliere deshalb an alle, die allgemeinen Hygieneregelungen einzuhalten. Man sollte keinesfalls vergessen, dass es Menschen gibt, die einer Risikogruppe angehören und für die eine Infektion mit Corona schwerwiegende Folgen haben könnte", erklärte OB Jürgen Dupper gegenüber der AS.

Und auch MdL Gerhard Waschler wird ziemlich deutlich: "In erster Linie ist es ein Problem der Republik Österreich als souveräner Staat. Wenn der entsprechende Club, beziehungsweise die Veranstaltungen, tatsächlich als grenzwertig einzustufen sind, müssen die dortigen Behörden - gerade in Corona-Zeiten - schnell und mit aller Härte handeln. Sonst kann das originäre Problem unserer Nachbarn sehr schnell auch zu unserem werden - siege Ischgl - und zu uns nach Passau ,mitreisen‘. Von bayerischer Seite müssen daher unsere österreichischen Freunde sofort gebeten werden, unverzüglich alle notwendigen Schritte einzuleiten, um eine Gefährdung durch einen derartigen Clubbetrieb sofort zu unterbinden."