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Zauberhaft, überdreht, österreichisch – Das Bilderbuch-Überraschungsalbum "Mea Culpa"

06.12.2018 | Stand 19.09.2023, 22:46 Uhr

Auf "Mea Culpa" stellen Sänger Maurice Ernst und seine Mannen von Bilderbuch, hier bei einem Auftritt beim Gurten Open Air in Bern, ihre herausragenden Fähigkeiten als Komponisten unter Beweis. −Foto: Peter Klaunzer/KEYSTONE/dpa

Bilderbuch ist eine Band, die ihre Fans immer wieder aus der Fassung bringt. Sie spuckt musikalische Ideen aus wie ein aktiver Vulkan. Diesmal überraschen die Österreicher sogar mit einem unangekündigten Studioalbum. Am Mittwoch war sie plötzlich da, die neue Scheibe "Mea Culpa". Und nächstes Jahr wollen sie noch mehr Rambazamba machen.

Schon beim Eröffnungsstück "Sandwishes" zeigt sich, wie virtuos das Quartett auf "Mea Culpa" mit Musik und Sprache umgeht. Worte werden umgestülpt und auf ihre phonetische Qualität reduziert.
"Wir haben einen ganz anderen Anspruch als zum Beispiel Kraftklub", erklärt Sänger Maurice Ernst seine Herangehensweise an Musik: "Wir provozieren Bilder, die den einen stören und den anderen genau da treffen, wo sie ihn treffen sollen." Das sei natürlich ein waghalsiges Spielchen. Bilderbuch wollen "die deutsche Sprache klingen lassen, ohne dass sie negativ als ebensolche auffällt".

Eine Frage stehe dabei für Maurice Ernst stets im Vordergrund: "Wie muss ich ein bestimmtes Wort darbieten, um ihm einen Zauber zu verleihen?"

Die Musik ist fast schon überfrachtet mit kompositorischen Effekten und entrückten Sounds, sodass man zuweilen nur noch dasitzt und staunt. Zum Glück mündet ihre Zerstörung von "normalen" Songelementen nicht in die Unverständlichkeit. Bilderbuch bieten immer wieder überzeugende Melodieführungen und Refrains. Ihre lässigen Songs irgendwo zwischen Pop, Progressive-Rock, Hip-Hop, G-Funk, Frickel-Sounds und Jazz bleiben immer hörbar, und der leicht überspannte Gesang von Maurice Ernst bildet streckenweise eine Basis zu dem, was sich instrumental dazu abspielt.
Maurice Ernst hat das Gefühl, dass solche Klänge nur in Wien entstehen können. Wäre er in Deutschland groß geworden, würde er sicher andere Musik machen, denkt er: "Wien bzw. Österreich hat diese Eigenwilligkeit. Diese hat es in Deutschland nicht schon so früh gegeben. Wahrscheinlich ist das mit ein Grund, warum jetzt genau wieder in Wien in unserer eigenen Poptradition etwas Düsteres, aber auch Lässiges passieren kann, das so klingt, wie es klingt." Nämlich: "Ein bisschen österreichisch."

Der Sänger empfindet deutschsprachige Musik im Allgemeinen als sehr korrekt, "ein bisschen kalt und ernst. Und wenn es nicht ernst zugeht, dann extrem lustig. Ich finde, man darf alles verbinden. Bei uns versteht man vielleicht nicht alles, aber dafür kriegt das gesungene Wort einen ganz anderen Drive."

Recht hat er. Unzähliges Überdrehtes fließt bei dieser Platte zusammen, um dann abzuheben. Bilderbuch beweisen einmal mehr, dass sie hervorragende Komponisten sind, die wissen, wie sie verschiedene Musikwelten zu einer einzigen verschmelzen können. Umso besser, dass schon bald Nachschlag kommt: Das nächste Album "Vernissage My Heart" erscheint im Februar. Übrigens: Bis dahin gibt es "Mea Culpa" nur digital.

Maschin Records, Digitalversion ca. 10 Euro