Passau
"Wir dürfen nicht nachlassen"

Dr. Daniel Marold plant und koordiniert als "Versorgungsarzt" die ärztlichen Leistungen im Landkreis

03.04.2020 | Stand 21.09.2023, 3:49 Uhr

Dr. Daniel Marold an seinem vorübergehenden Arbeitsplatz im Landratsamt Passau −Foto: Landratsamt

Um die medizinische Versorgung in der Bevölkerung sicherzustellen, ist seit einer Woche in Bayern in jedem Landkreis ein Versorgungsarzt eingesetzt. Für den Landkreis Passau ist Dr. Daniel Marold (42) zum Versorgungsarzt ernannt worden.

Seit einer Woche sind Sie Versorgungsarzt für den Landkreis Passau. Wie kam’s?
Marold: Ich bin völlig unerwartet zu dieser Aufgabe gekommen. Es gab vor einer Woche die Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung, dass jeder Landkreis und jede kreisfreie Stadt einen Versorgungsarzt zu stellen hat. Dann ging es schnell: Ich erhielt einen Anruf, am Sonntag saß ich mit dem Landrat zusammen, am Montag wurde ich offiziell ernannt. Eigentlich bin ich Facharzt für Allgemeinmedizin in der Gemeinschaftspraxis Germannsdorf bei Hauzenberg und zudem zwei Tage pro Woche als Anästhesist im Krankenhaus Wegscheid tätig. Jetzt habe ich für die Zeit während der Krise einen Arbeitsplatz hier am Landratsamt. Danach werde ich wieder für meine Patienten da sein. In der Zwischenzeit kümmern sich meine Kollegen der Gemeinschaftspraxis um sie.
Meine Aufgabe ist es, Strukturen im Landkreis zu schaffen, die die Versorgung der Covid-19-positiven- oder Verdachtspatienten absichern. Ich versuche, ein dezentrales Versorgungsnetzwerk an Schwerpunktpraxen aufzubauen, also Allgemein- und Facharztpraxen zu finden, die sozusagen als Backup für die Versorgung der Bevölkerung dienen.

Warum gibt es jetzt sogenannte Schwerpunktpraxen?
Marold: Zunächst einmal gilt: Patienten sollen sich weiterhin mit all ihren Belangen an ihre Praxen wenden, sowohl an Hausarztpraxen als auch an Facharztpraxen. Alle Praxen versorgen ihre Patienten wie bisher und ohne Unterschied im Vergleich zu den Schwerpunktpraxen.
Zehn Praxen im Landkreis haben wir zu sogenannten Schwerpunktpraxen ernannt: Sie sind als zusätzliche Sicherheit zur Versorgung der Bevölkerung gedacht, als Rückfallebene. Ich nenne ein Beispiel: Eine Hausarztpraxis fällt aus, weil sich der Arzt und sein Personal mit Covid-19 infiziert haben. Die Praxis muss schließen – wohin aber wenden sich die Patienten, die normalerweise diese Praxis aufsuchen? Sie können sich jetzt eben an unsere Schwerpunktpraxen wenden. So stehen Patienten nicht alleine da, wenn sie kurzzeitig ihren Hausarzt verlieren. Sie haben jemanden, an den sie sich wenden können, wenn ihre üblichen Strukturen nicht verfügbar sind.
Wichtig ist mir: Die Schwerpunktpraxen sind keine Abstrichpraxen! Ich kann also nicht einfach zu einer Schwerpunktpraxis hinfahren, weil ich mich einfach mal testen lassen möchte, das ist nicht der Sinn. Wenn ich Symptome zeige oder den Verdacht habe, an Covid-19 erkrankt zu sein, gilt der gleiche Grundsatz wie bisher: Ich melde mich unbedingt vorher telefonisch bei meinem Hausarzt oder in den Schwerpunktpraxen.

Ihre Prognose: Schaffen wir es, italienische Zustände zu verhindern?
Marold: Ich persönlich glaube, ja. Wir können aus der Lage in anderen Ländern lernen und haben einen zeitlichen Vorsprung, der uns den Spielraum gibt, die nötigen medizinischen Versorgungsstrukturen zu schaffen. Viel liegt an uns selbst: dass wir den Empfehlungen zur sozialen Distanzierung nachkommen. Wir müssen den Menschen immer wieder sagen, wir dürfen nicht nachlassen, wir brauchen diese Maßnahmen. Ich weiß, es ist katastrophal, dass es beispielsweise keinen Besuch mehr in Seniorenheimen geben darf. Aber das brauchen wir jetzt, denn auf den Alten und Schwachen muss jetzt unser Fokus liegen. Und dann glaube ich, dass wir das in Deutschland schaffen.

− san



Das ganze Interview lesen Sie in Ihrer Ausgabe der Passauer Neuen Presse vom 4. April 2020 im Lokalteil Passau.