"Wer nicht zart besaitet ist, der kämpft sich schon durch"

Zum Weltfrauentag: Carmen Schnupp (35) über ihr Unternehmertum und weiblichen Nachwuchs in der Werkstatt

07.03.2020 | Stand 21.09.2023, 3:12 Uhr

Mehr Unternehmer-Kolleginnen wünscht sich anlässlich des Weltfrauentags Carmen Schnupp. −Foto: Bäumel-Schachtner

Bogen. In der Wirtschaft gibt es starke Frauen – aber immer noch zu wenige Unternehmerinnenpersönlichkeiten, findet Carmen Schnupp. Sie ist 35 Jahre alt und führt seit sechs Jahren mit ihrem Vater ein Unternehmen, das sich eher nach Männerdomäne anhört: Die Firma Schnupp Hydraulik in Bogen. Auf Tagungen vermisst sie oft Kolleginnen – findet aber dennoch, dass sich in Sachen Gleichberechtigung schon viel getan hat.

Naturwissenschaften haben Carmen Schnupp immer schon interessiert. Physiklehrerin wollte sie eigentlich werden. Bis sie in den Probeunterricht ging und merkte, dass das nichts für sie ist: "Wenn man als Lehrer eine Klasse abgeschlossen hat, dann wiederholt sich alles. Das war so gar nicht mein Ding."

Sie entschied sich für ein Maschinenbau-Studium, wie schon der Vater und der Bruder, an der FH Deggendorf. Das erste Praxissemester absolvierte sie beim Gabelstapler-Hersteller Linde in den USA. "Das hatte damals schon rein zufällig mit Hydraulik zu tun", blickt sie heute schmunzelnd zurück. Das zweite Praxissemester führte sie zu BMW in München in die Bremsenentwicklung. Sie wurde wegen der nahenden Krise zwar nicht übernommen, doch an MAN empfohlen.

Drei Jahre arbeitete die gebürtige Niederbayerin dort, beschäftigte sich mit der Euro6-Sensorik und mit Hybridbussen. Dann, zum 1. Januar 2011, holte BMW die junge Diplom-Ingenieurin für die Bremsenentwicklung zurück. Achteinhalb Monate später verunglückte ihr älterer Bruder, der das Familienunternehmen übernehmen sollte, auf tragische Weise tödlich.

Zur Trauer kam die Frage um die Nachfolge im Betrieb mit knapp 200 Mitarbeitern, den Vater Konrad Schnupp vor 40 Jahren gegründet hatte. Schnupp übte auf seine Tochter keinerlei Druck aus. Diese entschied sich, in Teilzeit bei BMW zu arbeiten und gleichzeitig zu Hause auszuprobieren, ob ihre Zukunft in der Hydraulikfirma liegt – und was die Mitarbeiter zu einer jungen Chefin sagen. Carmen Schnupp ist keine, die sich schüchtern hintenanstellt. Sie weiß, was sie kann, und wenn sie etwas zu sagen hat, dann sagt sie das auch. Die Mitarbeiter akzeptierten die junge Frau – und auch die Kunden.

Am 1. Januar 2014 trat sie daher zusammen mit ihrem Vater Konrad die Unternehmensleitung an. Sie ist vor allem für die IT und die Personalführung zuständig und sitzt an sämtlichen Verhandlungstischen. Gerade in Sachen Personalführung bringt sie bewusst eine weibliche Note ins Spiel: "Ich sage zu den Frauen, die sich bewerben, gleich ganz bewusst, ob sich ihr Beruf später mit einer Familie vereinbaren lässt. Diese bescheinigen uns, dass wir uns damit von anderen Unternehmen abheben."

Frauen müsse man heutzutage gar nicht mehr schützen, findet Carmen Schnupp: "Sie haben viel erreicht und können sich durchsetzen. Was man aber schützen muss, sind Familien." Im Unternehmen beträgt die Frauenquote rund 17 Prozent und könnte höher sein: "Aber viele typische Frauenberufe wie Produktionszuarbeiterinnen werden durch die Digitalisierung abgeschafft. Dennoch bekommen wir auch in den technischen Berufen nun mehr Mädels." Im September beginnen sechs Azubis ihre Lehre, darunter zwei angehende Mechatronikerinnen.

Bereits seit 15 Jahren hält der Hydraulik-Hersteller ein Technik-Camp für Mädchen ab. Dies unterstützt auch Carmen Schnupp sehr. Klar müssen sich ihr zufolge Mädchen in Männerberufen durchbeißen: "Allzu zart besaitet sollte man nicht sein, denn es kann schon passieren, dass die Jungs nach zwei Wochen Schonfrist einmal aufdrehen und ein paar Sprüche kommen. Aber eine starke Frau schafft das."