Claas Relotius wurde Auszeichnung aberkannt
Vilshofener berichtet aus Krisengebieten und erhält renommierten Preis

29.01.2019 | Stand 19.09.2023, 23:01 Uhr

Im Zentrum des syrischen Raqqa war Raphael Geiger im Mai 2018 zusammen mit Fotografin Nicole Tung unterwegs. Die Stadt war befreit, aber hochgefährlich: Nicht entschärfte Sprengfallen und IS-Schläferzellen drohten. Das Risiko einer Entführung war groß. −Fotos: privat

Der aus Vilshofen stammende Journalist Raphael Geiger (28) berichtet aus Syrien, Indien, Irak und der Türkei . Seine Reportage aus der umkämpften Stadt Aleppo wurde preisgekrönt. Er erhielt dafür den renommierten Peter-Scholl-Latour-Preis, den die Plan-Stiftung und deren Pate Ulrich Wickert für Berichterstattung in Krisengebieten vergibt.

Der Preis war ursprünglich im September an den Spiegel-Redakteur Claas Relotius verliehen worden, der jedoch, wie im Dezember öffentlich wurde, neben anderen Reportagen auch den prämierten Text in weiten Teilen gefälscht hatte. Geiger lebt in Athen und berichtet seit 2015 für das Magazin Stern aus Krisengebieten im Nahen Osten.

Die PNP hat den Preisträger interviewt:

Ihre Reaktion, als Sie den Peter-Scholl-Latour-Preis nachträglich erhielten?

Raphael Geiger: Kurz vor Weihnachten, als der Spiegel den Skandal um Claas Relotius öffentlich machte, war ich gerade zu Besuch in der Stern-Redaktion in Hamburg. Die Jury des Scholl-Latour-Preises entzog Relotius den Preis sofort, rief mich an und sagte mir, dass ich der neue Preisträger sei. Ich war ziemlich geschockt von der Sache mit Relotius, deshalb dauerte es eine Weile, bis ich mich wirklich über den Preis freuen konnte.

Sie erhielten den Preis für Ihre Reportage in Aleppo 2017, die im Stern erschien. Wie gefährlich war es dort zu recherchieren?

Geiger: Syrien ist generell ein schwieriges Gebiet für Journalisten, wobei die Gefahren sehr unterschiedlich sind. Ich war seit 2017 dreimal in Syrien. Die erste Reise führte im Juli 2017 ins Kurdengebiet und bis nach Raqqa, wo gerade mitten in der Stadt gegen den IS gekämpft wurde. Da gab es die klassischen Kriegsgefahren: beschossen zu werden, wenn man über Straßen läuft, die im IS-Schussfeld liegen, Minen, Sprengfallen und Granatbeschuss. Dieses Risiko kann man reduzieren, indem man nicht allzu lange an der Front bleibt oder der vordersten Linie nicht allzu nahe kommt. Vielleicht war meine gefährlichste Syrien-Reise die dritte: Im Frühjahr 2018 war ich noch mal in Raqqa – mittlerweile komplett befreit, aber voller nicht entschärfter Sprengfallen. Und vor allem voller IS-Schläferzellen. Da war die Entführungsgefahr hoch. Vor jeder Reise sprechen wir – Fotograf, Übersetzer und ich – über die konkreten Gefahren und versuchen sie zu minimieren. Angst verspüre ich manchmal, klar. Sie ist wichtig, denn sie hindert einen daran, Risiken einzugehen, die es nicht wert sind.

− ge

Ein ausführliches Interview mit Raphael Geiger lesen sie im Vilshofener Anzeiger vom 30. Januar (Online-Kiosk) oder kostenlos im PNP Plusportal.