Gesetzentwurf vorgelegt
Verstöße kosten bis zu 50.000 Euro: Bayern bekommt ein Lobbyregister

27.04.2021 | Stand 21.09.2023, 2:15 Uhr

Eine Bayernflagge weht vor dem Münchner Landtagsgebäude: Künftig sollen Interessenvertreter transparenter arbeiten müssen. −F.: dpa

Nach jahrelangem Tauziehen bekommt auch Bayern ein Lobbyregister. Die Regierungsfraktionen von CSU und Freien Wählern legten am Dienstag in München einen entsprechenden Gesetzentwurf vor.

Die Lobby, das ist gemeinhin der Vor- oder Empfangsraum eines Gebäudes. In den meisten Hotels gibt es das heute noch. In früheren Zeiten tummelten sich in den Lobbys der Parlamente die Interessenvertreter, die die Abgeordneten vor einer Abstimmung noch mal auf Kurs zu bringen suchten – woraus dann der Begriff des Lobbyismus entstand. Noch immer haftet ihm ein gewisser Ruch an, obwohl institutionalisierte Interessenvertreter den Abgeordneten wertvollen Input für Meinungsbildung und Gesetzgebung geben können – ein hochprofessioneller Berufszweig, der da entstanden ist. Andererseits funktioniert Lobbyismus heute nicht mehr nur in der Vorhalle eines Parlaments, sondern er ist in den Plenarsälen selbst angekommen – wie die aktuellen Vorgänge rund um die millionenschweren Masken-Deals zeigen.

So oder so: Viele Bürger wünschen sich mehr Transparenz – und wollen wissen, welche Organisationen und Verbände an welcher Stelle an Gesetzgebung und staatlichem Handeln beteiligt waren. Deshalb soll nun in Bayern ein Lobbyregister entstehen.

Lobbyregistergesetz soll noch 2021 in Kraft treten

Interessenvertreter, so sieht es das von CSU und Freien Wählern eingebrachte Lobbyregistergesetz vor, das am 5. Mai in erster Lesung im Plenum des Landtags behandelt und noch in diesem Jahr in Kraft treten soll, müssen künftig umfassende Angaben zu ihrer Identität und ihren Auftraggebern sowie zum Gegenstand und zur Finanzierung der Interessenvertretung machen. Verbunden ist das mit der Pflicht, sich an einen festgelegten, verbindlichen Verhaltenskodex zu halten.

Vorgesehen sind eine Registrierungspflicht für organisierte Interessenvertreter, die eine Interessenvertretung gegenüber dem Landtag oder der Staatsregierung (also gegenüber Legislative und Exekutive) ausüben. Ausnahmen von der Registrierungspflicht gelten beispielsweise für Privatpersonen, die ausschließlich persönliche Interessen an einen Abgeordneten herantragen oder für Kirchen und Gewerkschaften, die von der Verfassung besonders geschützt werden. Vor Eintragung in das bayerische Lobbyregister ist dieser Kodex von den Interessenvertretern als für sie verbindlich anzuerkennen. Und: Es gibt happige Sanktionen für Verstöße: Bis zu 50.000 Euro beträgt die Geldbuße für Verstöße.

Seitenhieb von der Landtags-SPD

Die Landtags-SPD begrüßt den Vorstoß von CSU und Freien Wählern – allerdings nicht ohne einen hämischen Seitenhieb. Er freue sich über den Entwurf für ein Lobbyregistergesetz, so SPD-Fraktionschef Horst Arnold, schließlich hätten CSU und Freie Wähler den Entwurf seiner SPD-Fraktion vom Dezember vergangenen Jahres "quasi ohne nennenswerte Unterschiede" übernommen. Warum CSU und Freie Wähler dem nicht schon im vergangenen Jahr zugestimmt haben, erschließt sich dem SPD-Fraktionschef allerdings nicht. "Warum einfach, wenn’s auch kompliziert geht", wunderte sich Arnold. Weitere verbindliche Regelungen fordert er nun auch für Abgeordnete – sie müssten ihre Nebentätigkeiten und ihre Einkünfte daraus genau offen legen. Es brauche eine klare Eingrenzung von beruflichen Tätigkeiten, die zu Interessenskonflikten mit dem Mandat führen können. "Skandale wie die Tätigkeiten des ehemaligen CSU-Abgeordneten Sauter müssen ein für alle Mal der Vergangenheit angehören", sagte Arnold.

Derlei ahnt man in der CSU auch: "Gerade in diesen Zeiten ist es extrem wichtig, das Vertrauen der Bürger in die Politik zurückzugewinnen", sagte CSU-Fraktionschef Kreuzer gestern und gab zu, dass man deshalb "bewusst unsere Transparenzoffensive gestartet" habe. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Fraktion, Tobias Reiß, sagte dazu: "Als Service für den Bürger werden künftig die Stellungnahmen der registrierten Interessenvertreter zusammen mit der Gesetzesvorlage auf der Homepage des Landtags sichtbar sein. So machen wir auf einen Blick deutlich, wer versucht, Einfluss auf die Staatsregierung oder die Fraktionen im Landtag zu nehmen. "

Hold (FW): Kein "Reflex auf die jüngsten Skandale"

Unterdessen reklamieren die Freien Wähler das Copyright des bayerischen Lobbyregisters für sich: "Die Idee, mit einem Lobbyregister mehr Transparenz in die Bayerische Landespolitik zu bringen, verfolgen wir Freie Wähler, seit wir 2008 zum ersten Mal in Bayerns Landtag eingezogen sind. Daran hat sich auch durch unsere Beteiligung an der Staatsregierung nichts geändert. Wenn wir heute nun Vollzug vermelden können, geschieht dies zum richtigen Zeitpunkt", so deren Parlamentarischer Geschäftsführer, Fabian Mehring. Und auch der Freie-Wähler-Landtagsvizepräsident Alexander Hold, früherer Fernsehrichter, will es gewesen sein: "Bereits im letzten Jahr habe ich gefordert, dass Bayern den bundesweiten Standard für transparente Politik setzen soll." Gesetze dürften "nicht im Dunkeln mit Verbänden und Lobbyisten ausgehandelt werden", die Bürger hätten "Interesse und Anspruch darauf, zu erfahren, wer sich für welche Regelungen eingesetzt hat". Dass das jetzt umgesetzt werde, so Hold, sei aber kein "Reflex auf die jüngsten Skandale" – vielmehr habe es halt gedauert, bis es ordentlich vorbereitet gewesen sei.