Übersinnliche Fähigkeiten im Test

"Skeptiker" untersuchen Parawissenschaften

01.08.2017 | Stand 01.08.2017, 4:00 Uhr

Würzburg. Marcel Polte ist zuversichtlich. "Zu fünfzig Prozent gelingt mir das. Das muss reichen", sagt der promovierte Jurist aus dem Rhein-Main-Gebiet, der schon für viele Großkanzleien gearbeitet hat und das auch bis heute im Hauptberuf tut. Doch seine Zuversicht hat nichts mit der Juristerei zu tun. Der 42-jährige Anwalt will sich im August einem ganz besonderen Wettbewerb in Würzburg stellen. Dort lädt die sogenannte Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP), die sich kurz "Die Skeptiker" nennt, einmal pro Jahr zum Psi-Test. Dabei werden übersinnliche Fähigkeiten unter wissenschaftlichen Bedingungen getestet. Polte will dort seine telekinetische Begabung beweisen.

"Ich interessiere mich seit Jahren schon für paranormale Vorgänge", sagt Polte. Er ist im Zweitberuf Heilpraktiker für Psychotherapie, bietet in seiner Praxis Raucherentwöhnung oder Abnehmunterstützung unter Hypnose an. Daneben beschäftigt er sich mit "Remote Viewing", was zu deutsch "Hellsehen" bedeutet. Anfang 2017 sei er darauf gestoßen, dass er "gewisse Fähigkeiten" habe, nämlich auf mentalem Weg Objekte in Bewegung zu versetzen: Tele- oder Psychokinese. Polte meint, dass jeder solche Fähigkeiten habe, aber häufig nicht nutzen kann.

Polte hat ein Video ins Netz gestellt, das ziemlich den Versuchsaufbau zeigt, mit dem er beim Psi-Test antreten und die 10000 Euro Preisgeld abräumen will. Ein kleines Stück Folie oder Papier lagert beweglich auf einer Nadelspitze, über den Aufbau ist eine Glasvase gestülpt. "Damit Luftzirkulationen ausgeschlossen werden", sagt er. Mit der Kraft seiner Gedanken will er das Papier dann in Bewegung versetzen, also drehen lassen. Im Internetvideo sieht man genau das – das jedoch genügt der GWUP nicht. Sie will unter Laborbedingungen Beweise sammeln. "Ein Versuch ist es wert", findet Polte. Auch wenn die Wettbewerbssituation für ihn Stress bedeute: "Und das ist hinderlich fürs Unterbewusste."

Der Würzburger Biologe und Wahrnehmungsforscher Rainer Wolf ist Psi-Test-Versuchsleiter und Mitglied im "Skeptiker"-Wissenschaftsrat. Für ihn ist etwas erst dann glaubwürdig, wenn es wissenschaftlich bewiesen ist. Homöopathie, Kinesiologie, Wünschelrutengehen – alles derzeit nicht wissenschaftlich bewiesen. Die GWUP erwarte nicht, dass sich etwas Übersinnliches bei den Psi-Tests beweisen lassen wird, aber sie ist offen dafür, sich unter Laborbedingungen eines Besseren belehren zu lassen: "Es geht nicht um Glauben, sondern um Wissen!"

Die meisten der bisher über 60 Teilnehmer seien, obwohl sie keinen Erfolg hatten, "keine Scharlatane", sondern waren von ihren angeblichen Fähigkeiten überzeugt – doch alle scheiterten. Nur drei sahen nach den missglückten Versuchen ein, dass ihre Fähigkeiten gar keine waren, sagt Wolf. Marcel Polte ficht das nicht an. "Das Problem ist doch: Bei diesem Psi-Test haben offenbar nur Menschen teilgenommen, die sich eingebildet hatten, Fähigkeiten zu haben, oder diese unter Erfolgsdruck nicht abrufen konnten", sagt er und hofft, mit den Störfaktoren besser umgehen zu können. Nach den Tests nächste Woche wird er es wissen.

− epd