München
Tierschützer: Gefährlich an Kampfhunden sind die Zweibeiner

06.07.2018 | Stand 21.09.2023, 6:44 Uhr
Der Rottweiler Apollo aus der "Hellhound Foundation" trägt einen Maulkorb. −Foto: Foto: Philipp Schulze/Archiv

Nachdem Hundeattacken auf Menschen zuletzt immer wieder für Schlagzeilen gesorgt haben, wollen Münchner Tierschützer das Image von Kampfhunden geraderücken. "Andere Rassen sind oft viel gefährlicher, zum Beispiel Deutsche Schäferhunde oder Malinois", sagte der stellvertretende Vorsitzende des Münchner Tierschutzvereins, Claus Reichinger. Er will erreichen, dass die Politik die strengen Vorgaben zur Haltung der Tiere im Freistaat lockert. An diesem Sonntag will der Verein die jüngsten Vorfälle im Rahmen eines Informationstags aufarbeiten.

Im Mai hatte ein Rottweiler Passanten am Münchner Hauptbahnhof angegriffen. Weil das Tier nicht unter Kontrolle zu bringen war, wurde es von der Polizei erschossen. Davor hatte der Fall des Terrier-Mischlings "Chico", der in Hannover (Niedersachsen) seine Besitzer totgebissen hatte, die Debatte über Kampfhunde befeuert. Das Tier wurde später eingeschläfert. In Hessen starb ein sieben Monate altes Baby, nachdem ihm ein Kampfhund in den Kopf gebissen hatte.

In Bayern sind Kampfhunde in zwei Kategorien unterteilt. In der ersten Kategorien werden Rassen geführt, denen "Aggressivität und Gefährlichkeit unwiderlegbar unterstellt werden", wie es bei der bayerischen Polizei heißt. Dazu zählen zum Beispiel der American Pitbull Terrier oder der American Staffordshire Terrier. Um sie zu halten, braucht es eine spezielle Erlaubnis. Dazu muss unter anderem ein "berechtigtes Interesse" an der Haltung nachgewiesen werden. Hunden der Kategorie 2 - darunter fallen etwa Rottweiler - wird eine gesteigerte Aggressivität zwar unterstellt. Diese kann aber im Einzelfall durch einen Wesenstest und ein Gutachten widerlegt werden.

Claus Reichinger kritisiert vor allem, dass der Begriff des "berechtigten Interesses" nicht klar definiert sei. Jede Gemeinde könne willkürlich entscheiden, wie gefährlich ein Hund sei und ob er gehalten werden dürfe. Er will mit der Politik ins Gespräch kommen, um den Begriff neu zu diskutieren.

Das bayerische Innenministerium teilte dazu mit, dass gesetzlich durchaus definiert sei, wann ein "berechtigtes Interesse" vorliegt. So reiche ein reines "Liebhaberinteresse" nicht aus. Im entsprechenden Gesetzestext heißt es, ein solches Interesse könne "wissenschaftlicher, wirtschaftlicher oder ggf. sonstiger persönlicher Art" sein. Als mögliche "geeignete Personen" werden beispielsweise Hundesachverständige oder Polizeihundeführer genannt. Für eine Änderung oder Ergänzung dieses Begriffs gebe es derzeit keinen Bedarf, teilte ein Ministeriumssprecher mit.

Insgesamt hat sich die aktuelle strenge Regelung aus Sicht des Innenministeriums bewährt - gerade weil "immer wieder Hundehalter mit ihren Tieren überfordert sind". "Sie ermöglicht es den Sicherheitsbehörden, potenziell aggressive Hunde frühzeitig zu erkennen und die entsprechenden Maßnahmen und Anordnungen zu treffen", teilte der Sprecher weiter mit.

Natürlich, sagt Reichinger, gebe es gefährliche Exemplare unter Kampf- oder "Listenhunden", wie er sie lieber nennt. Er betonte aber: "Die Gefahr, die von einem Hund ausgeht, ist nicht der Vierbeiner, sondern der Zweibeiner." Die Halterin des Rottweilers, der am Hauptbahnhof auf Passanten losgegangen war, hätte das Tier aus seiner Sicht nie in der Innenstadt von der Leine lassen dürfen.