PNP-Interview
So will Ministerpräsident Markus Söder den ländlichen Raum stärken

04.08.2018 | Stand 19.09.2023, 22:50 Uhr

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gibt sich beim Sommergespräch im Garten der Münchner Redaktion entspannt – trotz schlechter Umfragewerke für die CSU, die derzeit unterhalb der 40-Prozent-Marke liegt. Was ihn in der politischen Debatte derzeit störe, sei fehlender Anstand im Umgang miteinander, sagt er. − Fotos: Schmidhuber

Ein neues Förderkonzept und eine neue Wirtschaftsagentur sollen umzugswillige Unternehmen, etwa aus München, künftig verstärkt in den ländlichen Raum lotsen. Das bedeute aktives Wachstum für ländliche Regionen und Entschleunigung in den Ballungszentren – und sei für beide gut, findet Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) im PNP-Interview. Von den schlechten Umfragewerten seiner Partei vor der Landtagswahl im Oktober wolle er sich derweil nicht treiben lassen – lieber setze er auf Sachpolitik, sagt er.

Herr Söder, was ist gerade los mit der CSU? Die Wirtschaft brummt, die Arbeitslosigkeit ist niedrig, die Verschuldung sinkt, Bayern wächst und gedeiht, die Geburtenrate ist höher als die Sterberate, sogar der Sommer ist schön. Das sollten doch paradiesische Umstände für eine Landtagswahl sein.
Markus Söder: In der Tat geht es Bayern so gut wie nie. Wir leben in wirtschaftlich besten Zeiten. Aber das kann sich auch ändern. Die Veränderungen der internationalen Globalisierung, der Handelsstreit mit den USA und der Brexit, können die Lage verändern. Umso wichtiger ist, dass Bayern seine Position erhält: Bayern soll Sprungbrett für Zukunft und Innovation sein und Schutzschild für diejenigen, die sozial nicht so stark sind oder sich mit der Globalisierung schwer tun. Klar ist auch: Deutschland ist derzeit emotional gespalten und die Gesellschaft zerrissen. Das politische Spektrum droht zu zerfasern. Deshalb braucht es einen stabilen Anker und ein Zentrum in der Mitte. Das ist die CSU. Bayern ist stabil, weil es die CSU gibt.

Werden im München-Programm Dinge drin stehen, die der ländliche Raum auch gerne hätte?

Söder: Das denke ich mir, dass Sie da wieder genau drauf schauen. Aber sehen Sie: Wir brauchen die richtige Balance zwischen der Großstadt und dem ländlichem Raum. Wir wollen im ländlichen Raum ein aktives Wachstum und in Ballungszentren ein entschleunigtes und sensibles. Im Ergebnis wird sich das ergänzen: Nicht alles muss in München angesiedelt und zentriert werden. Ein Teil der Entschleunigung von München kann zur Beschleunigung des ländlichen Raumes führen. Dazu haben wir das zum Start mit 50 Millionen Euro dotierte Wirtschaftsförderungskonzept "InvestDaheim" entwickelt, das mit der neuen "WirtschaftsagenturBayern" Münchner Unternehmen beraten soll, welche Chancen sich für sie im ländlichen Raum ergeben. Es stellt sich ja tatsächlich die Frage, ob der gesamte Produktions- oder Verwaltungsbereich immer in München angesiedelt sein muss. Das Angebot lautet: Wenn es in München zu eng wird, wenn Entwicklungsmöglichkeiten schlechter werden, wenn notwendige Genehmigungen zu lange dauern, dann können wir helfen und in den ländlichen Raum lotsen. Dort findet man alles, was man braucht: Die richtigen Mitarbeitern, eine passende Hochschullandschaft, Kinderbetreuung und die notwendige Verkehrsinfrastruktur. Der Impuls lautet: Raus aus den Ballungszentren. Das entlastet die Ballungszentren und nutzt dem ländlichen Raum. Ich finde das gut.

Gleichwohl die Frage: Wohin soll es aus Ihrer Sicht mit Niederbayern oder dem südöstlichen Oberbayern bis Bad Reichenhall und Freilassing in Zukunft gehen?
Söder: Es gibt drei Säulen, die sich stark entwickeln: Der Innovationsbereich mit den Hochschulen. Hier haben wir ein starkes Innovationsband mit den Donauperlen in Passau, Deggendorf und Straubing, die sich bis Regensburg und Ingolstadt zieht. Diese Impulswirkung gilt es auszubauen. Das zweite ist das Thema Infrastruktur: Das ist Internet-Breitband, Mobilfunk und WLAN, aber auch Straße, Schiene und der öffentliche Personennahverkehr. ÖPNV ist kein Großstadt-Thema allein. Auf dem Land geht es darum, Dörfer durch Erreichbarkeit lebenswert zu erhalten. Auch die Förderung kleiner Krankenhäuser und die Landarztquote gehören dazu. Und das Dritte ist Tourismus und Natur. Hier werden wir mit Millionenaufwand einen großen Aufschlag machen – vom Bayerwald bis zum Voralpenraum. Es geht um eine neue Tourismus- und Naturoffensive, die bewusst auf die Kleinen setzt – auf kleine Pensionen statt Fünf-Sterne-Hotels und auf Dorfwirtschaften. Beim Heimatmodell geht es darum, Innovation und Tradition zu verbinden – vom Ausbau der Hochschulen bis zum Erhalt der kleinen Dörfer. Jüngere Leute sollen bleiben können, Ältere versorgt werden und zugleich die Ballungsräume entzerrt werden – da hängt alles miteinander zusammen.

Hier lesen Sie kostenlos das komplette Interview "Raus aus den Ballungszentren".