Retrospektive in der Stadtgalerie
Sigi Franz und seine gläserne Madonna von Altötting

02.08.2021 | Stand 21.09.2023, 6:19 Uhr

Die Schwarze Madonna, ganz transparent und mit einem Hauch von Gold: Dieses Exponat hat Glasbläser Sigi Franz eigens für die Ausstellung der Stadtgalerie Altötting gefertigt. −Foto: Hölzlwimmer

Präsentieren, was man geschaffen hat – das ist eine Triebfeder für jeden Künstler. Bei Glasbläser Sigi Franz ist das nicht anders, und doch: Einfach nur ausstellen, das ist für den 55-Jährigen nur die halbe Sache. Und weil er halbe Sachen nicht mag, wohl auch, weil er überhaupt an das große Ganze glaubt, wie er sagt, belässt er es bei der Schau "Gläserne Seele" in der Altöttinger Stadtgalerie, einer Retrospektive auf sein gesamtes Schaffen, nicht bei einer Werkschau. Er zeigt nicht nur, was er gefertigt hat, sondern auch, wie er es fertigt.

Noch mehrere Vorführungen geplant

Das hat er in seiner Werkstatt in den Burghauser Grüben, die er inzwischen an seinen Sohn Christopher und dessen Kompagnon übergeben hat, so gehalten, und so hält er es jetzt anlässlich der Schau in der Stadtgalerie. Schon am Eröffnungstag demonstrierte er sein Können, im Laufe der Ausstellung, die bis 22. August zu sehen ist, wird er Selbiges noch an mehreren Terminen tun – weil Feuer im Spiel ist, vorzugsweise im Freien und daher an Terminen, die erst kurzfristig bei stabil guter Wetterlage festgelegt werden.

Gründe für seine "Shows", wie er sie nennt, gibt es mehrere: Treffpunkte, soziale Inseln – die brauche es heute mehr denn je, findet Sigi Franz. Und seine Vorführungen geraten zu solchen, nicht zuletzt, weil die Glasbläserei auch optisch genug Schauwerte bietet. Nicht nur die interessierten Erwachsenen will der Künstler aus Tüßling im Landkreis Altötting damit erreichen, sondern vor allem die Jugend.

Das treibt ihn weniger als Künstler um, vielmehr als Handwerker. Schließlich ist die Glasbläserei zwar seit einigen Jahren als immaterielles Kulturerbe gelistet, dennoch droht ihr das Aus: Sigi Franz ist einer von nur noch wenigen seiner Zunft, Nachwuchs ist nötig.

Um fasziniert zu sein, braucht es freilich nicht unbedingt eine Vorführung, die Exponate reichen allemal. Filigran sind sie – und dergestalt eine Erinnerung auch an die Zerbrechlichkeit des Lebens, an die Vergänglichkeit. Schließlich fließt alles, so wie Glas im erhitzten Zustand. Obwohl die Kunstwerke nicht mehr in diesem Fluss sind, sondern erstarrt – oder vielleicht gerade deshalb – stehen sie bei Franz symbolisch für den Vanitas-Gedanken. Erst recht, wenn sie so unbequem sind, wie beispielsweise der verstörende und doch spannende Fötus in einem Totenschädel.

Es braucht Herz, um zum guten Ende zu kommen

Nicht alle Stücke sind so. Viele Herzen sind zu sehen, weil es Herz braucht, wenn etwas zu einem guten Ende gebracht werden soll. Davon ist Sigi Franz zutiefst überzeugt, wie er zu betonen nicht müde wird. Und was darf in Altötting, dem katholischen Herzen Bayerns, in dem Sigi Franz geboren und auch aufgewachsen ist, nicht fehlen? Die Schwarze Madonna. Die hat er eigens für die Schau in der Stadtgalerie angefertigt – aber nicht in der namengebenden Farbe, sondern ganz transparent, in reinstem Glas, mit etwas goldenem Schein. Einen Tag hat es ihn gekostet, sie zu gestalten. Zum Herzeigen, wie das geht, ist das zu viel. Zum Herzeigen, wie das aussieht, gerade recht.

Stephan Hölzlwimmer



•"Gläserne Seele" bis 22. August, Stadtgalerie Altötting, Papst-Benedikt-Platz 3, Mi.–Sa. 14 bis 17 Uhr, So. und Fei. 11 bis 16 Uhr

•In der Galerie gilt FFP2-Maskenpflicht, bis zu 20 Besucher gleichzeitig sind erlaubt, beim Eintritt werden die Kontaktdaten erfasst