Sie hätte so gerne ein viertes Kind

21.04.2018 | Stand 25.10.2023, 11:40 Uhr

In Bayerisch Gmain, der kleinen Partnergemeinde des Staatsbades Bad Reichenhall, sind Michaela und Thomas Kaniber zu Hause. Familie und idyllische Landschaft kann die dreifache Mutter unter der Woche meist nur aus der Ferne genießen. "Aber der gemeinsame Sonntagsbraten ist in der Regel drin." − Foto: privat

Bayerisch Gmain. "Bei anderen Familien ist es der Mann, der unter der Woche viel unterwegs ist, bei uns halt die Frau. Aber klar, Minister – das ist schon noch einmal eine andere Hausnummer", sagt Thomas Kaniber. Und wirkt mit seiner ruhigen, sonoren Stimme eigentlich ganz entspannt. Darauf angesprochen, lacht der 48-jährige Polizist: "Ja, stimmt, ich bin nicht so leicht aus der Reserve zu locken." Und ergänzt damit seine Frau, die als temperamentvoll bekannt ist und oft das Herz auf der Zunge trägt. Im Gespräch mit der Heimatzeitung rutschen aber auch dem Ehemann der neuen bayerischen Agrarministerin Michaela Kaniber kleine verräterische Sätze raus: "Viel schlimmer als vor fünf Jahren kann es nicht werden", meint er mit Blick auf die heiße Phase des Wahlkampfs für den Bayerischen Landtag.

Also war es schlimm, als die damals 36-jährige dreifache Muter als CSU-Kreisvorsitzende für das Direktmandat des Stimmkreises Berchtesgadener Land kandidierte. Nun geht sie als Kabinettsmitglied ins Rennen. Für Thomas Kaniber kaum ein Unterschied: "Sie war schon vorher viel unterwegs. Für uns als Familie ist es zweitrangig, ob sie im Landkreis oder in Straubing unterwegs ist." Umso wichtiger sei es, die restliche Zeit zu nutzen.

In der Regel ist die heute 40-Jährige von Montag bis Freitag in München, schafft es aber meist, eine dieser vier Nächte zu Hause zu verbringen. So kann sie nicht nur am Wochenende, sondern auch ein- bis zweimal unter der Woche mit dem Mann frühstücken. "Und auch der Sonntagsbraten ist regelmäßig drin", sagt Thomas Kaniber schmunzelnd.

Vor 23 Jahren hat der Reichenhaller die damals 17-jährige Wirtstochter aus Bayerisch Gmain auf einer Hochzeit kennengelernt. Drei Jahre später standen die beiden selbst vor dem Traualtar. Welche politische Blitzkarriere seine damals noch als Steuerfachgehilfin tätige Frau hinlegen würde, ahnten beide nicht. "Und es ist auch jetzt noch nicht ganz real", sagt Thomas Kaniber. "Wir haben erst letztens darüber diskutiert, wie das alles mit dem Kinderbetreuungsgesetz angefangen hat – und jetzt ist sie auf einmal Ministerin."
Michaela Kaniber, die für ihre drei kleinen Töchter Elternzeit genommen hat, hielt das 2005 inkraft getretene bayerische Gesetz für familienfeindlich und war so empört, dass sie mitreden wollte: Noch im März 2005 wird die gläubige Katholikin mit kroatischen Wurzeln Beisitzerin im CSU-Ortsverband Bayerisch Gmain, drei Jahre später sitzt sie im Gemeinderat des 3000-Seelen-Orts. Nur fünf Jahre später zieht sie ins Maximilianeum ein.

Ehemann Thomas stellte sich in den Dienst der Familie: "Als Beamter hat man das Recht, aus familiären Gründen die Arbeitszeit zu reduzieren – und nur so ist es gegangen. Mir war es wichtig, dass jemand am Nachmittag bei den Kindern ist." Das gilt heute noch. Die beiden älteren (17 und 18 Jahre) sind schon selbstständig – die jüngste ist 14. "Das ist ja mitten in der Pubertät", sagt der Vater. Die Botschaft ist unüberhörbar: Ein schwieriges Alter. Auch wenn bislang alles gut geklappt hat – vielleicht der Grund, warum Michaela Kaniber immer ein viertes Kind wollte. "Aber da hat mein Mann gestreikt", erzählt sie lachend, und der Gatte bestätigt: "Ja, das war schon ich, der der Meinung war, drei sind genug – das ist übrigens heute noch so: Sobald sie kleine Kinder von Bekannten sieht, will sie wieder eins. Wahrscheinlich ihr ganzes Leben lang."

Bald fordern Wahlkampf und Spitzenposition wieder ihren Tribut. "Die nächsten Monate werden relativ heftig", ist sich Kaniber bewusst. "Die letzten zwei Sonntage, an denen sie zu Hause war, hatte sie schon Akten dabei und gemeint, die muss sie jetzt durchlesen." Bewusst ist dem Ehepaar darüber hinaus, dass die Karten nach der Wahl neu gemischt werden. "Ein politisches Amt ist ein Amt auf Zeit", sagt Michaela Kaniber. Aber wie immer das Ergebnis am 14. Oktober ausfällt – gefeiert werden soll eine Woche später auf jeden Fall: Am 23. Oktober haben die beiden ihren 20. Hochzeitstag.