Inzwischen haben alle Bundesländer eine Maskenpflicht in Bussen, Bahnen und beim Einkaufen beschlossen. Während die einen sich den Mund-Nase-Schutz in der Apotheke besorgen, werden andere kreativ und nähen sich ein Blümchenmodell. Über den Nutzen solcher einfachen Atemschutzmasken gegen das Coronavirus wird gestritten. Sind sie sinnvoll oder ein Accessoire mit trügerischer Sicherheit? Pro und Contra:
WAS SPRICHT FÜR GESICHTSMASKEN?
Sogenannte Alltags- oder Communitymasken verringern vor allem das Risiko, andere Menschen anzustecken. Beim Husten, Niesen oder Sprechen werden dann weniger Viren mit den Tröpfchen ausgestoßen. Wissenschaftlich nachgewiesen ist das jedoch nicht. Die einfachen Stoffmasken seien nur ein Hilfskonstrukt, aber besser als nichts, sagt Bundesärztekammerpräsident Klaus Reinhardt.
Lungenexperten zufolge fliegen Viren wie Influenza oder Corona nicht vereinzelt in der Luft herum, sondern sind immer in größere Tröpfchen eingeschlossen und bewegen sich in Form eines Aerosols. In einem Atemzug können tausend bis 50.000 Tröpfchen enthalten sein. Beim Husten sind die Tröpfchen um ein Zehnfaches größer. Ein Großteil der Aerosole könne in Filtern hängenbleiben, die eine Maschengröße von zwei Mikrometern haben.
Forscher des Max-Planck-Instituts für Chemie stellten fest, dass Filtermaterialien wie Baumwoll- oder Biberstoffe, aber auch Küchenrolle und Staubsaugerbeutel wenige Mikrometer große Teilchen zum überwiegenden Teil auffangen.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hält Alltagsmasken für sinnvoll, um andere zu schützen. Zudem könnten die Masken das Bewusstsein für sogenanntes Social Distancing, also räumliche Distanz, durchaus unterstützen.
Auch das Robert-Koch-Institut (RKI), das am Anfang der Krise solchen Masken außerordentlich skeptisch gegenüberstand, empfiehlt inzwischen das Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung als "zusätzlichen Baustein", um die Geschwindigkeit der Ausbreitung von Covid-19 in der Bevölkerung zu reduzieren. Voraussetzung sei aber, dass weiterhin ein Mindestabstand von anderthalb Metern gehalten und die Hygieneregeln beachtet würden. Dies steht für das RKI nach wie vor an erster Stelle.
WAS SPRICHT GEGEN GESICHTSMASKEN?
Genau dieser Punkt, nämlich dass sich die Menschen weiterhin an die Husten-, Nies- und Abstandsregeln halten, ist für einige Experten ein Problem. RKI-Präsident Lothar Wieler warnt davor, sich durch das Tragen von einfachen Schutzmasken in einer "falschen Sicherheit" vor dem Coronavirus zu wiegen. Aus seiner Sicht schadet das Tragen einer solchen Maske ansonsten mehr, als dass es nutzt.
Auch Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery hält eine gesetzliche Maskenpflicht für "falsch". Wer eine Maske trage, werde durch ein trügerisches Sicherheitsgefühl dazu verleitet, den "allein entscheidenden Mindestabstand" zu vergessen.
Denn einfache Stoffmasken, die nicht zu verwechseln sind mit medizinischen Atemschutzmasken, schützen den Träger nicht vor einer eigenen Ansteckung mit dem Coronavirus. Der Virologe Christian Drosten, der das Tragen von Alltagsmasken befürwortet, verweist darauf, dass infektiöse Aerosole seitlich unter die Maske gelangen können - je weiter der Träger weg sei von der möglichen Infektionsquelle, desto feiner sei dieses Aerosol.
Deshalb kommt es darauf an, dass die Masken richtig getragen werden. Die Schutzmasken müssen eng anliegen. Die Menschen dürften sich zudem nicht ins Gesicht fassen, um die Maske zurechtzuzupfen, und feuchte Masken sollten gewechselt werden. Der frühere Bundesärztekammerchef Montgomery verweist darauf, dass sich das Virus im Stoff konzentriere und beim Abnehmen die Gesichtshaut berührt werde - schneller sei eine Infektion kaum möglich.
Angesichts des Mangels an Atemschutzmasken sorgen sich Politiker und Experten außerdem darum, dass Bürger wegen der Maskenpflicht vermehrt versuchen, an medizinischen Mund-Nasen-Schutz oder gar Atemschutzmasken mit hohem Schutzstandard zu gelangen. Diese müssten dem medizinischen und Pflegepersonal vorbehalten bleiben, mahnen sie unisono.
− afp
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