Abgebrochener Dreh "Weißbier im Blut"
PNP-Interview: Sigi Zimmerschied in der Rolle seines Lebens

31.03.2020 | Stand 21.09.2023, 5:19 Uhr

Wer ist dieser Kreuzeder? Ein Ermittler im Bayerischen Wald, ein Humanist und Anarchist, ein Fatalist, der sich doch noch einmal aufrafft. Die Rolle wurde Sigi Zimmerschied auf den Leib geschrieben. −F.: E. Kuchenbekker

Er nennt es seine "Lebensrolle": Sigi Zimmerschied verkörpert den Kreuzeder. Autor Jörg Graser hat ihm diese Rolle des fatalistischen Humanisten auf seinen Leib geschrieben - als Drehbuch, dann in vier Hörspielen, dann als Roman, schließlich wieder als Drehbuch, über ein Jahrzehnt ist seither vergangen. Endlich will die Perathon Film GmbH den Stoff in die Kinos bringen, es wird gedreht im Rottal, im Landkreis Regen, in Passau. 12 von 24 Drehtagen sind geschafft. Dann stoppt ein Virus alles.

Herr Zimmerschied. Endlich wird gedreht, dann kommt Corona: Wie absurd ist diese Interruptus-Situation für Sie?
Sigi Zimmerschied: Eigentlich überhaupt nicht, weil dieses ganze Projekt von der ersten Idee bis heute eine einzige Unterbrechungskette ist. Vor 12 Jahren hat Jörg Graser für mich das Drehbuch geschrieben. Dann hat man lange keine Produzenten und Fernsehanstalten gefunden, dann ist mal wieder der Finanzierungsprozess gekippt. Insofern: Bei allem, was in so einer Produktion an Katastrophen möglich ist, hat das noch gefehlt. Jetzt haben wir das auch noch eingelöst.

Wer ist dieser Kreuzeder?
Zimmerschied: Dieser Kreuzeder ist ein Ermittler im Bayerischen Wald an der tschechischen Grenze. Er hat ein Leben hinter sich, das ihn in eine Mischung aus Humanismus und Anarchie geführt hat. Er hat ein gestörtes Verhältnis zur Obrigkeit, ist trotzdem im Beamtenstatus – und führt darin ein Leben, das er als Beamter eigentlich nicht mehr führen kann. Zugleich mag er die Leute immer noch, bis hin zu den Tätern; er stellt das Täterprinzip infrage. Er führt ein Leben zwischen Fatalismus und Menschenliebe, das ihn zum Alkoholismus und in ein waches Delirium geführt hat.

Gedreht wurde schon auf einem Hof im Rottal und im Kreis Regen. Welcher Hof genau war das?
Zimmerschied: Der Hof liegt bei Falkenberg im Rottal, ein sehr schönes Motiv. Da es ein sehr alter Hof ist, an dem es keine einzige betonierte Stelle gibt, und die Drehzeit von Kälte und Nässe geprägt war, waren das teilweise Werner-Herzog-Bedingungen. Aber diese Melancholie und Endzeitstimmung kann man wahrscheinlich nirgends besser einfangen – das hat auch Joseph Vilsmaier in seinem letzten Film "Der Boandlkramer und die ewige Liebe" genutzt. Und dann waren wir im Landkreis Regen, im Gasthaus Zum Amthof in Kirchberg und in Frauenau, wo der Autor Jörg Graser daheim ist.

Raimund Meisenberger


•Der Roman ist erschienen als Aufbau Taschenbuch; 8,99 Euro


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