PNP-Interview
Pflegemangel: "Wir steuern auf eine Katastrophe zu"

24.04.2018 | Stand 19.09.2023, 22:52 Uhr

Eine bessere Entlohnung in der Pflege ist eine Aufgabe der Gesellschaft, findet York Dhein, Vorstandsvorsitzender der Johannesbad Gruppe. − Foto: Bircheneder

Neun Euro pro Tag, rechnet Dr. York Dhein, der Vorstandsvorsitzende der Johannesbad Gruppe vor, bleiben in der Reha täglich für die Pflege eines Patienten. Ein Gespräch über fehlende Arbeitskräfte, zu wenig Wertschätzung und mögliche Lösungswege.

8000 neue Pflegekräfte hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) für Deutschland gefordert – Ihnen ist das nicht genug. Was fordern Sie?

York Dhein: Die Politik hat das Thema erkannt, das ist ein erster wichtiger Schritt. Es ist ja ein Bündel von Maßnahmen, das Herr Spahn ergriffen hat, auch die Einsetzung des Pflegebevollmächtigten geht schon in die richtige Richtung. Die Beurteilung, wie groß das Ausmaß des Pflegemangels ist, ist sicher nett gemeint – aber das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Das ist nicht ausreichend. Man sieht derzeit in der Branche schon die Auswirkungen des Pflegemangels. Akutkrankenhäuser, beispielsweise in vielen großen Städten wie München, mussten schon tage- und wochenweise die Intensivstationen bettenweise reduzieren oder sogar schließen, weil sie das Pflegepersonal nicht hatten. Und das ist an immer mehr Orten so. Wir steuern auf eine Katastrophe zu. Wenn man jetzt sagt, welche Zahl ist denn richtig – sind es 8000 Pflegekräfte oder sollen es mehr sein? Dann muss man sagen, 8000 ist deutlich zu wenig. Der deutsche Pflegerat spricht sogar von 100.000 fehlenden Fachkräften.

Pflegenotstand ist ja schon seit Jahren ein Thema. Wo muss man grundsätzlich ansetzen?

Dhein: Ein Faktor ist sicher die Bezahlung, aber auch das Image des Berufsstandes muss verbessert werden. Es geht um die Ausbildung, und darum, die Fachkräfte später auch im Beruf zu halten. Und es geht um Wertschätzung. Pflegekräfte haben in Deutschland sehr beschränkte Aufgaben. Blutentnahme, Injektionen oder Infusionen dürfen die Pflegekräfte hierzulande gar nicht selbständig durchführen, sondern nur nach ärztlicher Delegation. Und auch diagnostische Aufgaben sind überhaupt nicht vorgesehen. In anderen Ländern ist das ganz anders geregelt, und mit der besseren Aufgabenverteilung steigt natürlich auch die Wertschätzung.

Jetzt gibt es ja eine generalisierte Ausbildung zur Pflegekraft. Ist das besser als vorher?

Dhein: Ich glaube, dass das im Sinne einer gemeinsamen Grundausbildung sicher Sinn macht. Die Spezialisierung muss dann aber natürlich auch folgen.

Das gesamte Interview, geführt von Ernst Fuchs und Karin Seibold, lesen Sie am Dienstag in Ihrer Heimatzeitung (Online-Kiosk) oder kostenlos nach kurzer Anmeldung auf PNP Plus.