Pfarrkirchen
Oster: "Neue Wege finden, um den Glauben aufzubauen"

Auftakt der bischöflichen Visitation – Firmung mit 16 oder Abstraktheit der Liturgie Themen in der Diskussion

22.09.2022 | Stand 21.09.2023, 2:00 Uhr

Zu Beginn der Visitation feierten (von links) Dekan Dr. Wolfgang Schneider, Bischof Dr. Stefan Oster, Pfarrvikar Rupert Wimmer und Kaplan Stefan Jell in der Stadtpfarrkirche einen Gottesdienst. −Foto: Hampel

Zum Auftakt der bischöflichen Visitation im Pfarrverband Pfarrkirchen hat Bischof Dr. Stefan Oster in der Stadtpfarrkirche mit den Gläubigen aus den Pfarreien einen Gottesdienst gefeiert. Anschließend stellte er im Kolpingsaal seine Vorstellungen für die Weiterentwicklung der Pfarreien vor und beantwortete Fragen der Zuhörer.

Eine Visitation soll alle fünf Jahre stattfinden. Neben einer Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Pfarrverbands dient sie auch dazu, die Situation in den Pfarreien und die Gläubigen kennenzulernen. "Ich möchte auch, dass andererseits die Gläubigen in der Fläche erfahren, wohin in Passau die Reise geht", erläuterte Dr. Oster den etwa 100 Zuhörern den Grund des Treffens.

Den Ausgangspunkt dieser "Reise" umriss der Bischof mit eindringlichen Worten. "Wir sind als Kinder in der Volkskirche in den Glauben hineingeboren worden. Das funktioniert aber nicht mehr", stellte er fest. Angesichts zunehmender Individualisierung und Materialismus in der Gesellschaft, digitaler Revolution, und auch Missbrauchsskandalen sei es eine "riesige Herausforderung", neue Wege zu finden, heute Glauben aufzubauen und zu verstärken. Angesichts eines zunehmenden Säkularisierungsdrucks gelte es, die "Sprachunfähigkeit über das, was wir glauben" zu überwinden. "Wir müssen lernen, darüber zu sprechen, warum und was wir glauben", so der Bischof.

Dazu gelte es zunächst, in die Erfahrung hineinzufinden, Christus als guten Freund zu erkennen. Ebenso würden das Gebet und ein "qualitätvoller Gottesdienst" dazu beitragen. Die Sehnsucht nach Sinnerfahrung sei vorhanden, jedoch glaubten viele nicht mehr daran, diese im christlichen Glauben zu finden. Dennoch: "Wir haben noch viel lebendige Tradition und Substanz in den Verbänden, Vereinigungen und Gebetsgruppen", stellte der Bischof fest. Es gelte, "Räume entstehen zu lassen, in denen Begegnungen mit Gott möglich sind".

Im Anschluss an den Vortrag eröffnete der Direktor des Begegnungshauses Heilig Geist in Burghausen, Ludwig Raischl, der den Abend moderierte, die Diskussion. Auf die Eingangsfrage von Josef Adler aus Pfarrkirchen, worin sich im aktiven Tun ein gläubiger Mensch von einem Altruisten unterscheide, verwies der Bischof auf die Motivation: "Die Antwort sollte lauten, ich tue es für den Herrn.". Eine Frage aus der Runde zur Ausbildung von Haupt- und Ehrenamtlichen nahm der Bischof zum Anlass, um auf das Zölibat einzugehen: "Die katholische Kirche ist noch der Überzeugung, dass dies die angemessene Lebensform für einen Geistlichen ist", stellte er fest. Er glaube nicht, dass eine Aufhebung "alles besser mache".

Weitere Zuhörer beklagten die Abstraktheit der kirchlichen Liturgie und dass das dort Gehörte besser in den Alltag getragen werden sollte. "Es ist Aufgabe und Herausforderung für die Seelsorger, aus dem eigenen Glaubensleben einen Zugang von Herz zu Herz zu finden. Jesus will unser Herz erobern", meinte der Bischof dazu.

Edeltraud Plattner aus Waldhof meldete Bedenken gegen die mittlerweile praktizierte Firmung mit 16 Jahren an. Es sei seine Erfahrung, dass viele der früher gefirmten Zwölfjährigen keinen inneren Bezug zu dem Ereignis gehabt hätten, antwortete Oster. "Die volkskirchliche Sozialisierung ist schon seit zwei oder drei Generationen vorbei", wiederholte er. Dekan Dr. Wolfgang Schneider pflichtete ihm bei. Angesichts einer zunehmenden Kirchenferne der Eltern könne man nicht mehr mit den alten Konzepten arbeiten. Neben der Erstkommunion im Kindesalter sei es das Ziel, auch Jugendliche nochmals zu erreichen.

Vor dem Treffen im Kolpingsaal hatte Oster zusammen mit Schneider, Pfarrvikar Rupert Wimmer, Kaplan Stefan Jell und Gläubigen aus allen Pfarreien des Pfarrverbands in der Stadtpfarrkirche eine Messe gefeiert, die von Franz Stadlthanner musikalisch auf der Orgel begleitet wurde. Im weiteren Verlauf der Visitation werden sich haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter des Pfarrverbands bei einer Klausur mit Fragen wie "Wo stehen wir als christliche Gemeinden, wohin wollen wir?" beschäftigen. Höhepunkt der Visitation wird ein erneuter, zweitägiger Besuch von Bischof Oster im kommenden Frühjahr mit Einzelgesprächen und Gesprächsrunden sein.

− ha