"Ouverture spirituelle"
Oratorium "Jeanne d’Arc" eröffnet Salzburger Festspiele

25.07.2022 | Stand 20.09.2023, 4:12 Uhr
Elisabeth Aumiller

Die Ouverture spirituelle ist die Auftaktwoche der Salzburger Festspiele. Irène Jacob sang die Jeanne d’Arc, Maxime Pascal dirigierte das SWR Symphonieorchester. −Foto: Marco Borelli, Salzburger Festspiele

Das Großaufgebot an Mitwirkenden und deren glanzvolle Leistungen ließen das Salzburger Festspielkonzert zum beeindruckenden Erlebnis werden. Im Rahmen der "Ouverture Spirituelle", heuer unter dem Thema "Sacrificium", ist die Opferung der Jeanne d‘Arc das Zentrum in Arthur Honeggers melodramatischem Oratoriumsszenarium "Johanna von Orleans auf dem Scheiterhaufen" auf der Basis des literarischen Textes von Paul Claudel aus dem Jahr 1935. Die Geschichte der Jeanne d‘ Arc konzentriert sich auf den Tag ihrer Hinrichtung in einem Prolog und elf Folgen, die rückblickend reales Erleben schildern, aufgemischt mit imaginativer Symbolik.

Im Wechsel zwischen den Stimmen des Himmels, die Jeanne zu sich rufen, und den Stimmen der Erde, die sie zum Tode verurteilen, erinnert sich Jeanne an ihre Vergangenheit. Dominikanerbruder Dominik liest aus ihrem Lebensbuch. Das Kartenspiel der Könige und das Tiergericht, das sie zum Tode verurteilt, symbolisiert die willkürliche Handhabung der Mächtigen. Porcus, das Schwein (französisch Cochon, anspielend auf Bischof Cauchon) übernimmt den Vorsitz im Prozess. Johannas Schwert ist die Liebe und zuletzt rufen sie die Stimmen des Himmels zu sich.

Das Drama erfordert neben den Schauspielern und Gesangssolisten einen großen gemischten Chor, Kinderchor und groß besetztes Symphonieorchester, das zusätzlich mit Saxofonen, Klavieren, Celesta und dem Elektroinstrument Ondes Martenot bestückt ist. Die Musik ist klangmalerisch vielfarbig, pendelt zwischen harten Dissonanzen und klangfeinen Lyrismen, wie etwa in den Flötenstimmen. Der Dirigent Maxim Pascal, inzwischen international renommiert nach dem Gewinn des "Young Conductors Award" bei den Festspielen 2014, leitet den großen Klangapparat souverän, energisch und lässt das komplexe Werk sehr differenziert Gestalt annehmen.
Besonders eindrucksvoll in der Gestaltung mimt die Schauspielerin Irène Jacob die Titelpartie. Ihr zur Seite Jérôme Kircher, Damien Bigourdan, Marc Mauillon, Damien Pass und Emile Diard-Detoeuf, die ebenfalls mit großer Eindringlichkeit sprechen oder singen. Zu den musikalischen Farben tragen die Soprane Elena Tsallagova und Mélissa Petit sowie die Mezzospranistin Martina Belli mit ausdrucksvoller Gesangskultur bei. Hinreißend singt der Chor des Bayerischen Rundfunks, teils klangintensiv beherrschend oder nur summend untermalend, liebliche Stimmen kommen aus dem Salzburger Festspiele Kinderchor.

Trotz der Übertitel dürfte die französisch deklamierte Dramatik für nicht Sprachkundige das Verständnis eventuell verkompliziert haben.

Elisabeth Aumiller