Viechtach
Nach Protesten: Staatliches Bauamt stellt Straßenausbau im Landkreis Regen grundsätzlich in Frage

Kein Konsens mehr über Fernstraßenausbau – "Konsequenzen bis hin zur Beendigung laufender Planungen"

08.06.2021 | Stand 22.09.2023, 2:01 Uhr

Diese Visualisierung der Planung zum Umbau des Knotens Viechtach veröffentlichte am Dienstag das Staatliche Bauamt Passau, um sein Vorhaben besser darstellen zu können. Die Planung ist in Viechtach in die Kritik geraten. −Animation: Ingenieurbüro Wiederer

Mit einer grundsätzlichen Stellungnahme zum Straßenausbau im Landkreis Regen hat das Staatliche Bauamt Passau auf die zunehmend heftiger werdende Kritik am geplanten Ausbau des Verkehrsknotens Viechtach an der B85 zwischen den beiden Staatsstraßen-Einmündungen beim Rehau-Werk 5 und dem Antoni-Kirchlein reagiert.

"Die Bundes- sowie die Staatsregierung haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Investitionen getätigt, um die Bundes- und Staatsstraßen im Landkreis Regen verkehrssicherer zu machen und, wo es im Sinne der Verkehrssicherheit und der Verbesserung von Verbindungen erforderlich war, auch baulich zu verbessern", ließ Bauamtsleiter Robert Wufka am Dienstag mitteilen. Der Rückgang der Unfallzahlen, besonders der Zahl schwerer bis tödlicher Unfälle, an den bereits ausgebauten Streckenabschnitten zeige, wie richtig und sinnvoll diese bisherigen Maßnahmen waren.

"Wichtig war uns, dem Staatlichen Bauamt, dabei, diese Maßnahmen für die Region und ihre Verkehrsteilnehmer stets im Einklang und Konsens gemeinsam mit den Kommunen und Gemeinden, dem Landkreis und den an der Verbesserung der Infrastruktur interessierten Mandatsträgern umzusetzen." Wenn nun die maßgeblichen Entscheidungsträger im Landkreis und den Gemeinden diese bisherigen verkehrspolitischen Ziele so nicht mehr umsetzen wollen, nehme man dies zur Kenntnis und ziehe daraus die notwendigen Konsequenzen bis hin zur Beendigung noch laufender Planungen.

Wufka reagiert damit vermutlich auf die jüngsten Proteste von Zukuft Viechtach und Grünen (VBB berichtete) in Viechtach, die den geplanten Ausbau als "Monsterprojekt" und "B85-Irrsinn" bezeichnet hatte. Solche weitreichenden Projekte seien nur in Zusammenarbeit und mit gegenseitiger Unterstützung möglich. "Wir als Staatliches Bauamt arbeiten nicht gegen neue Interessens- und Beschlusslagen der Gemeinden oder des Landkreises", erklärte der Leitende Baudirektor des Staatlichen Bauamts Passau.

Die Bundesregierung habe jüngst ihr neues Verkehrssicherheitsprogramm "Vision Zero: Keine Toten im Straßenverkehr" für die Zeit bis 2030 veröffentlicht. Auch in den Verkehrskonferenzen der vergangenen Jahre hätten Bürgermeister, Entscheidungsträger und Mandatsträger der ganzen Region ganz eindeutig das Ziel "Mehr Verkehrssicherheit" vorgegeben und immer wieder gefordert, dass die Verkehrsinfrastruktur verkehrssicherer gestaltet und gegebenenfalls auch Brennpunkte und Schwachstellen ausgebaut werden müssen, wenn andere Mittel nicht mehr ausreichen.

"Auch die Wirtschaft, allen voran die Firmen Rohde & Schwarz in Teisnach sowie Rehau in Viechtach, haben vehement und öffentlich sicherere und für ihre Interessenslagen auch leistungsfähigere Verkehrswege gefordert", betont Robert Wufka in seiner Pressemitteilung.

"Dieser Konsens und das Interesse einer ganzen Region waren unser Leitmotiv, um in den vergangenen Jahren neben der B11 auch die B85 in kritischen Abschnitten auszubauen." Vor diesem Hintergrund seien die Ortsumgehungen Zwiesel und Regen, der Ausbau am Marcher Berg, der Kreisverkehr bei Patersdorf und ganz aktuell der Ausbau bei Hochbühl oder bei Ayrhof entstanden.

Die von einem früheren Regener Landrat und vielen im Landkreis vor noch nicht allzu langer Zeit oftmals geäußerte Forderung, die Straßen ähnlich wie im Landkreis Cham vierspurig auszubauen, habe das Staatliche Bauamt Passau jedoch bewusst nicht erfüllen wollen. Robert Wufka: "Dies hätte wirklich massive Eingriffe in die Natur mit sich gebracht, die wir nicht für notwendig erachteten und auch nicht mittragen wollten, zum Vorteil für Natur und Umwelt. Wir haben uns stattdessen für flächensparende Ausbauvarianten, überwiegend am Bestand der alten Straßen B11 oder B85, entschieden."

Nur an bestimmten Bergstrecken würden dritte Fahrspuren errichtet, um unfallträchtige Überholvorgänge zu verhindern und um dem Winterdienst die Arbeit bei liegengebliebenen Lkws und somit das Freiräumen der Strecken zu erleichtern. "Bei objektiver Betrachtung" sei die Summe der Straßenbau-Maßnahmen in den letzten zehn Jahren im Landkreis Regen so gering, dass "die oft verwendete hässliche Bezeichnung Flächenfraß völlig danebenliegt und im Vergleich die Bau- und Gewerbeflächen im Landkreis eine unbedeutend geringe Dimension darstellt", relativiert der Straßenbauamtsleiter.

Die seit dem Jahr 2010 im Landkreis Regen realisierten Bundesstraßenprojekte ließen sich an einer Hand abzählen: "ein Kreisverkehr und dritte Fahrstreifen – in der Summe eine neu asphaltierte Fläche von wenigen Sportplatzfeldern und bezogen auf die Fläche des Landkreises Regen von einer unbedeutenden Größenordnung", teilte Wufka weiter mit.

Um Familien und Gewerbe und damit Arbeitsplätze zu erhalten, werde es auch zukünftig notwendig sein, die überregionalen Straßen B11 und B85 sicherer zu machen. "Dieses Vorhaben wollen wir auch gerne weiterverfolgen, jedoch nur mit Zustimmung von Gemeinden und Bürgern."

Der Landkreis Regen mit seinen Kommunen und Bürgern hat es selbst in der Hand, in welcher Richtung er sich die nächsten 20 Jahre ausrichten will. Nur mit Radwegen, Bus und Bahn wird man den künftigen Verkehr im ländlichen Raum nicht bewältigen können. Das Kraftfahrzeug – egal ob elektrisch, mit Wasserstoff oder anderweitig betrieben – wird weiterhin verkehrssichere und leistungsfähige Straßen und Verbindungsachsen benötigen.

"Das Bauamt wird jedoch keine Projekte gegen den Willen einer Gemeinde oder Region umsetzen. Wenn die Bürger und Entscheidungsträger der Meinung sind, dass die in den letzten Jahren erklärte und verfolgte Verkehrspolitik im Landkreis überholt und nicht mehr gewünscht ist, werden wir uns dieser neuen Entwicklung nicht verschließen", erklärte Robert Wufka.

− vbb