Aicha vorm Wald
Nach emotionaler Debatte: Neuer Träger für Kindergarten

05.10.2020 | Stand 20.09.2023, 0:31 Uhr
Josef Heisl

Das Personal des Kindergartens war bei der Gemeinderatssitzung stark vertreten. −Foto: Heisl

Der Kindergarten St. Peter und Paul in Aicha vorm Wald (Landkreis Passau) wird in die Trägerschaft des Caritasverbandes übergeführt. Dafür entschied sich der Gemeinderat mit großer Mehrheit gegen drei Stimmen aus dem Gremium. Dem voraus ging noch einmal eine lange emotionale Diskussion, in der wieder überwiegend altbekannte Argumente ausgetauscht wurden. Neu war nur eine mögliche Trägerschaft durch die Gemeinde mit einem Verwalter, der der Kommune alle Sorgen abnehmen solle, argumentierte Elfriede Ragaller (CSU), die diesen Gedanken recht kurzfristig eingebracht hatte.

Wechsel des Trägers ist schon seit einem Jahr ThemaDie Entscheidung sei für viele nicht einfach, stellte Bürgermeister Georg Hatzesberger (CSU) eingangs vor über 30 Zuhörern fest. Seit über einem Jahr befasse man sich mit dem Thema, das auch für ihn, der er dem Kindergarten seit 18 Jahren eng verbunden sei, eine Herzensentscheidung bedeute. Egal wie die Entscheidung ausgehe, die Gemeinde und er als Bürgermeister würden wie bisher dem Kindergarten eng verbunden bleiben und für die Kinder und die Verantwortlichen da sein. Bisher sei die Pfarrkirchenstiftung Partner der Gemeinde gewesen, doch diese habe schon 2018 oder 2019 die Entscheidung getroffen, den Vertrag zu kündigen. Auf Nachfrage der Gemeinde habe die Kirchenstiftung am 28.7.2020 dies auch schriftlich bestätigt.

Aicha habe einen der besten Kindergärten in der Region, der hohes Ansehen genieße und hervorragende Arbeit leiste, fuhr der Bürgermeister fort. Deshalb hätten er und die Gemeinde den Vertrag gerne so fortgeführt. Es gehe ihm auch nicht ums Geld, die 30000 Euro Defizit seien ihm die Kinder wert. Doch eine alleinige Übernahme der Trägerschaft durch die Gemeinde sei nicht zu schultern. Dafür fehle in der Gemeindeverwaltung das Personal; auch er als ehrenamtlicher Bürgermeister könne diese Aufgabe nicht zusätzlich übernehmen. Schließlich habe er schon jetzt eine Verwaltung mit 25 Mitarbeitern, vielen Liegenschaften, Maschinen, Kanal und Wasser zu leiten. Jetzt würden dazu noch 15 Mitarbeiter aus dem Kindergarten kommen, bei denen er sich um personelle Fragen, wie Ausgleich bei Personalmangel durch Krankheit oder Schwangerschaft kümmern müsste.

Auch 2. Bürgermeister Alois Kreipl (ÜW) verwies auf die schon ein Jahr dauernde, recht emotionale Diskussion. Dabei ändere sich ja nichts. Er denke an die Musikschule – auch damals seien viele skeptisch gewesen, doch die Entscheidung für die Kreismusikschule sei gut gewesen. Die jetzige Entscheidung sei eine für die Zukunft. Der Vertrag binde die Gemeinde zunächst nur für drei Jahre. Er tue sich auch nicht leicht, doch heute müsse eine Entscheidung fallen, so Kreipl. Das sah auch Rudi Bürgermeister (CSU) so, der von einer Herzensentscheidung sprach. Man könne die Entscheidung nicht weiter vor sich her schieben. Er wolle die Arbeit auch nicht noch zusätzlich dem ehrenamtlichen Bürgermeister aufbürden. So hoffe er, dass man nach drei Jahren sagen könne, das haben wir gut hingekriegt.

Recht umfangreich stellte Johannes Leitl (CSU) die Situation anhand von fünf Punkten dar. Der Kindergarten bleibe ja in der Gemeinde, es ändere sich nur der Name des Trägers. Auch das Personal bleibe bei einem gleichen Tarifvertrag und eventuelle Spenden würden auch in Aicha bleiben. Leitl plädierte für eine Übernahme durch die Caritas.

Ganz anders sah das Elfriede Ragaller. Jahrzehnte lang sei sie dem Kindergarten schon verbunden. Dieser habe stets gut gewirtschaftet. Es herrsche große Zufriedenheit bei Kindern, Eltern, Personal und Elternbeirat, der sich auch noch einmal schriftlich gegen eine Übernahme durch die Caritas ausgesprochen habe. Alle hätten großes Vertrauen in das Haus. Durch eine Übernahme gehe eine gewisse Eigenständigkeit verloren, die Ansprechpartner seien weit weg, ein Teil der Spenden müsse abgeliefert werden und wie sie von anderen Gemeinden erfahren habe, sei alles nicht so einfach, wie es dargestellt werde. Sollte fremdes Personal kommen, dann habe das nicht den Bezug zu den Kindern wie das Stammpersonal. So habe der Elternbeirat diesen Bittbrief erstellt, betonte Ragaller. Erst gestern habe sie erfahren, dass es die Lösung mit einem Verwalter gebe.

"Das kann ich so nicht stehen lassen", meldete sich Martin Resch (CSU). Der Verwaltungsfachmann stellte klar, dass der Kindergarten der Gemeinde immer viel wert gewesen sei. Alles was der Elternbeirat oder der Förderverein erwirtschafte, gehöre diesem und bleibe damit auch in Zukunft in Aicha. Der Vertrag gelte zunächst für drei Jahre und verlängere sich wieder um drei, soweit keiner der Partner kündige. Resch trug eine akribisch und sehr sachkundig erstellte Pro-und-Contra Liste vor, bei der am Ende die Entscheidungskriterien für die Caritas deutlich überwogen. Er sprach sich gegen eine Trägerschaft durch die Gemeinde aus.

Wieder anders sah es Hermann Reitberger (CSU). Der Kindergarten sei in seiner von großer Zufriedenheit getragenen Arbeit wie eine Familie. In der Caritas werde man dagegen Teil einer großen Firma. Das Personal wolle den jetzigen Status beibehalten. Wenn es künftig nicht mehr zufrieden sei, dann übertrage sich das auch auf die Kinder, vermutete Reitberger. Es sei eine schwierige Entscheidung, doch seiner Meinung nach müsse der Kindergarten im Dorf angesiedelt bleiben. Stefan Fieger (ÜW) warf ein, er habe sich erkundigt. Der Aufwand für die Gemeinde bei einer Übernahme sei nicht zu unterschätzen. Für die Beteiligten ändere sich nichts.

Abstimmungsmarathon nach langer DiskussionJetzt folgte nach über einer Stunde Diskussion ein Abstimmungsmarathon. Elfriede Ragaller hatte in einem Antrag zur Geschäftsordnung eine Absetzung dieses Tagesordnungspunktes und eine Prüfung des Verwaltermodells verlangt. Dieser Antrag wurde mit 13:1 (Ragaller) Stimmen abgelehnt. Daraufhin beantragte sie namentliche Abstimmung, was mit 9:5 Stimmen angenommen wurde. Bei der namentlichen Abstimmung gegen eine Übernahme durch die Gemeinde sprachen sich Elfriede Ragaller, Hermann Reitberger und Rudi Bürgermeister für eine Übernahme des Kindergartens durch die Gemeinde aus, dagegen waren Bürgermeister Georg Hatzesberger, sein Stellvertreter Alois Kreipl (ÜW), Martin Resch (CSU), Johannes Leitl (CSU), Josef Ratzinger (ÜW), Stefan Fieger (ÜW), Georg Kölbl (ÜW), Wolfgang Schiller (CSU), Daniela Voggenreiter (CSU), Martin Dichtl (CSU) und Johann Kronschnabl (CSU). Andreas Walter (ÜW) fehlte entschuldigt. Das gleiche Ergebnis ergab die Abstimmung für eine Übernahme durch den Diözesan-Caritasverband.