Klimawandel
Hitze in Deutschland - viele Brände in Südeuropa

Von Lisa Forster, dpa

19.07.2022 | Stand 20.09.2023, 3:10 Uhr
Lisa Forster

−Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Mit Temperaturen weit über 30 Grad hat Deutschland am Dienstag die Hitze deutlich zu spüren bekommen. Im Westen hielt der Deutsche Wetterdienst (DWD) sogar Temperaturen von über 40 Grad für möglich - am Abend sollten die Daten aktualisiert werden.

Außerdem verursachte die anhaltende Trockenheit eine hohe Waldbrandgefahr in Deutschland - und weiterhin brennende Wälder in Frankreich und Spanien. In Großbritannien überstiegen die Temperaturen erstmals seit Beginn der Aufzeichnungen die Marke von 40 Grad, was zu diversen Störungen in der Infrastruktur führte. In Coningsby in der ostenglischen Grafschaft Lincolnshire wurden am Dienstagnachmittag 40,3 Grad gemessen, wie der Wetterdienst Met Office nach vorläufigen Daten bekanntgab.

Heiße Temperaturen in Deutschland - neuer Höchstwert in Sicht?

Für Deutschland sprach der DWD von einer "starken Wärmebelastung". "Der Hitze-Schwerpunkt liegt im Bereich vom Saarland über Rheinland-Pfalz bis nach Nordrhein-Westfalen, dabei sind vor allem tiefe Lagen am Rhein und Ballungsräume wie das Ruhrgebiet prädestiniert", erklärte die Meteorologin Sabine Krüger.

Der bisher heißeste Tag dieses Jahres war der 19. Juni, damals wurden laut DWD in Cottbus und Dresden 39,2 Grad gemessen. Die Meteorologen gingen davon aus, dass es am Dienstag noch heißer werden sollte. Nicht auszuschließen ist, dass sogar der bisherige Hitzerekord für Deutschland geknackt werden könnte. Dieser liegt bei 41,2 Grad - gemessen am 25. Juli 2019 in Duisburg.

Wasser und Eis gegen die Hitze

Viele Menschen suchten am Dienstag Abkühlung in schattigen Parks, am Wasser oder in der Eisdiele. Bei großer Hitze freuen sich auch Tiere über Abkühlung. Daher bekamen etwa in Erfurt, Dresden und Hamburg die Zootiere Eisbomben mit Obst, Gemüse oder Geflügel zur Erfrischung. "Für die Tiere sind hohe Temperaturen immer eine Herausforderung", sagte Tobias Taraba vom Tierpark Hagenbeck in Hamburg.

Bei der Hitze sollte man unbedingt darauf achten, viel zu trinken, rieten Gesundheitsexperten etwa vom Bundesgesundheitsministerium. Gleichzeitig rief Bundesumweltministerin Steffi Lemke die Menschen in Deutschland dazu auf, Wasser zu sparen. Zwar sei die Trinkwasserversorgung hierzulande nicht gefährdet, sagte die Grünen-Politikerin am Dienstag im Interview mit ntv.de. Aber: "Damit das in Zukunft so bleibt, soll jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten einen Beitrag zum Wassersparen leisten."

Gesundheitsgefahren durch Ozonbelastung

Der EU-Klimawandeldienst Copernicus warnt unterdessen vor einer gesundheitsschädlich hohen Ozonbelastung in großen Teilen Europas. In den extrem heißen Tagen könne es auch im Nordwesten Europas zu Ozonwerten kommen, die als gefährlich für die Gesundheit gelten. In Südeuropa - etwa Portugal, Spanien und Italien - seien kürzlich bereits deutlich zu hohe Werte von mehr als 200 Mikrogramm pro Kubikmeter gemessen worden. Dem Umweltbundesamt zufolge kann eine zu hohe Ozonkonzentration etwa zu Kopfschmerzen und Tränenreiz führen. Bei körperlicher Anstrengung kann das Ozon sogar tief in das Lungengewebe vordringen und Entzündungen hervorrufen.

Hitzewellen wie die, die gerade Europa heimsucht, gehören fortan in den Sommermonaten zum normalen europäischen Klima - davon ist die Weltwetterorganisation (WMO) in Genf überzeugt. "Solche Episoden werden immer häufiger, und der negative Trend wird noch bis mindestens 2060 anhalten, unabhängig von dem Erfolg unserer Klimaschutzbemühungen", sagte WMO-Generalsekretär Petteri Taalas am Dienstag. Es könne in Europa auch noch heißer werden. Aktuell rechnete die WMO mit einer Rückkehr zu für die Jahreszeit normaleren Temperaturen womöglich erst Mitte nächster Woche.

Was die Hitze für Bahn und Auto bedeutet

Die Hitze hat auch Auswirkungen auf den Verkehr. "Hohe Temperaturen können Schienen und Gleisbett mitunter zu schaffen machen, da sich Stahl bei extremen Temperaturen dehnt", teilte die Bahn mit. Am Dienstag sei die Lage in den Zügen aber stabil gewesen.

Anders sah das in Großbritannien aus. Dort kam der Bahnverkehr nur mit großen Verspätungen voran oder fiel sogar ganz aus, weil die Infrastruktur nicht auf so hohe Temperaturen ausgelegt ist. In weiten Teilen des Landes kam es zu Beginn der Woche zu Störungen des öffentlichen Lebens: Schulen blieben geschlossen, teilweise machten auch Geschäfte oder Restaurants dicht.

Ein ungewohntes Bild gab es in den Niederlanden: Dort waren am Dienstag Streuwagen auf den Straßen. Das Salz wird nicht wegen Glätte gestreut, sondern um den Asphalt zu kühlen, teilte die Kommune Hardenberg mit. Das Salz entzieht der Luft Feuchtigkeit, und die wiederum kühlt den Asphalt ab.

In Belgien wurde am Dienstag die Kapazität der Atommeiler Doel 1 und Doel 2 bei Antwerpen um die Hälfte reduziert. Es bestehe die Gefahr, dass das Kühlwasser zu warm werde, teilte der Betreiber Engie mit, wie die Nachrichtenagentur Belga berichtete.

Anhaltende Trockenheit führt zu Waldbrandgefahr

Wegen der ausgetrockneten Böden bestand vielerorts in Deutschland höchste Waldbrandgefahr. Bayerns Forstministerin Michaela Kaniber (CSU) appellierte an alle Menschen, in Wäldern besonders vorsichtig zu sein. "Die aktuelle Hitzewelle und die herrschende Trockenheit sorgen dafür, dass die Waldböden vielerorts mit vertrockneten, leicht entzündlichen Blättern, Zweigen und Nadeln bedeckt sind. Schon eine achtlos weggeworfene Zigarettenkippe reicht aus, um einen folgenschweren Waldbrand auszulösen", sagte sie.

Solche Feuer wüten schon seit Tagen an der französischen Atlantikküste und breiteten sich auch am Dienstag weiter aus. Innerhalb einer Woche verbrannten sie südlich von Bordeaux 19 300 Hektar Land, wie die zuständige Präfektur für die Gironde am Dienstagmorgen mitteilte. In Spanien brannte es ebenfalls weiter. Nach Angaben von Zivilschutz-Direktor Leonardo Marcos waren am Mittwoch sechs größere Waldbrände aktiv.

Starke Winde fachten am Abend ein kleines Feuer im Nordosten Athens zu einem Großbrand an. Dicke bräunliche Rauchschwaden waren aus fast allen Regionen Athens zu sehen. Die Lage sei "ernst", sagte der Regionalgouverneur, Giorgos Patoulis, im griechischen Staatsrundfunk. Die Einwohner der betroffenen Regionen erhielten per SMS eine Nachricht, bereit zu sein, ihre Häuser zu verlassen, wenn dies die Feuerwehr anordnet. Ein Dorf sei bereits evakuiert worden, weil die Flammen sich bedrohlich näherten, berichtete das Staatsfernsehen.

Der Vizevorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Henning Otte, fordert den Kauf von Löschflugzeugen für Einsätze der Bundeswehr im Katastrophenfall in Deutschland. "Wald- und Flächenbrände wie derzeit in Frankreich können nur aus der Luft bekämpft werden - und zwar mit Löschflugzeugen, über die schon vorhandenen Hubschrauber hinaus", sagte der CDU-Politiker.

Wie es in Deutschland weitergeht

In Deutschland steht den Menschen ein weiterer heißer Tag bevor, danach soll es wieder etwas abkühlen. Am Mittwoch verabschiedet sich die starke Hitze erstmal von der Westhälfte Deutschlands und rückt in den Rest der Republik vor. Laut Vorhersage des DWD werden in der Osthälfte 34 bis 40 Grad erwartet. Nach einem Tag soll auch dort die extreme Hitze vorbei sein.