Briefwechsel mit Jürgen Wallmann
"Herzlichst Ihr Reiner Kunze"

17.08.2022 | Stand 19.09.2023, 22:47 Uhr
Mirja-Leena Zauner

Auf der Leipziger Buchmesse 1969 begegneten sich Reiner Kunze (l.) und der Literaturkritiker Jürgen Wallmann das erste Mal. Dieses Foto wurde 1973 aufgenommen – ebenfalls in Leipzig. −Foto: privat

"Nabelschnur zur Welt" heißt der Band, der im Sommer dieses Jahres in der "Edition Toni Pongratz", dem Buch- und Grafikverlag aus Hauzenberg (Landkreis Passau), der schon seit vier Jahrzehnten Handverlesenes publiziert, erschienen ist. Nun hat Toni Pongratz Reiner Kunzes deutsch-deutschen Briefwechsel mit Jürgen P. Wallmann herausgebracht.

Der Autor und Literaturkritiker Wallmann und Kunze sind sich zum ersten Mal 1969 auf der Leipziger Buchmesse begegnet, wonach sich bald durch Briefwechsel eine vertrauensvolle Zusammenarbeit entwickelte. Heiner Feldkamp, ein ausgewiesener Kenner des Werks von Kunze, hat in dem neu erschienen Band 91 Briefe versammelt und eine Auswahl des Briefwechsels von 1969 bis 1977 mit Kommentaren wissenschaftlich akribisch bearbeitet.

Diese Briefe können als Wegmarken im Leben Reiner Kunzes betrachtet werden. In der ausgewählten Korrespondenz wird deutlich, welche Schikanen das familiäre und literarische Leben Kunzes prägten und unter welch schwierigsten Bedingungen es dem Schriftsteller gelang, Verse zu schreiben, die weit über deutsche Grenzen hinaus Leser fanden.

Die Korrespondenz der beiden teilt Heiner Feldkamp in drei Phasen ein – zunächst werden die gegenseitigen literarischen Interessen deutlich, die in der zweiten Phase auch persönliche Verbundenheit ausstrahlen und in der dritten Phase lässt Reiner Kunze Jürgen P. Wallmann an der Entstehung des Prosabandes "Die wunderbaren Jahre" (1976) teilhaben. "Ich arbeite rund um die Uhr. Esse alle 3 Stunden etwas (...) und so komme ich auch manchmal auf 18 Stunden Arbeit täglich."

Immer mehr werden auch die Lebenspartnerinnen Kunzes und Wallmanns in die Korrespondenz eingebunden. Es ist interessant, dem Schriftstellerleben in so unaufgeregter Briefform nahe zu kommen. Erfrischend ist es, solche Sätze Reiner Kunzes zu lesen: "Hier wird gearbeitet, Selbstkritik geübt und kritisiert, los gehts...(). Keine und keiner bleibt ungeschoren." Auch lässt er wissen, wenn germanistische "Hineininterpretationen" bezüglich seiner Gedichte einfach nicht stimmen. "Das muss ich nun wirklich am besten wissen, weil ich dieses Gedicht geschrieben habe." Auch schön, wenn ein Brief so knapp wie klar beendet wird wie hier: "Schluß. Grund: Arbeit. Herzlichst und sehr froh und dankbar Ihr Reiner Kunze."

Am 16. August 1933, also vorgestern vor 89 Jahren, wurde Reiner Kunze im Erzgebirge geboren. Seit 1978 lebt der Schriftsteller in Erlau in der Gemeinde Obernzell (Landkreis Passau), deren Ehrenbürger er auch ist. Neben seinen Veröffentlichungen in großen Verlagen machte sich Kunze um den kleinen Verlag "Edition Toni Pongratz" aus Hauzenberg mit fast 20 Veröffentlichungen verdient.

Seit 40 Jahren veröffentlicht Toni Pongratz – in der Zwischenzeit weit mehr als 100 Bändchen regionaler, überregionaler und internationaler Autoren und Künstler. Band Nr. 1 dieser liebens- und lesenswerten Reihe ist: Reiner Kunze "Ergriffen von den Messen Mozarts". Als wertvollen Impuls für die jüngere Generation stellt Toni Pongratz den Gymnasien des Landkreises Freiexemplare des aktuellen Bands zur Verfügung.

Mirja-Leena Zauner