Traunsteiner Singer-Songwriter
Frau weg, Geld weg, Wohnung weg: Alex Diehls neue Songs

15.09.2021 | Stand 21.09.2023, 5:39 Uhr

Alex Diehl arbeitet seinen Liebeskummer musikalisch auf. −Foto: Nico Campanella

"Vor einem Jahr war bei mir Schicht im Schacht", sagt Alex Diehl, gebürtiger Traunsteiner. Die Songs, die er nie schreiben wollte, veröffentlicht Diehl ab Freitag. Ein Gespräch über Verluste, Corona und Live-Konzerte.

Die Trennung von seiner Freundin hat dem Musiker schwer zugesetzt. Musik half ihm durch diese Zeit. "Alt, kaputt und grau" heißt die erste Single-Auskopplung, die am Freitag erscheint. "Thematisch dreht sich alles um Liebeskummer", sagt er am Telefon. Auch die vier weiteren Songs, die in einem Abstand von zwei Wochen erscheinen, spiegeln den Gemütszustand des Traunsteiner Künstlers wider, es ist eine Reise zurück ins vergangene Jahr, als nach acht Jahren Beziehung Schluss war. Die Welt stand vor dem Zusammenbruch, zumindest im eigenen Kopf. Herausgekommen sind "traurige und einsame" Lieder: "Ich habe diese Frau wirklich geliebt", sagt Alex Diehl. Ein anstrengendes Jahr liegt hinter ihm: Corona, Frau weg, Geld weg, Wohnung weg. Alles weg, was ihm immer wichtig war.

Die Musik ist eine Aufarbeitung in Wort und Ton, ausschließlich Klavierballaden – massenkompatibel geht anders. "Na ja", sagt Alex Diehl, "ich wollte die Songs nicht veröffentlichen". Bis ein guter Freund sie gehört hatte und ihn vom Gegenteil überzeugte.

Nur 1000 Exemplare

Die vollständige EP (Extended Play) erscheint am 12. November auf seinem eigenen Label "Big Diehl Records". Es wird nur 1000 Exemplare davon geben. Die Musik sei "zutiefst ehrlich", sagt Diehl. Wie viele Menschen die Musik, die auch auf allen gängigen Streaming-Plattformen erscheint, erreichen wird? "Schwierig zu sagen bei Klavierballaden." Nach eigener Aussage werde es nicht einfach, dass die Songs im Radio laufen – zu speziell seien diese, zu wenig kommerziell.

Einzeln werden die Lieder davor im Zwei-Wochen-Rhythmus veröffentlicht, und flankiert von "Spoken Word"-Kapiteln – an ein Hörbuch angelehnte Geschichten, die Alex Diehl geschrieben hat. Diese beleuchten die Hintergrundgeschichte der Songs.

Entstanden sind die Lieder tief in der Nacht, an Schlaf war in dieser Zeit nicht zu denken, es war kurz vor Silvester. Ein Jahreswechsel bringt meist neue Vorsätze mit sich. Und das Aufschreiben hilft sowieso: Die einen notieren ihre Gedanken in ein Tagebuch, Alex Diehl schreibt dann Musik. Es geht um Geschichten, Botschaften, Emotionen. Viele Fans dürsten nach Melancholie in Musikform: Das offizielle Video zu "In meiner Seele" hat bis heute auf Youtube knapp sieben Millionen Aufrufe. Diehl, der im Jahr 2016 mit "Nur ein Lied" am Vorentscheid für den Eurovision Song Contest teilnahm, lebt ausschließlich von Musik. Als wegen Corona nichts ging, veranstaltete er im vergangenen März ein Streaming-Konzert. 400 Leute hörten zu. Auch die fünf neuen Songs spielte er. "Die Leute mochten sie."

Heuer auf zehn Open-Airs

Diesen Sommer spielte Diehl bei zehn Open-Airs, einige davon in der Schweiz. "Es wird noch lange dauern, bis Konzertbesucher nicht mehr so verunsichert und ängstlich sind." Wer einst begeisterter Konzertgänger war, habe dies verlernt. Künstler täten sich gerade schwer, ausreichend Karten zu verkaufen, sagt Diehl.

Zu einem großen Plattenlabel zu gehen, ist für ihn ausgeschlossen. Irgendwann stand sein Entschluss fest, ein eigenes Label zu gründen, unter dem er seine Musik auf den Markt bringt. Seitdem ist er Herr darüber, welche Songs er schreibt und was er veröffentlicht. Niemand plappert ihm rein. Sein neues Management unterstützte ihn. "Wenn es jemandem hilft, und es gefällt, dann ist das schon toll und erfüllt mich", sagt Diehl.

Nächstes Jahr will Alex Diehl ein neues Album veröffentlichen, mit mindestens doppelt so vielen Songs wie auf einer EP. Er plant zudem eine Elf-Städte-Tour, am 7. Oktober wird er im "Backstage" in München spielen. 1500 Leute passen in die Halle, kommen darf nur ein Zehntel. Verdient sei damit nichts, sagt der Singer-Songwriter. Aber es sei wichtig, den Kontakt zum Publikum nicht zu verlieren.