Frau (61) gibt Tierquälerei zu – verurteilt

Amtsgericht erlässt neunmonatiges Tierhalteverbot – Organisation PETA hatte den Fall ins Rollen gebracht

17.05.2021 | Stand 21.09.2023, 5:32 Uhr
Christine Pierach

Den groben Umgang mit Hunden hatte PETA bei einem Scheinkauf mit Video festgehalten. Ein mittelgroßer Hund wird an Rute und Genickfalte gehalten und in kaltes Wasser getaucht. −Foto: PETA

Windorf/Passau. Zumindest ein dreiviertel Jahr lang könnte jetzt Schluss sein damit, dass eine Frau (61) aus dem Gemeindebereich Windorf Tiere quält. In einem zweitägigen Prozess hat sie im Amtsgericht Passau schließlich zahlreiche Tiermisshandlungen auf ihrem Anwesen eingeräumt. Der Strafrichter verurteilte sie zu einer Geldstrafe von 2250 Euro (90 Tagessätze) und verhängte zugleich neun Monate "Verbot des Haltens und Betreuens von Hunden, Vögeln, Pferden, Ponys, Lamas und Alpakas sowie des Handels oder sonstigen berufsmäßigen Umgangs mit Hunden".

In wenigen Tagen jährt es sich, dass das Landratsamt den Hof der amtsbekannten Frau, die ihre Tiere im Internet zum Kauf anbietet, räumen ließ und damit insgesamt 120 nicht fachgerecht gehaltene, misshandelte Tiere beschlagnahmte. Etliche, auch Pferde und Ponys, waren ungepflegt und unterernährt, litten unter Parasiten. Unter den 26 ungepflegten, exotischen Vögeln hatten welche, ebenso ein Lama und ein Alpaka, nichts außer völlig falschem Futter bekommen. Und das war bei bei der 61-jährigen Frau keineswegs das erste derartige amtliche Einschreiten.

Diesmal hatten die PETA-Tierschützer die Behörden eingeschaltet. Tierfreunde hatten sich an die Organisation gewandt. Als vermeintliche Kaufinteressenten machten die Leute sich ein Bild vor Ort, bekamen Pferde, Schafe, Hühner, Hunde und andere Tiere in tierschutzwidriger Haltung zu sehen. Die Organisation spricht von "gravierender Tierquälerei" und zählt auf: "Vor den Augen des als Käufer getarnten Teams überließ sie einen sterbenden Hahn einfach sich selbst. Sie tauchte Hunde in eiskaltes Wasser und riss sie an den Ohren und der Rute, um sie aus dem Zwinger zu holen." Die Hunde hätten die Halterin gefürchtet, einige ließen sich von ihr nicht einmal anfassen. In der Anklage ist von einem durch sie verhaltensgestörten Kleinen Löwenhund die Rede, den sie in sechs Grad kaltes Wasser tauchte und aus einem Meter Höhe zu Boden fallen ließ.

PETA zeigte die Frau an. So kam es Ende Mai 2020 zu der Beschlagnahme und pandemiebedingt nach mehreren Anläufen nun zum Strafprozess. Staatsanwaltschaft und Strafrichter hätten die Vorwürfe – "Tiermisshandlung in Tatmehrheit mit Tiermisshandlung in neun tateinheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit Tiermisshandlung in 29 tateinheitlichen Fällen" – im Büroweg per Strafbefehl erledigen wollen. Die Beschuldigte legte Einspruch ein. Deshalb kam es zum Prozess.

Nach dem Befragen etlicher Zeugen – unter ihnen auch eine PETA-Mitarbeiterin – Ende April machte der Richter kürzlich in einem zweiten Termin weiter. Wieder waren Zeugen vorgesehen gewesen. Doch diesmal tat die Angeklagte, mutmaßlich auf Rat ihres Verteidigers, noch im Vorfeld kund, dass sie alles zugebe und nur noch über die Konsequenzen verhandeln wollte. Damit war sie, wie Gerichtssprecher Martin Metzler bestätigt, rechtskräftig wegen Tiermisshandlung in allen drei Tatkomplexen verurteilt. Die verbliebenen vier Zeugen brauchten nicht mehr ins Gericht zu kommen.

Die Staatsanwaltschaft fand 110 Tagessätze Geldstrafe (aus 60 und 80 und 30 Tagessätzen) angemessen. Sie forderte außerdem ein 18-monatiges Verbot des Haltens und Betreuens von Hunden, Vögeln, Pferden, Ponys, Lamas und Alpakas sowie des Handels oder sonstigen berufsmäßigen Umgangs mit Hunden.

Schon vor dem Hintergrund, dass jemand, der zu mehr als 90 Tagessätzen verurteilt ist, als vorbestraft gilt, also kein lupenreines Führungszeugnis vorlegen kann, fand der Verteidiger 90 Tagessätze Gesamtgeldstrafe ausreichend. Ein Verbot, Tiere betreffend, bräuchte es nicht. Wenn doch, dann höchstens für sechs Monate. Die Angeklagte hatte dem nichts mehr hinzuzufügen.

Der Strafrichter verurteilte die Frau zu insgesamt 90 Tagessätzen à 25 Euro Geldstrafe. Er hält eine Tierhalte-Sperre sehr wohl für nötig, unterbot den Ankläger aber und verhängte ein neunmonatiges Verbot, Hunde, Vögel, Pferde, Ponys, Lamas und Alpakas zu halten und zu betreuen sowie mit Hunden zu handeln oder sonstwie berufsmäßig mit ihnen zu tun zu haben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die PETA-Leute sind trotzdem zufrieden: "Es freut uns, dass die Passauer Behörden sehr schnell und konsequent gehandelt haben", sagt Dr. Edmund Haferbeck, Leiter der Rechts- und Wissenschaftsabteilung, der den Prozess mitverfolgte. Es sei nicht selbstverständlich, dass zügig Tiere beschlagnahmt würden und eine Verhandlung sogar in der Pandemie stattfände: "Damit und mit diesem Urteil setzt das Gericht ein wichtiges Statement. Denn Tierquälerei ist kein Kavaliersdelikt und muss geahndet werden." Bei Aufdeckung der Zustände hatte PETA ein lebenslanges Tierhalteverbot für die Frau gefordert.