Traunreut/Obing/Schnaitsee
Fahrlehrer im Corona-Stress: "Der Druck ist da" – "Wir könnten 24 Stunden pro Tag arbeiten"

15.05.2020 | Stand 20.09.2023, 5:45 Uhr

Visier statt Maske – "da kann ich besser atmen", sagt Roger Gorzel. −Foto: Philip Mix

"Nach zwei Monaten Pause ist der Druck da – jeder Fahrschüler will jetzt zum Zug kommen", sagt Gerhard Entholzner. In vier Landkreisen (Rosenheim, Mühldorf, Erding und Traunstein) betreibt der Garser nicht weniger als acht Fahrschulen. Seine Frau Alexandra managt das Büro, nimmt Anmeldungen per Telefon oder Internet entgegen.

Egal ob sich die Fahrlehrer an die Bestimmungen und Empfehlungen der Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft (BG Verkehr) halten, oder aber an das Schutz- und Hygienekonzept des Landesverbandes Bayerischer Fahrlehrer: Die Auflagen sind streng und erfordern immensen Mehraufwand. Sicherheit und Gesundheit der Führerschein-Anwärter werden groß geschrieben und sollen nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden.

Der 67-jährige Entholzner, der unter anderem in Schnaitsee und Obing unterrichtet, beklagt, "dass ich für die Theorie-Stunden nur etwa die Hälfte der Fahrschüler in meinem Raum unterbringe. Normalerweise kommen hier in Schnaitsee bis zu 35 Schüler, jetzt – unter Einhaltung der Abstandsregel – passen nur 18 rein. Und das, obwohl es einer meiner größeren Unterrichtsräume ist."

Entholzners Traunreuter Kollege Roger Gorzel lässt in puncto Desinfektion auch die Schüler ran: "Sie haben die Aufgabe, nach der Fahrstunde die Bedienungselemente und alles weitere, was sie berührt haben, zu desinfizieren. Jeder von ihnen weiß doch selbst am besten, was er angefasst hat." Trotzdem entstehe "ein ungewöhnlicher Bedarf an Desinfektionsmittel und Müll", so Roger Gorzel, der durchaus von Stress spricht: "In der jetzigen Phase nach der Wiederaufnahme könnten wir 24 Stunden pro Tag arbeiten", die Nachfrage sei unheimlich groß.

Zur "Fahrlehrerin des Jahres in Bayern" wurde Andrea Scheler im Jahr 2008 gekürt, vier Jahre später eröffnete die Traunreuterin ihre eigene Schule. "Es war schön, dass ich am Montag (11. Mai) wieder mit Fahrstunden beginnen konnte." Sie freue sich, dass sie die teilweise nötigen Sonderfahrten mit Fahrtzeiten von 90 Minuten letztlich auch absolvieren darf. Man mache nun eben die vorgeschriebene Pause zum Lüften und Desinfizieren, "und danach geht’s wieder normal weiter".

Wegen stets auch kurzfristig möglicher Änderungen der Auflagen sei für sie größtmögliche Flexibilität wichtig. Deshalb plane sie "zurzeit nur immer für die nächsten zwei, drei Tage. Im Normalfall kann es sonst schon passieren, dass alle Termine für zwei oder drei Wochen feststehen."

Auf die Frage, ob sich eine etwaige längere Pause – das so genannte Fernbleiben vom Steuer – negativ auf den Fortschritt eines Schülers auswirken könnte, antwortet Scheler mit einem entschiedenen "Nein. Unterbrechungen gibt es ja sonst im Regelbetrieb auch oft genug. Ich hatte schon Fälle, in denen aus unterschiedlichsten Gründen eine mehrmonatige Pause gemacht werden musste." Die Schüler seien dann zwar oft etwas in Sorge – "sie spüren jedoch schnell, dass es im Grunde nicht anders ist wie mit dem Radfahren: Das verlernt man nicht so schnell."
Mehr über die heimischen Fahrschulen lesen Sie in der Ausgabe vom Samstag, 16. Mai 2020, im Traunreuter Anzeiger und Trostberger Tagblatt.