Neue Sky-Serie "Chernobyl"
Erstklassige Geschichtsstunde über den Super-GAU

17.05.2019 | Stand 17.05.2019, 16:07 Uhr

Kann Schlimmeres verhindert werden? Atomphysiker Waleri Legassow (Jared Harris, rechts) und Minister Borys Shcherbyna (Stellan Skarsgård ) beobachten die riskanten Löschversuche am Kernkraftwerk Tschernobyl aus der Ferne. −Foto: Sky UK Ltd / HBO

Als am 26. April 1986 der Reaktor im Kernkraftwerk Tschernobyl in der heutigen Ukraine explodiert, verharmlosen die Verantwortlichen den Schaden. Während in Deutschland Spielplätze gesperrt werden, wird die Stadt in nächster Nähe zunächst nicht evakuiert. Stattdessen reagiert die Regierung in Moskau mit einer Informationssperre – mit fatalen Folgen. Nichtsahnend setzen sich neugierige Anwohner der lebensbedrohlichen Strahlung aus und bestaunen die "glühende Luft".



Die neue Sky-Serie "Chernobyl" protokolliert die Geschehnisse akribisch. Hin-und hergerissen zwischen Desinformation und Überforderung, schieben sich sowjetische Politiker und Wissenschaftler gegenseitig die Schuld zu. Der brillante vorwiegend britische Cast erweckt die vergessenen Figuren zum Leben. Allen voran Jared Harris, bekannt aus Serien wie "Mad Men" und "The Queen", in der Rolle des Waleri Legassow. Der Atomphysiker war nach dem Reaktorunfall als einer der ersten vor Ort und leitete das Untersuchungskomitee. Zwei Jahre nach der Katastrophe nahm er sich das Leben.

Überzeugend sind auch Stellan Skarsgård als ignoranter Minister sowie Emily Watson als engagierte Nuklearwissenschaftlerin, die herausfinden will, was zum SUPER-GAU führte. Aber auch die traumatischen Erlebnisse von Feuerwehrleuten, Ärzten und Reaktormitarbeitern werden basierend auf realen Vorbildern eindrucksvoll geschildert.

Drehbuchautor und Serienerfinder Craig Mazin zeigt die tragischen Einzelschicksale hinter der Nuklearkatastrophe. Im Fokus der Sky-Miniserie stehen insbesondere die Frauen und Männer, die sich aufopferten, um Europa vor den verheerenden Folgen zu retten. Es sind die Geschichten von Helden und Schuldigen, einfühlsam inszeniert vom schwedischen Regisseur Johan Renck.

Das Team recherchierte die Hintergründe sehr akkurat, las Regierungsberichte und sprach mit Einwohnern der ehemaligen Sowjetunion, um das damalige Leben möglichst realistisch darzustellen. Das Resultat ist ein realitätsnahes, beklemmendes Historiendrama.

In graugrünen Bildern hält die detailverliebte Koproduktion der beiden Bezahlsender Sky und HBO die bedrückende Stimmung während des Kalten Krieges und die sozialistische Tristesse fest. Es rauscht und knistert. Die Radioaktivität ist in den fünf einstündigen Folgen hör- und spürbar. Die permanente Hintergrundmusik der isländischen Komponistin Hildur Guðnadóttir verstärkt die bedrohliche Atmosphäre. "Chernobyl" ist eine ebenso packende wie lehrreiche Geschichtsstunde, basierend auf einer der größten durch menschliches Versagen verursachten Tragödie.
"Chernobyl" ist ab sofort auf Sky abrufbar.