Erinnerungen an die "Madame Bäuerin"

Franziska Stömmer war eine bekannte und beliebte Volksschauspielerin

01.08.2020 | Stand 20.09.2023, 23:36 Uhr
Ludwig Stich

Franziska Stömmer, wie sie die Fernsehzuschauer kannten. −Foto: Archiv Stich

Landau/Eichendorf. Erst kürzlich wurde der 1993 vom Bayerischen Rundfunk produzierte deutsche Kinofilm "Madame Bäuerin" ausgestrahlt und somit an die unvergessene Volksschauspielerin Franziska Stömmer erinnert. In diesem Film verkörperte sie die Großmutter. Die gebürtige Eichendorferin hatte in weiteren unzähligen Produktionen mitgewirkt.

Franziska Stömmer wurde am 16. September in Eichendorf geboren und verstarb am 21. Juni 2004 im Alter von fast 82 Jahren in München. Im Waldfriedhof München-Solln wurde sie bestattet. Die letzten Jahre ihres Lebens verbrachte sie ab Ende 1990 bescheiden in einem Münchner Altenheim. Sie war verheiratet mit Wolfgang Eichberger. Auch der Bayerische Rundfunk berichtete damals über den Tod der gebürtigen Eichendorferin. Auf dem Sterbebild von Franziska Stömmer-Eichberger steht: "Eine großartige Schauspielerin, Mutter und Oma ist von uns gegangen. Wir wollen sie noch einmal in den Mittelpunkt stellen und gemeinsam verabschieden." Bekannt wurde die Schauspielerin in zahlreichen Filmen und Serien, wie in der Serie des Bayerischen Rundfunks "Löwengrube" als Oma Soleder oder in der Serie "Cafe Meineid".

Franziska Stömmer wurde in Eichendorf geboren. Bei ihren Eltern Josef und Centa Stömmer verbrachte sie ihre Kinderjahre. Mit drei Schwestern und einem Bruder wuchs sie in Eichendorf auf. Die Volksschule besuchte sie ebenfalls in Eichendorf. Ihr inzwischen verstorbener Bruder Josef Stömmer berichtete, dass seine Schwester Franziska bereits im frühen Jugendalter zu ihrem Onkel und ihrer Tante nach München zog. Sie besuchte das Klosterlyzeum "Arme Schulschwestern" in München.

Nach der Mittleren Reife, die Franziska Stömmer mit 16 Jahren absolvierte, sollte sie im Großhandelsbüro ihres Onkels arbeiten. Die lern- und literatursüchtige junge Frau strebte ein Studium an, welches ihr jedoch verwehrt blieb. Das Theaterschauspiel empfand sie in dieser Situation weniger als schicksalhafte Bestimmung, sondern vielmehr als Fluchtmöglichkeit, sich dem tristen Dasein einer "Büromaus" zu entziehen. Als "knallharte Emanze mit 16 Jahren" überzeugte sie Ernst Fritz Fürbringer von ihrem Talent. Auf seine Empfehlung hin reifte sie unter Hanne Mertens an der Otto-Falckenberg-Schule in den Jahren 1939 bis 1941 zu einer ernstzunehmenden Schauspielerin heran.

Ihr erstes Engagement hatte sie 1941 am Stadttheater in Reichenberg. Es folgte das Münchner Volkstheater und 1942 das Schauspielhaus Bremen. 1946 folgte sie dem Ruf an die Kammerspiele in München, wo sie in "Sturm im Wasserglas" debütierte. Nachdem sie ihren Kollegen Wolfgang Eichberger geheiratet hatte, zog sich Franziska Stömmer auf Wunsch ihres Mannes und den Kindern zuliebe als Schauspielerin völlig zurück. Die Ehe wurde 1957 geschieden.

In den Jahren 1959 bis 1966 übernahm sie kleinere Rollen am Residenztheater. An den Kammerspielen machte sie als Hure Adelaide in "Dantons Tod" mit Fritz Kortner Bekanntschaft. "Es war die Hölle," bekannte sie einmal, "aber sie hatte viel bei ihm gelernt!" Anfang der 60er Jahre freundete sie sich langsam mit dem neuen Medium Fernsehen an, etwa bei Michael Kehlmanns Horvath-Inszenierungen für den Bayerischen Rundfunk. Fritz Umgelter holte sie 1960 für "Baby gesucht" vor die Kamera, die seitdem neben dem Theater einen festen Platz in ihrer Schauspielerei einnahm.

Trotz aller Fernseh-Erfolge sagte sie: "Niemals werden Dreharbeiten für mich mit jenem `Ur-Erlebnis' konkurrieren können, auf einer großen Bühne zu stehen. Ein Gefühl, das an Tiefe und Wucht kaum zu überbieten ist." So spielte sie mit Erfolg auch Kroetz-Stücke wie den "Stallerhof' oder "Wahl fürs Leben" für avantgardistische Privattheater.

Zu ihren Fernsehereignissen zählte die Rolle der "Oma Soleder" in allen drei Staffeln der BR-Fernsehserie "Löwengrube" von 1987 bis 1991. Die gleiche Rolle hatte sie von 1979 bis 1982 bereits in Willy Puruckers 28-teiliger Hörspielfassung "Die Grandauers und ihre Zeit" gesprochen. Franziska Stömmer charakterisierte die Adelgunde Soleder aus der "Löwengrube" in hervorragender Weise. Franziska Stömmer hatte in zahlreichen Fernsehspielen und Serien mitgewirkt. Darunter: "Der Pfarrer von Gillbach", "Reise nach Steiermark", "Die Hochzeit", "Italienische Nacht" (Ödön von Horväth), "Glaube Liebe Hoffnung" (Ödön von Horväth), im dreiteiligen BR-Fernsehspiel "Sachrang" (1978; von Oliver Storz nach Motiven aus dem Roman von Carl Oskar Renner; Regie: Wolf Dietrich) und in "Die Zweite Heimat" von Edgar Reitz, wo sie "während der Drehpausen" der ersten 26 "Löwengrube"-Folgen vor der Kamera stand. Im Kino war sie 1975 neben Lisa Kreuzer, Rüdiger Vogler und Hanns Zischler in Wim Wenders Röadmovie "Im Lauf der Zeit" zu sehen.Im Dezember 1996 spielte Franziska Stömmer im Bayerischen Fernsehen in Franz Xaver Bogners "Cafe Meineid" die Episodenhauptrolle der etwas seltsamen Metha Freisleder in Folge 65, "Eine Eigene Welt". Die gebürtige Eichendorferin hatte in ihrer Schauspielkarriere sehr viel erreicht.