"Er war einfach der beste Chef"

Prof. Dr. Hannes Schedel ist am Dienstag gestorben – Belegschaft und Landkreis in Trauer – Familie: Wir machen weiter

16.04.2020 | Stand 21.09.2023, 4:59 Uhr

Die Schedel-Klinik in Kellberg feiert heuer ihr 60. Jubiläum. Die Belegschaft trauert sehr um ihren Chef, der immer ein offenes Ohr für seine Mitarbeiter gehabt hat. −Foto: Stangl

Passau/Kellberg. Im Alter von 59 Jahren ist Prof. Dr. Hannes Schedel am Dienstagabend überraschend gestorben. Er hatte sich mit Covid 19 infiziert, die Erkrankung hatte einen schweren Verlauf genommen. In seiner Geburtsstadt Passau, in Kellberg und im ganzen Landkreis Passau ist die Bestürzung groß. Denn mit der Schedel-Klinik in Kellberg hinterlässt der beliebte Arzt ein Lebenswerk, das seine Eltern 1960, im Jahr seiner Geburt, gegründet hatten. Die Klinik feiert heuer ihr 60-jähriges Bestehen, Hannes Schedel hätte Anfang Mai seinen runden Geburtstag gefeiert. Beides kann er nun nicht mehr miterleben. Doch sein Vermächtnis, die Klinik, wird weiter bestehen – das steht für seine Familie fest (siehe auch Bayern-Teil S.10).

Die Suche nach einem Wochenendhaus hatte Hannes Schedels Eltern, Prof. Franz Schedel und Dr. Ernerose Schedel, in den 50er Jahren nach Kellberg geführt. Beide arbeiteten damals im Krankenhaus Passau, der Professor als Chefarzt der Chirurgie und ärztlicher Direktor, seine Frau als Chefärztin der Gynäkologie. Die Freizeit war aber knapp, und so wurde das Anwesen umgebaut und 1960 das "Kurhaus Dr. Schedel" eröffnet.

Über die Jahre entwickelte sich die Klinik zu einer modernen Reha-Einrichtung, in den späten 1990er Jahren spezialisierte man sich auf internistisch-onkologische Erkrankungen. Nach dem Tod seines Vaters übernahm Hannes Schedel 1996 die Klinik. Dass er dafür seine Karriere an der Uniklinik opfern musste, hat Hannes Schedel nie bereut, wie er anlässlich des 50. Jubiläums der Schedel-Klinik zur PNP sagte: "Ich habe einen Traumjob, habe mit Medizin, Personal, Finanzen und Marketing zu tun und bin mir sicher, dass wir eine gute Zukunft haben." Er sollte Recht behalten: Heute gilt die Klinik als eine der größten onkologischen Reha-Einrichtungen im Freistaat.

Vor drei Jahren erfüllte sich ein weiterer Wunsch Hannes Schedels: Direkt gegenüber der Klinik entstand ein Gesundheitszentrum, um die medizinische Versorgung auf dem Land zu verbessern und den Patienten der Klinik lange Wege zu ersparen, wenn sie während ihres Reha-Aufenthaltes anderweitig erkranken, und um eine ganzheitliche Behandlung zu ermöglichen. Auf 1200 Quadratmetern ist dort Platz für schul- und komplementärmedizinische Praxen.

Nicht nur für seine fachliche Kompetenz war Hannes Schedel bei Patienten und Kollegen beliebt, auch seine Mitarbeiter schätzten ihn sehr. Wie ein Lauffeuer hat sich gestern die traurige Nachricht vom plötzlichen Tod des Klinikchefs in der Belegschaft verbreitet. Von "Unbegreiflich" – "Ich bin sprachlos" – "Unvorstellbar" bis "Ich bin einfach unsagbar traurig" reichten die Reaktionen. "Er war einfach der beste Chef", fasst es eine Mitarbeiterin zusammen. "Weil er immer zugehört hat, weil er sehr sozial und arbeitnehmerfreundlich eingestellt war."

Sie habe immer noch das Bild vor Augen, als Hannes Schedel vor drei Wochen der gesamten Belegschaft persönlich verkünden musste, dass Corona-bedingt die Klinik vorübergehend geschlossen werden müsse. "Ich hoffe für Sie alle und auch für uns, dass dies nur für kurze Zeit notwendig wird und dass wir uns dann sehr bald wiedersehen werden", diese Hoffnung habe er dabei ausgedrückt, sichtlich bewegt.

Hannes Schedels Frau Anita leitet das Personalmanagement der Klinik. So unbegreiflich der Tod ihres Mannes für sie ist, den Mitarbeitern möchte sie gerade in dieser Situation sagen, dass der Betrieb weitergehen wird, sobald die Klinik wieder geöffnet werden darf. Denn sie ist überzeugt: "Nichts anderes hätte mein Mann gewollt."

Thyrnaus Bürgermeister Alexander Sagberger hat Hannes Schedel selbst als ehemaliger Mitarbeiter "als guten Arbeitgeber und vor allem als Mensch sehr zu schätzen" gelernt. Mit seinem überraschenden Tod verliere die Gemeinde Thyrnau nicht nur einen der größten Arbeitgeber, "sondern einen großartigen Mediziner und vor allem einen Menschen, der mit großer Leidenschaft eine der besten deutschen onkologischen Rehakliniken geführt hat. Mit viel Empathie und unternehmerischem Geschick führte er die Klinik, in der erkrankte Menschen ganzheitlich und nach den modernsten Erkenntnissen behandelt werden", so Sagberger. Auch deshalb hoffe er, "dass der Betrieb in der Klinik nach der Corona-Pandemie wieder aufgenommen werden kann und alle Mitarbeiter weiterhin einen sicheren Arbeitsplatz behalten. Mein großes Mitgefühl gilt seiner Frau Anita und den Kindern, denen ich viel Kraft in dieser schweren Zeit wünsche."

Auch Landrat Franz Meyer hat mit großer Bestürzung auf die Todesnachricht reagiert. Hannes Schedel sei als Mediziner und Unternehmer eine prägende Persönlichkeit des Passauer Landes gewesen, so der Landrat. Überdies habe er ihn als einen Mann erlebt, der "auf das engste mit seiner Familie, seinen Patienten und mit der Region verbunden war. Mich schmerzt dieser Verlust sehr".

Er habe Hannes Schedel außerordentlich geschätzt. Sein tiefes Mitgefühl gelte der Familie, die auf so tragische Weise ihren Mittelpunkt verloren habe. Der Landrat fühlt auch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Klinik Prof. Schedel, die "um einen Chef trauern, dessen Lebensinhalt das Wohl seiner Patienten und die Klinik in Kellberg war".

Jürgen Dupper, Oberbürgermeister von Schedels Heimatstadt Passau, ist erschüttert: "Natürlich erfüllt uns in dieser Zeit jeder Todesfall mit tiefer Trauer. Der Tod von Hannes Schedel erschüttert mich deshalb besonders, weil ich ihn seit der Schulzeit am Adalbert-Stifter-Gymnasium kannte. Mit seinem persönlichem Engagement und dem Einsatz für seine Heimatstadt hat er viel für die Region getan und es ist wohl eine besondere Tragik, dass ihm, der so vielen Menschen wieder zur Gesundheit verholfen hat, jetzt nicht geholfen werden konnte. Meine ganze Anteilnahme gilt allen seinen Angehörigen und Freunden."