Die "gute Stube" von Passau

06.09.2018 | Stand 19.09.2023, 20:08 Uhr

Rast am Brunnen in der Fuzo nach der Einkaufstour: Sarah Woipich (l.) und Brigitte Mellert waren erfolgreich unterwegs, wie man an ihren Tüten sieht. −Foto: Jäger

Was wäre Passau ohne ihre Fußgängerzone, die gute Stube, das pulsierende Herz im Zentrum der Stadt? Undenkbar, unvorstellbar, einfach nur schlimm, sagen die Passanten, auf dieses Szenario angesprochen. Sie wissen es zu schätzen, was sie an ihrer Fuzo haben.

Gibt es etwas Schöneres, als an einem Nachmittag an den Geschäften mit den schmucken, zum Teil alten Hausfassaden vorbei zu schlendern, die Schaufenster zu betrachten und dann das so eben entdeckte Objekt der Begierde anzuprobieren, zu bezahlen und mitzunehmen? Oder sich in einem der Cafés oder der Eisdielen auf einen Kaffee mit der Freundin zu verabreden und das muntere Treiben ringsum zu beobachten?

"Alles zentral im Herzen vereint"
Gassensprecher Sabine Olzinger (45), die bei City Marketing Passau (CMP) für die Ludwigstraße zuständig ist, betont, "was für ein großes Glück es bedeutet, dass wir mit der Fußgängerzone alles zentral im Herzen vereint haben. Egal, ob man von den Flüssen rauf kommt oder zur Stadtgalerie oder in die Bahnhofstraße will, man kommt immer in der Fußgängerzone und ihren Gassen vorbei. Das haben andere Städte nicht, wir dürfen wirklich nicht jammern", findet die langjährige Schuhhausbesitzerin und jetzige Hauseigentümerin. Auch wenn zunehmend Filialisten in die Fuzo eingezogen sind, man könne trotzdem regional einkaufen, so ihr Credo. Sie geht mit gutem Beispiel voran: Ist sie in anderen Städten unterwegs und sieht bei einem Filialisten etwas, was ihr gefällt, fährt sie unverrichteter Dinge heim und kauft es in Passau.

Hans Weber, Gassensprecher für die Dr. Hans-Kapfinger-Straße und Inhaber von Big Dandy, freut sich, dass die Fuzo auch jenseits der Ludwigstraße, also beim Gasthof "Bayerischer Löwe", gut angenommen wird. Sein Wunsch wäre, dass man diesen Teil mit Stadtturm und Klostergarten besser an die eigentliche Fuzo anbinden würde. Und Lorenz Seidl, Gassensprecher der Theresienstraße, schwelgt in vergangenen Zeiten, wenn er auf die Fuzo zu sprechen kommt. Natürlich kommt dabei auch Wehmut auf. "Ein Universalladen wie damals der Kreilinger, das wär‘s", sagt der 54-Jährige, der das Café Duftleben betreibt. "Ein neuer Kreilinger quasi." Um noch mehr Leben in die gute alte Fuzo zu bringen, regt er an, den Wochenmarkt am Dienstag vom Klostergarten in die Fuzo zu verlegen. Auch einen Citybus, der die älteren Fuzo-Besucher durch die Gassen befördert, könnte er sich als weiteres Zuckerl vorstellen.

Flaniermeile war einst Hauptverkehrsstraße"Ich kenne die Ludwigstraße nur als Fußgängerzone", sagt Lisa Salwiczek, die neue CMP-Geschäftsführerin. Kein Wunder, sie ist ja auch erst 35 Jahre alt und hat sie nie anders erlebt. Denn die Fuzo gibt es länger, als sie auf der Welt ist – genau genommen seit 42 Jahren.

Wie sehr sich die Passauer damals am 2. Oktober 1976 bei der Eröffnung freuten, zeigt ein Blick in die Heimatzeitung: "Fast zu klein geworden ist Passaus ‚gute Stube‘, so groß war das Gedränge am Samstagvormittag..." Übrigens: Passau war damals Vorreiter. Denn die Passauer Fuzo war die erste in ganz Niederbayern. Die Kosten beliefen sich auf 2,4 Millionen DM – 450 000 DM mehr als zunächst kalkuliert, weil die Passauer Granitplatten anstelle von Pflastersteinen wünschten. In seinem Rückblick schreibt Stadtarchivar Richard Schaffner weiter: "Noch vor dem ersten Weltkrieg fuhren die ersten Automobile durch die Stadt. Von der Ludwigstraße über die Wittgasse zur Maxbrücke, die seit 1278 die Donau überspannte, fuhren später mehrere tausend Fahrzeuge pro Tag durch die heutige Flaniermeile. Es ist leicht verständlich, dass wegen der geringen Breite der Straße chaotische Verkehrsverhältnisse die Regel waren. Denn nicht nur Pkws, auch Busse und die berühmten Langholzfuhrwerke, die beim Ausscheren, öfters die Schaufenster des Kreilinger-Hauses übersahen, befuhren die Wittgasse. Dem zunehmenden Verkehrsaufkommen wurde 1963 auch die alte Votivkirche geopfert, die man für eine Straßenverbreiterung "verschob".