Piding
Beim Waldbaden am Johannishögl in den Nebel getaucht

19.11.2021 | Stand 19.09.2023, 23:49 Uhr
Barbara Titze

An einem grauen Novembertag freut sich das Auge besonders an den Beeren des Pfaffenhütchens, die aus dem Moos herausleuchten. −Foto: Tina Ott

Mandala legen, einen Baum umarmen, Wurzeln schlagen – in einem Einstiegskurs konnten Frauen am Johannishögl erste Versuche beim Waldbaden starten.

Was als "Waldbaden" hierzulande gerne belächelt wird, ist unter dem Namen Shinrin Yoku in Japan, Korea und anderen Ländern bereits als Therapie anerkannt. In einem vom Frauenbund veranstalteten Einstiegskurs konnten sich interessierte Frauen nun einen eigenen Eindruck davon verschaffen, was sich dahinter verbirgt.

Die Pidingerin Tina Ott hat ihre Ausbildung zur "Wald-Bademeisterin" in fränkischen Wäldern gemacht. Am Fuße des Högls wohnend kennt sie dessen Wiesen und Wälder ganz genau. Und so konnte sie die Gruppe an einem nebelverhangenen Novembertag vom Johannishögl aus auf entlegene Lichtungen und durch Mischwälder führen, in denen man ganz leicht tief in die besondere Atmosphäre des stillen Spätherbstes eintauchen konnte.

Mit Qi Gong innerlich ankommen

Qi Gong-Übungen halfen dabei, auch innerlich anzukommen und in Verbindung mit der Natur und sich selber zu treten. Die Vorstellung, von einem Faden nach oben gehalten zu werden, mit jedem Ausatmen Wurzeln in den Boden wachsen zu lassen und mit den Armen eine weite und hohe Krone zu bilden, ließ Ruhe und innere Stärke wachsen. "Absichtsloses Gehen", das Sammeln von Material, das man an Ort und Stelle fand, um daraus gemeinsam ein Mandala zu legen, das Ertasten, Erschnuppern und Erfühlen von Gegenständen, die einem bei geschlossenen Augen in die Hand gelegt wurden, das alles waren achtsame kleine Schritte, um den Wald und seine Facetten einmal ganz bewusst und mit viel Zeit wahrzunehmen.

Wer einen Baum genauer betrachten, sich an einen lehnen oder in eine hohe, weit über dem Kopf schwebende Krone schauen wollte, konnte dies ohne weiteres und ohne großes Aufheben tun. "Alles darf, nichts muss sein", war das Motto von Tina Ott, die ein Beispiel für die Kursteilnehmerinnen gab, wie es sein kann, wenn jemand – zumindest bei diesem Waldbad – ganz zu seiner Mitte gefunden hat.

Stress reduzieren und Abwehr stärken

Wie sie erläuterte, belegen wissenschaftliche Untersuchungen, dass Waldbaden Stress reduzieren, das Immunsystem stärken, Blutdruck und Puls positiv beeinflussen und den Cortisol-Spiegel senken kann. Natürlich wusste man auch vor diesem Trend aus Japan, wie gut einem ein Spaziergang durch den Wald tun kann. Aber Waldbaden bedeutet nicht einfach, durch den Wald zu wandern, sondern ihn mit allen Sinnen zu erfassen, das Rauschen der Blätter und das Knacken der Zweige zu hören, den intensiven, erdigen Duft des Mooses zu riechen, die knorrige, raue Rinde zu erspüren und die feucht-kalte Luft auf den Wangen zu fühlen. Wie sehr dies entspannt und glücklich macht, durften die Teilnehmerinnen an sich selber beobachten. Und der einstimmige Wunsch am Ende des Waldbades war, dies unbedingt im nächsten Jahr zu wiederholen. Denn meditieren kann man natürlich auch allein. Aber in der Gruppe hat es noch einmal eine andere Qualität.