Straubing
Arbeiten in einer Parallelwelt: Passauer in der JVA Straubing

06.03.2013 | Stand 07.03.2013, 16:22 Uhr
Michael Koller arbeitet in der JVA Straubing. −Foto: Fotos: Zöls

Warum sind Sie hier? Wenn Michael Koller diese Frage stellt, erhält er oft erschreckende, zuweilen erschütternde Antworten. Denn ihm gegenüber sitzen Schwerverbrecher. Manche schildern ihre Tat oberflächlich, andere bis ins kleinste Detail. Michael Koller reagiert, wie die meisten Menschen reagieren würden. Er schluckt erst einmal und empfindet Mitleid für die Opfer. Für die Missbrauchten, Vergewaltigten, Ermordeten. Doch dann muss ihm etwas gelingen: Die Straftat nicht in den Vordergrund zu stellen, sich von der Geschichte innerlich zu distanzieren, den Täter neutral zu behandeln. Und ihm zu helfen.

Der 32 Jahre alte Diplom-Sozialpädagoge ist seit eineinhalb Jahren als einziger Suchtberater im geschlossenen Vollzug der JVA Straubing tätig. Der gebürtige Passauer ist in diesen Job nicht hineingeraten, nein – die JVA war sein Ziel. Ganz bewusst hat er sich bei der Caritas für den Einsatz als externer Suchtberater im Hochsicherheitsgefängnis beworben. "Meine Arbeit ist hochinteressant", erklärt er seine Motive, "hier drin existiert eine Parallelwelt zur normalen Gesellschaft. Ich gewinne Einblicke, die ein Zivilist nie bekommen würde."

1165 Gespräche hat Koller im vergangenen Jahr geführt. Manche Häftlinge kommen freiwillig, andere müssen wegen eines Delikts gegen das Betäubungsmittelgesetz die Suchtberatung aufsuchen. Bis April ist sein Terminkalender bereits voll, denn etwa 60 Prozent der 810 Insassen haben ein Suchtproblem. Alkohol und Drogen dominieren, aber auch Spielsucht ist ein Thema, das immer brisanter wird.

Die meisten Häftlinge vertrauen ihm, zählen auf seine Schweigepflicht, auch gegenüber der JVA. Neben der Schweigepflicht gibt es noch ein Gebot für Michael Koller: Nichts von sich selbst preiszugeben. Was er in seiner Freizeit macht? Ob er verheiratet ist? Viele Gefangene fragen ihn danach − zum eigenen Schutz gibt er niemals Auskunft.
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