Waibling
Anwohner haben massive Bedenken: Trotzdem Zustimmung für 18 neue Wohneinheiten

Umstrittener Bebauungsplan in Waibling erhält Einvernehmen – Anwohner haben erhebliche Bedenken

01.06.2021 | Stand 21.09.2023, 2:12 Uhr
Christian Melis

So schaut der Bebauungsplan am Herdweg aus: Das Areal im südlichen Bereich von Waibling ermöglicht vier neue Wohngebäude mit 18 Wohneinheiten. Die Dorfbewohner können sich damit aber nicht so recht anfreunden. −Foto: C. Melis

Am Herdweg darf gebaut werden. Das gemeindliche Einvernehmen hierfür ist bei der Marktratssitzung am Montagabend in der Schulaula erteilt worden – ohne Diskussion und mit einer Gegenstimme. 18 neue Wohneinheiten sollen bei diesem bei den Einwohnern umstrittenen Vorhaben entstehen – zusätzlich zu vier bereits vorhandenen Wohnungen.

Laut Darstellung der Verwaltung und des beauftragten Planungsbüros Breinl aus Reisbach kann sich die Marktgemeinde ohnehin nicht querstellen, Genehmigungsbehörde ist das Landratsamt. Das Gebiet liegt im Innenbereich, es besteht Baurecht. Eine seit zwei Jahren gültige Veränderungssperre wird nicht mehr verlängert. Die vier neuen, im Bebauungsplan vorgesehenen Gebäude seien ohnehin schon ein Kompromiss im Vergleich zu früheren Planungen.

Unter den Zuhörern am Montagabend in der Schulaula war auch Altbürgermeister Josef Hopfensperger, um den Tagesordnungspunkt 4.3 zu verfolgen: "WA Am Herdweg – Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange sowie Feststellungsbeschluss". Dieser Plan umfasst im Norden des Areals ein bereits bestehendes Wohnhaus mit vier Wohneinheiten, im südlichen Bereich zwei Gebäude mit 160 Quadratmeter und je drei Wohneinheiten. Vorgesehen ist dort auch eine mögliche Erschließungsstraße für das Baugebiet. Ebenso können im südlichen Gebiet zwei Gebäude mit je 220 Quadratmetern und je sechs Wohneinheiten entstehen: in der Summe also vier neue Bauten mit 18 zusätzlichen Wohneinheiten – mit den vier bestehenden also 22 Wohneinheiten. Die erlaubte Wandhöhe beträgt 6,30 Meter.

Viele private Leutehaben Bedenken

Die Liste der Stellungnahmen war lang, insbesondere bei den privaten Bedenkenträgern. Auf öffentlicher Seite sprachen sich Bayerischer Bauernverband und Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) gegen den Bebauungsplan aus. Inhaltlich fast deckungsgleich, war darin von einer nicht unerheblichen Vergrößerung des Dorfes die Rede. Waibling sei ein landwirtschaftlich geprägtes Dorf, der Entwurf aber sei eher eine städtische Bebauung. Positiv sei nur, dass durch die Verdichtung Fläche gespart worden sei. Erinnert wurde an Lärm- und Geruchsbelästigung durch die Landwirtschaft, ein ewiges Konfliktpotenzial. Dazu müsse die Zufahrt über den Herdweg landwirtschaftlich genutzt werden. Mit Gehweg werde die Straße noch schmäler, durch den zusätzlichen Verkehr entstünden Probleme für die landwirtschaftlichen Fahrzeuge. Die Verdichtung sei abzulehnen, der dörfliche Charakter solle erhalten werden.

Noch vehementer meldeten sich vier private Bedenkenträger und eine Interessensgruppe mit einer Liste zu Wort. Einer davon ließ diese durch den Anwalt übermitteln. Er sei strikt gegen die Aufstellung des Bebauungsplanes. Waibling sei ein gewachsenes und erhaltenswertes Dorf. Die Einwohnerstruktur gerate mit seiner Berechnung zufolge mindestens 60 Neubürgern durcheinander, schon 2019 habe der Marktrat die Auffassung vertreten, ein derartiges Vorhaben passe nicht ins Ortsbild. Ein weiterer schwerer Vorwurf: "Der Marktgemeinderat ist dem Druck des Investors erlegen."

Eine "Gefälligkeitsplanung" wiesen der Bürgermeister und die Verfahrensbeteiligen ebenso von sich wie die Vorwürfe, die Öffentlichkeit sei nicht genügend am Meinungsbildungsprozess beteiligt worden. Erlass, Veränderungssperre, Billigungs-, Auslegungsbeschluss und Beteiligung, all das sei in öffentlicher Sitzung behandelt worden. Geschäftsleiter Christoph Hofmeister ging Punkt für Punkt die Abhilfe der Einwände durch und ließ einzeln abstimmen.

Auch die Absender der Unterschriftenliste – 45 gültige - ließen in ihrer Argumentation nicht locker. Sie forderten Bauplätze für junge Familien statt Mietwohnungen und eine weitere Veränderungssperre von einem Jahr. Mit den Einwohnern eine Lösung zu finden, dafür sprach sich ein weiterer privater Bedenkenträger aus.

Doch bei dem jetzigen Entwurf handelt es sich bereits um einen Kompromiss im Vergleich zu früheren Planungen. Außerdem ist laut Landratsamt die Anzahl der Wohneinheiten kein Kriterium für den Bebauungsplan. Das Landratsamt ist letztlich die Genehmigungsbehörde, die Marktgemeinde kann ohnehin nur ihre Einvernehmen erteilen und muss dies auch, wenn ein Vorhaben genehmigungsfähig ist. Deshalb stand bei der Marktratssitzung auch die Sorge im Raum, dass im Falle einer Ablehnung Entschädigungsansprüche entstehen könnten. Eine Verlängerung der Veränderungssperre sei nicht zielführend, zumal die Gemeinde nur bedingt Einfluss habe. Bei einer kürzlichen Informationsveranstaltung standen drei Fachleute vom Landratsamt und der Bürgermeister zur Verfügung, beantworteten in dem dreistündigen Treffen immer wieder die selben Fragen. Sieben Bürger waren dort anwesend.

Beschluss hatte nur eine Gegenstimme



Der jetzige Entwurf sei städtebaulich vertretbar, orientiere sich auch an Baukörpern in der Umgebung, vorhandene Gebäude hätten überdies sogar eine größere Kubatur. Reine Einfamilienhäuser seien nicht typisch für Dörfer, so das Planungsbüro. Aufgrund der 18 neuen Wohneinheiten sei mit mit allenfalls 40 Neubürgern zu rechnen. Rund 115 Einwohner hat Waibling zurzeit. Im Verkaufsfall könnten Waiblinger Bürger sogar die beiden größeren Einzelhäuser auf den Parzellen 2 und 3 erwerben. Außerhalb der Darstellung der Einwände durch Planer, Bürgermeister und Verwaltung gab es keine Nachfragen oder Diskussionsbeiträge von Markträten. Lediglich Marktrat Franz Limbrunner stimmte gegen den Satzungsbeschluss.