"Goldgräberstimmung bei Discountern"
Angelhändler aus Bayern macht Ärger in Youtube-Video Luft

Reinhold Meyers Video macht in den sozialen Netzwerken die Runde

03.03.2021 | Stand 21.09.2023, 3:43 Uhr

Der Einzelhandel sollte wieder öffnen, fordert Reinhold Meyer: Hier vor seinem Geschäft in Neumarkt. −Foto: Christian Willert

Reinhold Meyer, Inhaber eines Angelgeschäfts in Neumarkt (Oberpfalz), ist wütend: Während der Einzelhandel im Lockdown um seine Existenz kämpft, dürften die Discounter gutes Geschäft machen.

"Eine Riesenungerechtigkeit", erklärt er im Gespräch mit dem Donaukurier. Zuvor machte er in einem Video seinem Ärger Luft und trifft damit in den sozialen Netzwerken einen Nerv.

Ein Anruf bei dem Angelgeschäft - denn wir möchten persönlich mit dem Inhaber sprechen: Meyer (50) hat gerade Kunden vor Ort, die ihre Artikel über "Click & Collect" im Markt abholen. Doch zufrieden ist er mit diesem System nicht gerade: "Das Click& Collect bringt bei den Massen von Artikeln – wir haben riesige Flächen – gar nichts", so ließ er schon in seinem Videostatement Dampf ab.



Derzeit könne er am Tag mit 50 Euro Umsatz rechnen, ein Bruchteil von seinem sonstigem Geschäft. Die Rechnungen stapelten sich bei ihm, ein Betrag von 300.000 Euro sei noch offen. Wie er das zurückzahlen soll, weiß er nicht. Es sind Zeiten der Ungewissheit, für ihn, aber auch für alle anderen Einzelhändler. "Wir brauchen einen Termin, wann es weiter geht – jeder Tag zählt", mahnt er in seiner Videobotschaft.

Schwierige Zeiten für den Familienbetrieb

Normalerweise sei er kein Mann für die Kamera, erzählt er dem DONAUKURIER. Aber das Thema war ihm so wichtig, dass er sich ein Herz fasste und seine Geschichte im Netz erzählte. Denn vor 30 Jahren begann Meyer mit knapp 18 Jahren in dem Familienbetrieb zu arbeiten, der über die Jahre immer weiter wuchs. Mittlerweile trägt Meyer Verantwortung für gut 20 Mitarbeiter. Neben dem 2000 Quadratmeter großen Fachgeschäft gibt es weitere Filialen in Bayreuth und Wertheim. Nun stehe der Inhaber aber vor vollen Regalen, wisse nicht, wohin mit der Ware.



Meyer wünscht sich die Maßnahmen aus dem ersten Lockdown zurück: Dort habe es klare Vorgaben gegeben. In seinem Laden habe er sogar noch einen "draufgesetzt", für jeden Kunden statt 20 sogar 50 Quadratmeter zur Verfügung gestellt. Doch aktuell verstehe das Handeln der Politik nicht.

Dabei möchte er sich von Verschwörungstheoretikern klar distanzieren, erklärt er im Gespräch. Im Video sagt er: "Jeder Tote ist ein Toter zu viel, keine Frage." Doch er trifft auch provokante Aussagen: "Was bringt es, wenn sich die ersten in zwei Jahren an den Baum hängen, weil sie ihre Existenz verloren haben? Das sind auch Tote!"

Discounter und Einzelhandel: Eine Ungleichberechtigung

Der Angelhändler wendet sich direkt an Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, dessen Stellvertreter Hubert Aiwanger und Wirtschaftsminister Peter Altmaier: "Wissen Sie, was bei den Discountern los ist? Bei denen ist Goldgräberstimmung." Gezielt würden diese Ketten Warenbestände aufkaufen, die für den Fachhandel bestimmt gewesen wären: Von Werkzeugen, Elektroartikeln, Möbeln, Betten bis hin zu Angelgeräten. An sich keine Neuigkeit, so Meyer, diese Konkurrenz habe ihn auch nie interessiert, aber während Corona sei die Lage nun doch eine andere. Der Händler ist überzeugt: "So geht es nicht weiter, ihr macht uns den ganzen Mittelstand kaputt." Es sei entwürdigend für den Einzelhandel, nun betteln zu müssen, um wiederzueröffnen.

Allein das Video auf Facebook wurde in den vergangen Tagen tausendfach geteilt: Meyer selbst sei sehr überrascht von den Rückmeldungen. Er habe zahlreiche Nachrichten und Anrufe bekommen, Menschen hätten bei ihm Gutscheine gekauft, um sein Geschäft zu unterstützen.

Doch für ihn heißt es weiterhin abwarten, welche Entscheidungen Bund und Länder treffen. Möglichkeiten wie etwa das Termin-Shopping wären besser als nichts, findet er. "Aber auf Dauer ist das chancenlos."