PNP-Interview
9100 unbesetzte Stellen in Niederbayern

vbw-Bezirksvorsitzender Dr. Thomas Pröckl über Förderprogramme und Fachkräftesicherung

29.06.2021 | Stand 20.09.2023, 6:53 Uhr

Dr. Thomas Pröckl ist seit Februar 2020 vbw-Bezirksvorsitzender.

Die vbw-Bezirksvorstandschaft stellte bei ihrer Sitzung vergangene Woche ihre Forderungen nach "zukunftsorientierten Strategien" für die von der Krise gebeutelte Wirtschaft vor. Im PNP-Gespräch erläutert Bezirksvorsitzender Dr. Thomas Pröckl die Hintergründe und erklärt, dass es Hilfen für Betriebe mit Fachkräftemangel gibt.

Sie sprechen von "zukunftsorientierten Strategien für die Zeit nach der Krise" für die Tourismusbranche. Was stellen Sie sich konkret vor?
Dr. Thomas Pröckl: Die Krise ist auch eine Chance, sich für die Zukunft neu und nachhaltig aufzustellen. Dabei gibt es nicht die eine Patentlösung, aber die Richtung ist klar: Die Tourismuswirtschaft muss den geänderten Kundenerwartungen und dem Klimawandel gerecht werden, unter deutlich stärkerer Einbindung digitaler Lösungen.

Welche Förderprogramme würden der niederbayerischen Wirtschaft helfen?
Pröckl: Bund und Freistaat haben rasch reagiert und umfassende Wirtschaftshilfen und Förderprogramme aufgelegt, die dem Tourismus bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie helfen. Was für den Restart und nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg zu tun ist, hat die vbw gemeinsam mit der Dehoga Bayern (Hotel- und Gaststättenverband) in einem Paket für den Tourismus formuliert. Dazu gehört auch, die Rahmenbedingungen zu verbessern: zum Beispiel im Steuerrecht, bei den bürokratischen Auflagen oder der Fachkräftesicherung.


Die vbw hat die ,Taskforce Fachkräftesicherung+‘ ins Leben gerufen. Was ist deren Aufgabe?
Pröckl: Wir werden weiterhin großen Fachkräftemangel in bestimmten Bereichen erleben. Nur durch eine an den betrieblichen Bedürfnissen orientierte Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können die bayerischen Unternehmen im internationalen Wettbewerb an der Spitze bleiben. Mit der Taskforce FKS+ unterstützt die vbw zusammen mit dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie branchenübergreifend bayerische Unternehmen bei allen Fragen der Fachkräftesicherung. Das Projekt ist Herzstück der Initiative Fachkräftesicherung+ von vbw und Bayerischer Staatsregierung. Die Beratung rund um das Thema Qualifizierung ist dabei ein Schwerpunkt. Wir unterstützen die Betriebe mit verschiedenen Tools.

Wie viele Fachkräfte fehlen in den Betrieben Ihres Bezirks?
Pröckl: Die Corona-Pandemie hat den Fachkräftemangel nur überdeckt. Viele Branchen melden schon jetzt zurück, dass sie offene Stellen nicht besetzen können. Fachkräftesicherung bleibt eine Daueraufgabe. Die gezielte Qualifizierung der Beschäftigten ist umso wichtiger, als sich durch die digitale Transformation die Anforderungen in der Arbeitswelt wandeln und neue Fähigkeiten und Kompetenzen erworben werden müssen. Die Zahl der neuen Stellenmeldungen ist bayernweit im Mai gestiegen. In den drei niederbayerischen Agenturbezirken waren es im Mai rund 9100 unbesetzte Stellen. Das sind sechs Prozent mehr als im Vormonat. Auch daran sieht man, dass die Arbeitskräftenachfrage anzieht.

Können sich die Unternehmen mehr engagieren, um Mitarbeiter für die Weiterqualifizierung zu motivieren bzw. woran scheitert es, dass die Leute den Weiterqualifikations-Angeboten nicht die ,Bude einrennen’?
Pröckl: Die Gründe sind vielfältig. Vor allem muss der Impuls für Weiterbildung von den Beschäftigten und ihren Unternehmen kommen. Außerdem kennen gerade kleinere Betriebe die Fördermöglichkeiten nicht ausreichend bzw. haben dafür keine Personalressourcen. Mit der Taskforce FKS+ leisten wir hier eine gute Unterstützung, da die Taskforce den administrativen Aufwand übernimmt.

Interview: Regina Ehm-Klier