Niederbayerns BFV-Boss
Zukunfts-Pläne, Re-Start und Kritik am Verband: Harald Haase im Interview

06.07.2020 | Stand 06.07.2020, 8:00 Uhr

Kommunikation steht für ihn derzeit an oberster Stelle: Harald Haase. −Foto: Mike Duschl

Im Interview mit heimatsport.de spricht Harald Haase, der Bezirksvorsitzende des BFV in Niederbayern, über die Pläne in Corona-Zeiten und Kritik am Verband. Außerdem deutet er einen Ligapokal auch auf Kreisebene an.

Erstmals seit Wochen sind im aktuellen Corona-Maßnahmenplan der Staatsregierung keine Lockerungen vorgesehen. Inwieweit wirkt sich das auf die Planungen im Fußball-Bezirk aus?
Harald Haase: Grundsätzlich stehen wir als Bayerischer Fußball-Verband hinter den Entscheidungen und Vorgaben der Bayerischen Staatsregierung, auch wenn wir uns gerade für die Kontaktsportart Fußball schon eher die ein oder andere Lockerung gewünscht hätten. Es ist doch klar, dass wir alle wieder loslegen wollen. Lieber heute als morgen. Aber wir müssen vorsichtig sein: Die Gesundheit steht über allem. Für die Planungen des Re-Starts der Saison 2019/2020 ist das natürlich ungünstig, da wir – Stand heute – nicht fest davon ausgehen können, dass wir am ersten September-Wochenende wieder spielen können. Ich hoffe, dass wir hier die nächsten Tage Gewissheit bekommen, ab wann ein vernünftiger Trainings- und Spielbetrieb ohne Einhaltung der Abstandregelungen möglich sein wird. Nach wie vor gilt, dass ab diesem Tag dann die Vereine mindestens vier bis sechs Wochen die Möglichkeit haben sollen, sich ordnungsgemäß auf den Re-Start vorzubereiten.

Man hat den Eindruck, die Ungeduld wächst. Welche Rückmeldungen bekommen Sie?
Haase: Die allermeisten Vereine wissen, dass wir uns als Bayerischer Fußball-Verband an die Vorgaben der politischen Entscheidungsträger halten müssen und keine Entscheidungen hinsichtlich der Lockerungen treffen können. Vereinzelt kommt an diesen Entscheidungen natürlich Kritik hoch, die auch dann bei mir landet. Es ist teilweise schwer zu erklären, warum gerade an Wochenenden bei schönem Wetter größere Menschenansammlungen auf öffentlichen Plätzen möglich sind, jedoch der Fußball nach wie vor nicht rollen darf. Aber wie gesagt: Es geht um die Gesundheit, es gibt ja gerade in jüngster Zeit mahnende Beispiele.

Muss der niederbayerische Fußball tiefergreifende Auswirkungen der Corona-Krise fürchten? Ältere Spieler, die aufhören, Nachwuchsspieler, die andere Hobbys gefunden haben...
Haase: Dies kann keine Sportart, auch der Fußball, natürlich nicht ausschließen, dass sich der ein oder andere, nach so einer langen Pause vom aktiven Vereinssport verabschieden wird oder sich Nachwuchsspieler ein anderes Hobby suchen. Die Verantwortung dafür kann jedoch der BFV den Vereinen nicht abnehmen, sich hier intensiv mit seinen Mitgliedern, Spielerinnen und Spielern auszutauschen. Gerade in solch schwierigen Zeiten gilt es, zu seinem Verein zu stehen und enger zusammenzurücken.

Man hatte zuletzt den Eindruck, der Ligapokal auf Bezirksebene stoße bei den Vereinen auf wenig Gegenliebe. Wie ordnen Sie die Stimmungslage bei den Vereinen nach der Nachjustierung ein?
Haase: Diesen Eindruck habe ich nicht, ganz im Gegenteil. Die Lösungs-Arbeitsgemeinschaft auf Bezirksebene hat hier in sehr engem Austausch mit den Vereinsvertretern eine Lösung in Sachen Ligapokal-Wettbewerb gefunden, die auf große Zustimmung trifft. Dass es nun aus jedem Bezirk in Bayern einen zusätzlichen Aufsteiger in die Landesliga geben wird, unterstreicht ganz klar den sportlichen Stellenwert dieses Wettbewerbs. Diese Lösungsansätze werden wir nun mit allen Bezirksligavereinen besprechen und ihre Vorstellungen und Wünsche so weit wie möglich berücksichtigen. Ich bin davon überzeugt, dass wir hier gemeinsam ein Angebot erarbeiten werden, das jedem Verein bis zum Saisonende am 15./16. Mai 2021 genügend Spiele mit sportlichem Wert ermöglichen wird. Besondere Situationen erfordern oft besondere Maßnahmen – unser Anspruch ist es, dem gerecht zu werden.

Die Vereine auf Kreisebene haben sich zuletzt zum Teil vernehmlich über mangelnde Perspektive beklagt. Was sagen Sie zu denen?
Haase: Ohne hier dem Dialog mit allen Vereinen auf Kreisebene etwas vorwegzunehmen – denn hierzu werden wir uns bis Ende nächster Woche mit allen Vereinen besprechen – kann ich heute schon so viel sagen, dass es in jedem Kreis zusätzliche Aufsteiger über den Ligapokal-Wettbewerb in die Kreisligen und Kreisklassen geben wird. Eine Perspektive mit einem sportlichen Anreiz wird somit ebenfalls gegeben sein.

An welcher Stelle sehen Sie die größten Risiken für den regionalen Fußball durch Corona?
Haase: Wir waren in der Vergangenheit stets gut beraten, den Fußball, der zweifelsohne zu einer der schönsten Nebensachen der Welt gehört, gerade in den Zeiten der Corona-Krise nicht zu sehr in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussionen zu stellen. Jeder Einzelne von uns hat Familie und Beruf. Das sind Bereiche, die viel wichtiger anzusehen sind als unser geliebter Fußball. Das größte Risiko sehe ich derzeit darin, wie wir mit dem Umstand umgehen werden, sollte, wie teils befürchtet, eine zweite Corona-Welle kommen. Wird es dann wieder einen Lockdown geben? Wie lange wird dieser dann andauern? Dann werden wir gemeinsam mit unseren Vereinen in ganz Niederbayern erneut gefordert sein und auf eine weitere Probe gestellt. Auch die Frage, wie wir mit dem Umstand umgehen werden, sollten sich ein oder gar mehrere Spieler einer Mannschaft mit dem Corona-Virus infizieren, treibt mich schon länger um. Wie bekommen wir das spielplantechnisch geregelt, wenn unter Umständen eine ganze Mannschaft für zwei Wochen in Quarantäne muss? Es kann in naher Zukunft immer wieder zu Situationen kommen, zu denen wir keinen fertigen Plan in der Schublade haben. Aber wir haben mit unserer Entscheidung, die Saison fortzusetzen, maximale Flexibilität gewonnen.

Was wünschen Sie sich für den regionalen Fußball dieser Tage?
Haase: Allen voran würde ich mir natürlich zeitnah einen wirksamen Impfstoff gegen das Corona-Virus wünschen, damit verbunden natürlich die Hoffnung auf ein Stück weit Normalität in unserem Alltag. Erst danach wird es möglich sein, den Fußball sowohl im Trainings- als auch im Spielbetrieb so zu erleben, wie wir dies gewohnt sind, nämlich ohne irgendwelche Einschränkungen. Weiterhin würde ich mir wünschen, dass so viele wie möglich dem Fußballsport als aktive Spielerinnen und Spieler erhalten bleiben und unsere Vereine in Niederbayern durch die Corona-Krise nicht unnötig in finanzielle Schieflagen geraten. Dies sollte alles möglich und machbar sein, wenn wir auch in Zukunft respektvoll und fair miteinander umgehen und das gebotene gegenseitige Verständnis füreinander haben. Dazu gehört für mich auch der Austausch der Argumente auf Augenhöhe. Irgendwelche Behauptungen zu posaunen, die zum einen nicht den Fakten entsprechen und zum anderen auch noch weit unter die Gürtellinie gehen, sind nicht zielführend. Wie eingangs gesagt: Wir alle wollen wieder loslegen. Lieber heute als morgen.

Interview: Martin J. Freund