Plattling
Wirte reagieren mit Unverständnis auf Gastro-Lockdown

29.10.2020 | Stand 18.09.2023, 4:59 Uhr

Das Biergartengeschäft ist vorbei – doch drinnen geht’s für die Gastronomen ab Montag nicht mehr weiter. Speisen und Getränke dürfen einen Monat lang nur zum Mitnehmen verkauft werden. Während sich Preysinghof-Wirt Markus Schiefeneder voll darauf konzentriert, will Birgit Weinzierl, Chefin des Hotels Liebl, nicht in diesen umkämpften Wettbewerb treten. −Fotos: Häusler/Archiv

Einen Monat lang müssen Restaurants wieder schließen. Ab Montag dürfen nur noch Speisen und Getränke zum Mitnehmen verkauft werden. Die PZ hat sich bei Plattlinger Gastronomen erkundigt. So reagieren sie auf den politischen Schritt im Kampf gegen das Corona-Virus.

Markus Schiefeneder, Wirt des Preysinghofs: "Wir wissen, mit der Situation umzugehen. Die zuletzt geltenden Ampel-Regeln verunsicherten die Leute ohnehin, einige nutzten schon unser Angebot zum Mitnehmen. Dieses bauen wir weiter aus und beliefern auch Firmen. Sollten wir Gastronomen wirklich 75 Prozent der Einnahmen erhalten, die wir im November 2019 erzielt haben, dann ist das ein ausreichender Ausgleich. Der Personalstamm ist seit der Corona-Pandemie von 26 auf elf Angestellte geschrumpft. Wer in den vergangenen Wochen bedient hat, fährt nun Bestellungen aus. Und Kurzarbeit betrifft jeden Angestellten zu einem Teil. Kritisch sehe ich, dass zum Beispiel Modegeschäfte weiterhin geöffnet bleiben. Die dort geltenden Hygienekonzepte sind gewiss nicht besser als die in der Gastronomie."

Birgit Weinzierl, Inhaberin des Hotels Liebl: "Ich habe die Nachrichten am Mittwochabend mit Erschrecken verfolgt. Dass die Politiker die Anzahl für Hochzeiten weiter beschränken, das konnte ich mir vorstellen. Aber das Gastronomie-Verbot ist für mich nicht nachvollziehbar und reißt vielen den Boden unter den Füßen weg. Die in Aussicht gestellte Entschädigung wird den Verlust abfangen. Es bleibt aber abzuwarten, wie viel Geld wir Gastronomen wirklich bekommen. Gut, dass zumindest weiterhin Geschäftsleute im Hotel übernachten dürfen. Weil es in Plattling ohnehin viele gibt, die auf das Lieferdienst-Geschäft angewiesen sind, werden wir nicht in diesen Wettbewerb einsteigen. Wir waren vor der Pandemie ein rund zehnköpfiges Team und sind es heute auch. Unser Haus nimmt Kurzarbeit in Anspruch."

Mustafa Yilmaz, Inhaber des Saray Grill: "Diese Entscheidung war abzusehen, ist für mich aber dennoch nicht verständlich. Wir haben ein Hygienekonzept erarbeitet und umgesetzt. Die Gastronomie ist nicht Infektionstreiber. Es ist traurig. Bei mir gibt’s weiterhin den Straßenverkauf. Lustig ist es aber nicht, stundenlang alleine im Lokal zu stehen. Zwischenmenschliche Kontakte sind wichtig – die Beschränkungen wirken sich doch auf die Psyche aus. Außerdem bereitet es mir Sorge, wenn immer wieder die Polizei angerufen wird, um vermeintliche Verstöße zu melden. Man kommt sich vor wie ein Schwerverbrecher."

Fernando Midea, Chef des Pizza-Pavillons: "Seit vier Jahren habe ich für die Wintersaison die Hütte. Die muss ich ab Montag zusperren, der Umsatz wird sinken. Das erarbeitete Hygienekonzept, alles, was wir bisher gemacht haben, ist umsonst. Wenn die Entschädigungssumme wie angekündigt ausbezahlt wird, dann ist das in Ordnung. Auch Kurzarbeit hilft, die Situation zu überstehen. Doch insgesamt betrachtet, das ist zumindest meine Meinung, verschlimmern das Gastronomie-Verbot oder vorgezogene Sperrstunden doch die Situation. In einem Lokal gibt’s Abstandsregeln, die Nachverfolgung wäre möglich. Nun treffen sich die Menschen im eigenen Wohnzimmer – ohne Abstand, ohne Kontrolle. Die Situation in U-Bahnen, Zügen und Bussen erachte ich als kritischer. Darüber spricht kein Politiker."

− chh