54-Jähriger spricht über Folgen der Saison-Fortführung
"Wettbewerbsverzerrung" und "Farce": Kötzting-Trainer Karmann kritisiert BFV

03.07.2020 | Stand 19.09.2023, 1:39 Uhr

Steht dem Re-Start, den der BFV Anfang September geplant hat, skeptisch gegenüber: "Es gibt zu viele Unklarheiten", sagt Bad Kötztings Trainer Uli Karmann. −Foto: Frank Bietau

Eigentlich wollte Uli Karmann (54) in diesen Tagen mit neuen Zielen und einer runderneuerten Mannschaft in eine neue Saison starten. Der A-Lizenzinhaber aus Deggendorf, der seit Januar am Roten Steg als Trainer fungiert, freute sich darauf, mit dem 1. FC Bad Kötzting im Sommer von vorne anzufangen. Doch damit wird nun vorerst nichts: Die Corona-Pandemie macht Karmanns Plänen einen Strich durch die Rechnung. Auch deshalb, weil der Bayerische Fußball-Verband (BFV) auf die Fortführung der laufenden Saison pocht. Sollte der Ball im September wieder rollen, steht in Bad Kötzting ein eher ruhiges Fußball-Jahr bevor. Mit 32 Punkten rangieren die Badstädter auf Platz neun der Landesliga Mitte, sind damit im Niemandsland der Tabelle. Welche Folgen das für ihn als Trainer und sein Team hat, verdeutlich Karmann im Interview mit Heimatsport.de.

Herr Karmann, viele Fußball-Vereine bereiten sich derzeit auf den Re-Start vor. Dabei hat die Corona-Pandemie das Land noch fest im Griff. Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf die nächsten Wochen?
Karmann: Nach wie vor ist es eine schwierige Situation. Dem Re-Start im September stehe ich skeptisch gegenüber. Was macht man, wenn es in der Mannschaft einen Corona-Fall gibt? Müssen dann alle Spieler in Quarantäne und können nicht in die Arbeit gehen? Werden die Spiele, so wie in der Bundesliga, in kürzester Zeit nachgeholt? Da gibt es zu viele Unklarheiten. Das ist alles nicht Fisch, nicht Fleisch. Aus sportlicher Sicht ist mir auch das Wechselfenster im Sommer ein Dorn im Auge. Ich gehe davon aus, dass das der ein oder andere Konkurrent ausnutzen und sich dementsprechend verstärken wird. Das grenzt an Wettbewerbsverzerrung.

Welche Lösung haben Sie parat?
Karmann: Von Beginn an war ich für den Saison-Abbruch. Schon alleine, weil die Vereine nun de facto keine Planungssicherheit haben. Wie geht man jetzt zum Beispiel mit den Vertragsamateuren um, die nun womöglich gegen ausbleibende Gehälter klagen? Anstatt den Ligapokal einzuführen, hätte ich versucht, die Liga in einer anderen, abgeschwächten Form mit weniger Spielen durchzubringen. Dass der Verband zudem weiter an der Relegation festhält, ist eine Farce.

Wie ist die Lage in Bad Kötzting? Rollt am Roten Steg schon wieder der Ball?
Karmann: Nein – wir werden erst Anfang August mit dem Training beginnen. Wir haben viele auswärtige Spieler, deren Fahrtkosten entschädigt werden. Da macht ein kontaktloses Training keinen Sinn. Im Moment halten sich die Spieler noch in Eigeninitiative fit.

Dennoch wird auch in Bad Kötzting im Hintergrund fleißig gearbeitet.
Karmann: Derzeit ist vieles in Bewegung, das stimmt. Eigentlich stehen wir vor einem Umbruch, das hat sich durch Corona jetzt etwas verlangsamt. Klar ist aber, dass wir Abgänge verkraften müssen. Zum einen, weil wir Lehrer und Referendare im Team haben, die womöglich an einen anderen Ort versetzt werden. Zum anderen gibt es den ein oder anderen tschechischen Spieler, dessen weiteres Engagement noch nicht geklärt ist. Mit Max Bachl-Staudinger hat uns ja bereits ein wichtiger Spieler Richtung Osterhofen verlassen.

Die Lücken sollen nun zum Teil Talente schließen. Mit Jonas Berzl und Torwart Tobias Vogl kommen zwei Spieler, die beim ASV Cham schon Bayernliga-Luft schnuppern durften.
Karmann: Jonas kenne ich von der Regionalauswahl, er passt genau in unser Anforderungsprofil. Auch Tobias wird uns weiterhelfen. Generell wollen wir verstärkt auf junge Talente aus der Region setzen.

Ihr Vertrag läuft bis zum Sommer 2021. Die Zielsetzung hat sich nun aber geändert. Ist das ein Grund, das Engagement vorzeitig zu beenden?
Karmann: Ich stehe zu meinem Wort und habe vor, meinen Vertrag zu erfüllen.