Göttersdorf
Wacholder – Küchenkraut und Heilpflanze zugleich

10.01.2021 | Stand 18.09.2023, 5:10 Uhr

Wacholderzweige mit Beeren, Wacholderschinken und Gin.

Wacholderbeeren sind in der Küche ein beliebtes Gewürz für verschiedene Fleischgerichte und für Sauerkraut. Die kleinen blauschwarzen Früchte des Wacholderstrauches geben den Gerichten nicht nur ein würziges Aroma, die enthaltenen Gerb- und Bitterstoffe sowie viele weitere sekundäre Pflanzenstoffe machen fette und schwer verdauliche Speisen auch bekömmlicher. Wacholder zählt zudem zu den ältesten Heilpflanzen.

Bereits im alten Ägypten und auch die Römer wussten schon um die heilkräftige Wirkung der Beeren. Zur Bekämpfung der Pest wurden im Mittelalter Beeren und Zweige zum Ausräuchern der Häuser und Krankenzimmer verwendet, um die krank machenden Keime zu eliminieren. Zudem kauten die Menschen die antiseptisch wirkenden Wacholderfrüchte, um sich vor der Ansteckung mit der Krankheit zu schützen.

Die alten Erfahrungen wurden durch neue Forschungen bestätigt – Wacholder besitzt eine stark keimtötende und abwehrsteigernde Kraft. Noch heute kann man sich durch das Kauen von Wacholderbeeren vor Ansteckung während der Grippezeit schützen. Zu dieser Anwendung als Vorbeugung bei erhöhter Infektionsgefahr rät auch Pfarrer Kneipp. Seine Empfehlung dazu lautet: "Wer im Dienste Schwerkranker der Ansteckungsgefahr bei Tag und Nacht preisgegeben ist, der kaue sechs bis zehn Wacholderbeeren über den Tag verteilt. Diese bereiten einen guten Geschmack im Munde und verbrennen gleichsam die schädlichen Ausdünstungen, wenn sie durch Mund oder Nase eindringen wollen". In Zeiten, in denen uns Grippe- und Covid19 - Viren umschwärmen, kann es nicht schaden, die Kneippsche Empfehlung zusätzlich zu den bekannten AHA-Regeln zur Ansteckungsabwehr anzuwenden.

Zur Stärkung des Magens und zur Entschlackung, sowie bei Rheuma und Gicht hat Kneipp seinen Patienten eine 24-tägige Wacholderbeeren-Kur nach folgendem Schema verordnet: 1.Tag – vier Beeren, 2.Tag – fünf Beeren und dann täglich eine Beere mehr. Bis zum zwölften Tag sind es 15 Beeren. Dann wieder die Menge der Beeren, um jeweils eine pro Tag reduzieren.

Grundsätzlich soll man Wacholderbeeren jedoch nicht über einen längeren Zeitraum in hoher Dosierung zu sich nehmen. Da sie sehr stark wassertreibend wirken, kann es bei Überdosierung zu einer Schädigung der Nieren kommen. Bei Nierenschwäche, entzündlichen Erkrankungen der Nieren und während der Schwangerschaft darf Wacholder gar nicht angewendet werden.

Die Kranwitt- oder Krammetbeeren, wie die Wacholderfrüchte im Volksmund auch heißen, werden seit alters her nicht nur in der Volksmedizin und als Küchengewürz hoch geschätzt. Aus ihnen wird auch Hochprozentiges gebrannt: Sie sind es, die dem Gin und Steinhäger den charakteristischen Geschmack verleihen. Wacholderschinken bekommt sein würziges Aroma sowohl von den Beeren, als auch vom Holz des Kranwittbaumes, in dessen desinfizierenden Rauch der Schinken reift und haltbar gemacht wird.

Wacholder ist das auf der Erde am weitesten verbreitete Nadelgehölz. Dennoch steht er bei uns unter Naturschutz, weil sein Überleben hier zu Lande bedroht ist. Für die Ernte der Wacholderbeeren auf den Naturstandorten bedarf es einer ausdrücklichen Genehmigung. Zudem ist das Abzupfen der kleinen Beeren von den extrem stacheligen Zweigen sehr mühsam. Da ist es schon einfacher im Lebensmittelhandel ein Tütchen zu kaufen. So hat man immer genügend Vorrat an "Krammetbeerl" zum Kochen und Kurieren.

− eib