Jugend-Fördervertrag erhalten
"Ein rotes T-Shirt darf ich nicht mitbringen": Reichenhaller Fabian Huber spielt bei den Löwen in der U17-Bundesliga

14.06.2022 | Stand 19.09.2023, 2:52 Uhr
Hans-Joachim Bittner

Markus Huber ist stolz auf seinen Sohn Fabian: Der 16-Jährige ist ein großes Fußball-Talent und erhielt nun einen Jugend-Fördervertrag beim TSV 1860 München. −Foto: Bittner

Die Farbe Rot ist verpönt. Das hat Fabian Huber sofort gemerkt. Der Reichenhaller spielt ab August mit den Münchner Löwen in der U17-Bundesliga – und freut sich riesig auf Spiele gegen den VfB Stuttgart, den Deutschen Vize-Meister dieser Altersklasse, gegen die großen Rivalen des FC Bayern, den Club aus Nürnberg, Augsburg, den KSC oder Eintracht Frankfurt. Herausragende Leistungen mit dem SB Chiemgau Traunstein in der Bezirksoberliga ließen den Traditionsverein aus Giesing auf den 16-jährigen Innenverteidiger aus der Kurstadt aufmerksam werden. Nach zwei Probetrainings an der Grünwalder Straße im Februar kamen bereits positive Signale, nach dem Liga-Erhalt der Löwen in der höchsten Spielklasse die feste Zusage. "Das Warten war richtig nervenaufreibend, wir wollten natürlich wissen, wie es weitergeht", schmunzelt Papa Markus, einst unter anderem Landesliga-Kicker beim ESV Freilassing und mit seinem Heimatverein TSV Bad Reichenhall in der Bezirksliga unterwegs. Nach ihm selbst (1987 bis 1992) ist sein Sohn erst der zweite Reichenhaller, der einen Vertrag bei den "blauen" Münchnern erhält.

Schnelligkeitstest vor allen Etablierten gewonnen

Über Meister-Löwe Hans Reich und Fabians Stiefvater kam der Kontakt zu den Löwen zustande, von 1860-NLZ-Leiter Manfred Paula wurde Fabian Huber zu zwei (Probe-)Trainings – ganz normal mit dem U16-Kader des TSV – nach Giesing eingeladen. Ende Februar war’s soweit: Der gebürtige Reichenhaller präsentierte sich nervenstark. Huber gewann sogar einen Schnelligkeitstest vor allen Etablierten, sodass die Löwen-Verantwortlichen verstärkt auf ihn aufmerksam wurden. "Wir bekamen sofort positives Feedback, obwohl wir nach nur zwei Trainings skeptisch waren", sagt Vater Markus Huber. Doch das enorme Potenzial des Sohnemanns, der die Fußball-Gene offenbar von ihm vererbt bekam, überzeugte die Talentsichter – vor allem Ex-Profi Marco Haber, Leiter der Löwen-Scout-Abteilung.

Zu diesem Zeitpunkt stand allerdings in den Sternen, ob die U17-Löwen unter Coach Felix Hirschnagl in der kommenden Spielzeit Bundesliga spielen würden. Mit einem 4:1-Sieg nach 0:1-Rückstand in Darmstadt wurde der Klassenerhalt mit Rang 13 in einer 21er-Liga jedoch eingetütet. "Das war eine Zitterei, weil es keinen Live-Ticker gab. Ich hab tausend Mal aufs Handy geschaut, bis endlich das Ergebnis da war", erinnert sich Fabian Huber. Pandemiebedingt wurde lediglich eine Einfach-Runde ohne Rückspiele absolviert, sage und schreibe sieben Teams ließ der DFB dadurch absteigen. Die B-Junioren der Löwen hatten am Ende drei Zähler mehr als der erste Absteiger 1. FC Kaiserslautern.

Ganz fix machte der TSV die Sache danach immer noch nicht. "Wir mussten noch einmal ein paar Wochen warten und saßen wie auf Kohlen, bis der Anruf endlich kam", erzählt Markus Huber. Nun ist es Fakt: Sohn Fabian unterschrieb einen Jugend-Fördervertrag, wird am 20. Juni mit ins Löwen-Training einsteigen, die Vorbereitung mit spannenden Tests gegen Dynamo Dresden und Young Boys Bern bestreiten und Mitte August mit dem U17-Team des TSV 1860 in die Saison 2022/23 der Süd/Südwest-Bundesliga starten. Mit Simon Hafner aus Freilassing spielt einer seiner Mannschaft, den er gut kennt. "Sicher kein Nachteil für den Start", weiß Vater Markus. Künftig wird sein Sohn viermal die Woche trainieren und am Wochenende ein Spiel bestreiten. Verbessern will sich der Linksfuß vor allem mit dem rechten, das fordern die Löwen-Trainer ohnehin.

"Ein rotes T-Shirt darf ich nicht mitnehmen. Da hängt ja nicht mal ein Bild von einem Sonnenuntergang", lacht der junge Kicker nach seinem ersten Besuch am Löwen-Trainingsgelände in Giesing. Beim TSV ist alles Blau. Das mag für viele befremdlich wirken, doch Markus Huber versteht: "Sie leben das halt in einer unbeschreiblichen Art und Weise – wie eine große Familie. Rot, egal in welcher Form, geht einfach nicht". Ex-Profi Haber fragte, als ihm Fabian von einer Huber‘schen Geburtstagsfeier in Blau und Rot berichtete, auf welcher Seite er gesessen hätte. "Auf der roten", traute sich der Junioren-Kicker kaum antworten. "Na ja, jeder macht mal Fehler", meinte der Talentsichter daraufhin mit einem Schmunzeln. "Unter den Spielern ist das eher ein Spaß, im Grunde wird aber nicht darüber geredet", weiß Fabian. "Man sieht die Jungs des anderen Vereins schließlich in diversen Auswahl-Teams – soll man da dann nicht mit denen reden?", sagt Markus Huber.

Ab 1. Juli wohnt Sohnemann Fabian im Internat und geht dann aufs Gymnasium – acht Gehminuten vom 60er-Gelände entfernt und kurioserweise in unmittelbarer Nähe zur Säbener Straße gelegen. Dort kümmert sich Löwen-Nachwuchskoordinatorin Bettina Scheuenpflug rund um die Uhr um die Belange der Junioren-Kicker. Markus Huber und der Familie war wichtig, dass die sportliche Verpflichtung seines Sohnes beim TSV 1860 mit einer Aufnahme ins "Fußball"-Internat einhergeht. "Die Löwen kümmern sich um ihre jungen Spieler", weiß er. Fabian muss sich dort selbst versorgen: Kochen, putzen, Wäsche waschen.

Der Sport steht im Fokus, ist aber nicht alles: Sollte es am Ende doch nichts werden, mit einer großen Profi-Karriere, ist er aufs normale Leben da draußen vorbereitet. An den wenigen freien Tagen sollen die Sportler heimfahren: "Fußball ist Fußball, Familie ist wichtig", sagt Bettina Scheuenpflug. "Diese Betreuung ist bei 1860 absolut top, besser als bei weitaus größeren Vereinen", weiß Markus Huber. Wenn alles glatt läuft, wird sein Sohn in drei Jahren sein Abitur schreiben, Hauptfach Sport.

Seine Traunsteiner SBC-Mannschaftskameraden freuen sich für Fabian Huber: "Es ist kein Problem, dass ich wechsle. Sie haben das super aufgenommen. Freilich ist es traurig, von den ganzen Freunden wegzugehen". Dass er die einzigartige Möglichkeit eines Engagements bei einem Profi-Verein nutzen muss, ist aber auch klar. Das sieht der SBC-Vorsitzender genauso, legte Fabian keine Steine in den Weg. Für den Verein ist ein Wechsel dieser Couleur schließlich eine nicht unerhebliche Prestigesache.

Der Weg beginnt beim Heimatverein des Vaters

Mit vier Jahren begann Fabian beim Heimatverein seines Vaters, dem TSV Bad Reichenhall, unter den Trainern Thomas Sprinzing und Nik Schubert mit dem Fußball. Er spielte rasch bei den ein Jahr älteren mit, von der F- bis zur D-Jugend war Vater Markus sein Coach. Früh erkannte der SBC das außergewöhnliche Talent und sicherte sich 2018 die Dienste Fabian Hubers, damals erst zwölf Jahre alt. In der Großen Kreisstadt avancierte er zum Innenverteidiger, obwohl ihm die Offensive weit mehr zusagt. Doch SBC-Trainer Hubert Heigermoser setzte ihn ein wenig als Lückenfüller ein, wo es gerade brannte. Als Feuerwehrmann fügt sich Fabian Huber in seine neue Rolle und erfüllte die in ihn gesetzten Erwartungen – offensiv wie defensiv. Seine erste Partie in der U12-Bezirksoberliga war jenes gegen die großen kleinen Bayern vor 350 Zuschauern im Trift-Stadion: "Wir haben 2:2 gespielt, hätten sogar gewinnen müssen. Das war eine große Sache, darauf bin ich noch heute stolz", sagt Fabian Huber. Künftig wird er diese "außergewöhnlichen Erlebnisse" nahezu Woche für Woche erfahren und möglicherweise richtig genießen können. Der Weg als Profi am runden Leder ist vorgezeichnet, jetzt liegt’s an ihm, etwas aus dieser großen Chance zu machen.