"Die Mannschaft" hat bald ausgedient: DFB will Slogan wohl noch vor der WM abschaffen

07.06.2022 | Stand 07.06.2022, 16:04 Uhr

Die Kritik am Marketing-Slogan der DFB-Elf von Bundestrainer Hansi Flick wird immer größer. −Foto: dpa

Nach Jahren der Diskussion scheint klar: Der umstrittene Begriff "Die Mannschaft" ist bald Geschichte - womöglich noch vor der WM.

Am Trainingsplatz in Herzogenaurach und in den Stadien von Bologna oder München ziert der weiße Schriftzug "Die Mannschaft" noch wie selbstverständlich die Werbebanden. Doch nach Jahren hitziger Diskussionen zeichnet sich immer deutlicher ab: Der polarisierende Begriff dürfte bald aus dem Umfeld der DFB-Elf verschwinden.

Selbst Oliver Bierhoff könnte "damit leben", sollte das DFB-Präsidium den Daumen senken. Der Geschäftsführer Nationalmannschaften und Akademie gilt als Schöpfer des 2015 auf dem Höhepunkt der Weltmeister-Euphorie eingeführten Slogans. Doch er kann das immer lautere Gegrummel nicht mehr ausblenden.

"Dieser Begriff ist mir zu abgehoben", sagte DFB-Vize Hans-Joachim Watzke, "es ist respektlos gegenüber allen anderen erfolgreichen Mannschaften." Dabei müsse der Verband "bodenständiger werden". Für Rekordnationalspieler Lothar Matthäus steht fest: ""Die Mannschaft" muss weg!"

DFB-Vize will Lösung noch vor der WM

Einer ersten, offenen Präsidiumsdebatte soll im Sommer eine zweite, vertiefende folgen. Das Ziel: Eine Lösung "rechtzeitig vor der WM", sagte DFB-Vize Hermann Winkler dem SID. Der Präsident des Nordostdeutschen Fußballverbandes glaubt, "dass sich kaum noch einer der Fans mit diesem Begriff identifiziert und demnach nicht mit unserer Nationalmannschaft" - ein Alarmsignal für "unser Aushängeschild" (Winkler).

Hansi Flick widerspricht. "Für mich ist es "Die Mannschaft", weil jeder Einzelne ein Stück Deutschlands ist und gerne für diese Nation spielt", sagte der Bundestrainer dem ARD-Hörfunk. Im Team sei die Debatte allerdings "überhaupt kein Thema", berichtete er, zumal der bloße Name nicht "dazu beiträgt, ob wir Erfolg haben oder nicht".

Bierhoff gab zu, er "hänge nicht" an der Wendung, ergänzte in Richtung all der lästigen Traditionalisten aber spitz: "Wenn jemand bessere Vorschläge hat, was wir auf den Bus schreiben können, darf er sie gerne unterbreiten." Adlerträger? Die Schwarz-Weißen? Hansis Horde? Zugegeben: keine Alternativen.

Bierhoff: Mehrheit der Fans sieht "Die Mannschaft" positiv

"Ganz schlicht: Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft", sagte DFB-Vize Winkler, "das ist nicht allzu kreativ, aber man muss keinen Kunstbegriff erfinden." Es gehe "um Identifikation", außerdem hätte die neue, alte Kennzeichnung "den Charme, dass sie gleichberechtigt für Frauen und Männer" stünde.

Schon nach dem WM-Desaster 2018 war "Die Mannschaft" auf den Prüfstand gekommen. Viele brachten die Betitelung mit missglückten Marketing-Aktionen wie "Best neVer rest" oder "#zsmmn" in Verbindung. "Das ist kein Label", hielt Bierhoff dagegen, die DFB-Elf werde nunmal im Ausland häufig so bezeichnet. Analog zur "Equipe" bei Weltmeister Frankreich oder "La Squadra" von Europameister Italien.

Winkler ist es wichtig, Bierhoff "und die Marketingexperten" einzubeziehen: "Wir wollen die Zeiten des Streits im DFB überwinden und mit allen in Ruhe diskutieren." Die Debatte ist aufgeladen genug, der Ausdruck "polarisiert, das weiß ich", sagte Bierhoff dem Spiegel, es müsse "sachliche Gründe geben, ihn abzuschaffen, nicht nur emotionale".

Guten Argumenten gegen den "gewachsenen Begriff mit unglaublicher Ausstrahlung" wolle er sich nicht verschließen. Aber: Die Mehrheit der Fans sehe "Die Mannschaft" positiv, "vor allem junge".

Viel wichtiger "als irgendeine Bezeichnung" sei aber, "dass wir uns wieder als echte Mannschaft präsentieren und für unsere Werte stehen". Mit oder ohne "National" vor der "Mannschaft".

− sid